Terrarium in Suhr
«Es muss nicht immer ein Büsi sein» - Marc lebt mit 2000 Spinnen

Spinnen sind für den Suhrer Marc Huber die idealen Haustiere – er lebt mit über 2000 von ihnen unter einem Dach.

Erik Schwickardi
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Eine Vogelspinne krabbelt über die Hand von Marc Huber, der sogar den Basler Zoo mit gewissen Spinnenarten versorgt. Alex Spichale

Eine Vogelspinne krabbelt über die Hand von Marc Huber, der sogar den Basler Zoo mit gewissen Spinnenarten versorgt. Alex Spichale

Jetzt bitte keine ruckartigen Bewegungen», sagt Marc Huber (38) und öffnet die Glas-Box der brasilianischen Wanderspinne. Sie hat wie alle Spinnen acht Augen und kann eine Spannweite von bis zu 13 Zentimetern erreichen. «Die Wanderspinne, volkstümlich auch ‹Bananenspinne› genannt, springt bis zu anderthalb Meter weit. Ihr Biss kann tödliche Folgen haben», sagt Huber.

«Diese Spinnen leben normalerweise in Südamerika. Sie lauern nicht wie andere Spinnen auf Nahrung, sondern gehen nachts aktiv auf die Jagd.» Hochgiftig sind auch die «Schwarze Witwe» oder die Trichternetzspinne: «Spinnen reagieren auf Faktoren wie Bewegung, Licht oder Wind. Haben sie noch nicht gefressen, sind sie angriffslustiger, bei kühlen Temperaturen sind sie schläfriger.»

Subtropisches Klima in Suhrer Wohnung

In Marc Hubers Spinnenzimmer herrscht eine subtropische Idealtemperatur von 26 bis 27 Grad Celsius. Mehr als 400 ausgewachsene Spinnen und rund 1500 Jungtiere von 80 verschiedenen Arten krabbeln hier in Terrarien, Glas- und Plastik-Boxen. Seine Sammlung ist so umfangreich, dass sogar der Basler Zolli gewisse Spinnenarten von Huber bezieht – etwa die «Schwarzen Witwen».

Zwei grüne Spitzkopfnattern schlängeln sich in einem Regenwald-Terrarium. Alle Terrarien sind ausbruchssicher geschützt. Bei den besonders giftigen Exemplaren hat Huber einen Totenkopf-Kleber am Glas angebracht. «Diese Terrarien sind tabu für Laien und auch für meine Kinder Joel und Levin», sagt Huber. Alle Spinnen-Boxen und Exemplare sind fein säuberlich beschriftet, Namen gibt er den Spinnen jedoch nicht.

«Spinnen sind Wildtiere. Man lässt sie möglichst in einem natürlichen und artgerechten Umfeld leben.» Der echte Spinnen-Fan habe Freude am Beobachten und fummle nicht ständig in den Terrarien herum. «Schlangen und Spinnen sind ideale Haustiere», sagt er lachend. «Spinnen sind absolut pflegeleicht. Mit Hunden muss man ständig Gassi gehen, Katzen sind stur und eigenwillig. Spinnen hingegen sind zufrieden, wenn man sie in Ruhe lässt und alle zehn bis zwölf Tage füttert.» Schlangen kommen sogar sechs bis neun Monate ohne Futter aus. «Da liegen zwei Wochen Ferien auf Mallorca schon mal drin.»

Austausch mit Spinnen-Freaks in ganz Europa

Aufgewachsen ist Marc Huber in Neerach ZH. Im nahen Flaacher Moor beobachtete er schon als 12-Jähriger fasziniert Eidechsen und Ringelnattern. Auf der Strasse überfahrene Tiere nahm er zu sich nach Hause und päppelte sie auf, um sie nach erfolgreicher Pflege wieder in die Freiheit zu entlassen. «Ringelnattern sind geschützt und dürfen nicht gehalten werden.»

Die einheimischen Reptilien weckten Marc Hubers Interesse für Schlangen und Spinnen: «Die Artenvielfalt, Farben, Herkunft und die Anatomie dieser Lebewesen sind extrem spannend. Zudem werden laufend neue Spinnen-Arten entdeckt – im brasilianischen Regenwald krabbelt noch manche Spinne herum, die wir heute noch gar nicht kennen.» Huber hat viel Fachliteratur studiert und knüpft durch sein nicht ganz alltägliches Hobby Kontakte in aller Welt. Oft tauscht er sich mit Spinnen-Freaks in ganz Europa und sogar aus Israel oder Brasilien aus. «Da sind schöne Freundschaften entstanden. Oft tauschen wir auch Spinnen untereinander aus.» Sein Know-how teilt er auch auf www.spinnenzimmer.ch.

Eine von 2000 Spinnen in Marc Hubers Wohnung.

Eine von 2000 Spinnen in Marc Hubers Wohnung.

Alex Spichale

Sein Fachwissen wird manchmal sogar von der Polizei in Anspruch genommen – etwa, wenn eine unbekannte Spinne aufgefunden wird. Ab und zu bringt Marc Huber, der als Betriebsleiter in einem Betrieb der öffentlichen Verwaltung in der Stadt Zürich tätig ist, seine Faszination auch Schulklassen näher. «Da dürfen die Kinder mal eine Schlange streicheln oder eine Vogelspinne berühren.» Hubers Söhne Joel (9) und Levin (8) jedenfalls sind vom Spinnen-Virus des Vaters angesteckt und helfen aktiv bei Fütterung und Pflege mit, wenn sie nicht gerade mit der ferngesteuerten Vogelspinne spielen.

Schwarze Witwe als Tatoo

«Spinnen halten kann eigentlich jeder», sagt Huber, während die chilenische Vogelspinne über seinen Unterarm krabbelt. «Spinnen als Haustiere haben in den letzten Jahren fast etwas einen Boom erlebt.» Banker, Hausfrauen, Büezer begeistern sich für die Krabbelviecher. «Ich gebe aber sicher nicht jedem eine Spinne mit.» Huber testet Interessenten auf ihr Fachwissen und ihr Verantwortungsgefühl. Bedenklich findet Marc Huber, dass es offenbar immer mehr Leute gibt, die Tiere einfach so frei lassen, wenn sie ihrer überdrüssig geworden sind. In der Zürcher Masoala-Halle etwa sind verschiedentlich schon Vogelspinnen ausgesetzt worden.

Nebst viel Fachwissen, Sorgfalt und einem verantwortungsvollen Umgang mit den achtbeinigen Krabbeltieren benötigt der Spinnen-Fan auch eine tolerante Lebenspartnerin: «Sie akzeptiert mein Hobby, auch wenn sie vielleicht nicht die gleiche Begeisterung für Spinnen verspürt wie ich», sagt Marc Huber. Eine Spinnen-Phobie hat er definitiv nicht. Auf seinem rechten Unterarm hat er sich seine Lieblingsspinne, die europäische «Schwarze Witwe», tätowieren lassen. «Meine Tattoo-Spinne beisst nicht und ist garantiert ungiftig.»