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Aargau
Nicht bei allen Flurnamen im Aargau, die auf einen unangenehmen Geruch hinweisen, stimmt diese Annahme.
In Zufikon an der Grenze zu Berikon liegt zwischen Sädel- und Kirchbach die Flur namens Stinkmatte. Solche Stink-Namen verweisen auf Örtlichkeiten, in denen stehendes Wasser Fäulnisprozesse verursacht und somit mit einem üblen, stinkenden Geruch auffallen. Dieser Umstand ist heute hoffentlich behoben, befindet sich doch dort eine Quellwasserfassung.
In Kaisten im Fricktal ist heute noch der Stinkenbrunnenweg überliefert, der im Wald verläuft und in die Stinkenbrunnenmatt führt. Einst eine Waldlichtung mit Quellgebiet des Blauenbächli, ist die heute nicht mehr benannte Fläche bewaldet. Auch der Stinkenbrunnen hat seinen Namen von Wasser, das durch üblen Geruch charakterisiert ist. Gleich neben dem Stinkenbrunnenweg liegt der Flurname Wasenhalde. Das schweizerdeutsche Wort Wase bedeutet Wieswuchs, Abdeckplatz oder Schindanger und wird in Flurnamen häufig für Orte verwendet, an dem Tierkadaver verscharrt worden ist. Gut möglich also, dass die in der Wasenhalde vergrabenen Tierkadaver durch den Geruch der Verwesung diesem Gebiet zu seinem Namen verholfen hat.
Was ebenfalls stinkt, ist der Schweiss. Diese finden wir in zahlreichen Schweizi-Namen im Aargau. Der Name Schweizi finden wir in Niederlenz, Rupperswil, Oberentfelden und Stetten, in Kölliken die Schweizimatt und in Teufenthal die Schweizmatt. Das schweizerdeutsche Wort Schweizi oder Schweissi wird für feuchte, sumpfige Stellen in Wiesen und an Hängen verwendet. Das Wort Schweize bedeutet durchsickern, hervorquellen. Es handelt sich hier also um schwitzende Örtlichkeiten, die aber nicht stinken, sondern nur besonders feucht sind.
Die Schweizmatt Teufenthal liegt bei der ehemaligen Mühle, südlich des Grazihofs, am Dorfbach beziehungsweise am davon abgeleiteten Mülikanal. Die Schweizimatt in Kölliken liegt zwischen dem Köllikerbach und dem Flusslauf der Uerke. Auf der Siegfriedkarte aus dem 19. Jahrhundert ist zu sehen, dass dieses Gebiet vor der Gewässerkorrektur von zahlreichen kleinen Bachläufen durchzogen war, es sich dort also um wasserreiches Land handelte.
Was bekanntlich auch stinkt, ist ein Furz. Furz-Namen sind in der Deutschschweiz nur noch historisch fassbar, ausser im Aargau. Ebenfalls in Teufenthal, unweit der Schweizimatt, liegt heute eine Flur namens Furz. Ein Zusammenhang ist aber nicht offensichtlich. Als Flurnamen bezeichnen Furz-Namen wohl wertloses Land, in Kombination mit -brunnen ein Quellwasser, in dem das Gemurmel des Wassers auf die Geräusche im menschlichen Körper übertragen worden sind.
Einem Furz folgt oft ein grösseres Geschäft. Assoziationen liefert der Flurname Gäggel. Eine gleichnamige Flur befindet sich an einem sanften Hang in Oberkulm. Mit dem schweizerdeutschen Wort Gagle für feste, trockene, kugelförmige Extremente von Kleintieren hat der Name aber nichts zu tun. Vielmehr geht er auf Gagler zurück, eine alte Birnensorte, die kleine, gagelförmige Früchte brachte. Dies würde bedeuten, dass früher dort Birnenbäume standen, die der Flur den Namen gaben.
Und warum heisst es in Teufenthal unweit der Schweizimatt Fozematt? Das schweizerdeutsche Wort Fotz(e) geht auf das mittelhochdeutsche «vetze» zurück und bedeutet Fetzen oder Lumpen. Heute bezeichnet das Wort gemäss dem Schweizerdeutschen Wörterbuch Quaste, Zotte oder Haarlocke, aber auch als Bezeichnung für gehechelten Flachs oder Hanf. Die Fotze hat sich als Bezeichnung für einen ursprünglich liederlichen und in Fetzen gekleideten Menschen zum Schimpfwort gewandelt. In Bezug auf die Flur ist eine auf die Grundstücksform übertra-
gene Bedeutung möglich, die an einen Lumpen erinnert. Da das Gebiet aber am Dorfbach liegt, unweit des Gebiets namens Moos, ist eher an einen Ort zu denken, an dem früher gerosst, also Flachs oder Hanf eingelegt und verarbeitet wurde. Dies deckt sich mit weiteren Fotz-Namen in der Schweiz, die häufig in einem Feuchtgebiet liegen.
In Densbüren liegt das Tuntemoos, nach dem sehr viele AZ-Leserinnen und -Leser fragen. Leider ist es derzeit nicht möglich zu sagen, woher der Name kommt, da zunächst im Archiv die historischen Belege aufgearbeitet werden müssen.
Die weiteren Tunte-Namen in der Schweiz liegen wie das Tuntemoos in Densbüren in feuchtem Gebiet. Es wird sich hier wohl um einen verschliffenen Namen handeln, der entweder auf eine historische Form mit Dub-, das dunkel bedeutet, zurückgeht und somit auf die Bodenbeschaffenheit hinweisen. Oder aber auf das Schweizerdeutsche «tuntle-» in der Bedeutung von keulen- oder flaschenförmiger Garnspule in direktem Bezug auf die Geländeform. Gleiches trifft auf den einmaligen Namen Chötzler in Remigen zu. Beim besten Willen kann hier noch keine Erklärung abgeliefert werden.
Die beiden Autoren schreiben in loser Folge über Flurnamen aus allen Regionen des Aargaus und beantworten die Fragen, was sie bedeuten oder woher sie kommen. Beatrice Hofmann-Wiggenhauser arbeitet seit Jahren im Namenforschungsprojekt des Kantons Solothurn, Philippe Hofmann hat sich bis 2017 mit Flurnamen von Basel-Landschaft beschäftigt. Aktuell forschen sie zu Aargauer Flurnamen. (az)