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Er ist fast doppelt so alt wie der Kirschbaum. Trotzdem lässt sich Kurt Frey aus Birr den Spass nicht nehmen und pflückt stundenlang Chriesi – sehr zur Freude des Quartiers.
Mit leuchtend roten Kirschen behangen ist der Baum an der Lättenstrasse in Birr. Rundherum stehen Leitern, bereits fleissig am Pflücken sind an diesem Montagmorgen der 84-jährige Kurt Frey und sein Enkel Nicolas Reinhart. 45 Jahre alt ist der mächtige Kirschbaum bereits. Gepflanzt wurde er von Kurt Frey persönlich, der gleich nebenan wohnt. Da, wo er auch viele Jahre sein Spenglereigeschäft führte. Die Chriesi verkauft er an der Strasse. Im Quartier ist das einer der frühsommerlichen Höhepunkte und wird von den Menschen geschätzt. Zu erkennen ist der Stand am gelben Sonnenschirm.
Begonnen hatte alles vor 15 Jahren. Kurt Freys damalige Partnerin betreute tagsüber ein Schulmädchen. Dieses kam gemeinsam mit zwei Freundinnen jeweils zu Besuch. Eines Tages schnappten sich die Mädchen ein paar Kirschen vom Baum und standen damit an der nahen Strasse. Sie hielten die Autos an und boten die Kirschen zum Kauf an. «Diese Idee habe ich aufgenommen», sagt Kurt Frey. Seither verkauft er Jahr für Jahr seine Chriesi am Strassenrand und steigt dafür selber noch in den Baum.
Um es der Journalistin zu beweisen, klettert er geschickt die Leiter hoch und posiert zuoberst in der Baumkrone. Dabei wird er stolz von seinen Enkeln Yannick Frey, 27, und Nicolas Reinhart, 25, beobachtet, die ihm gerne bei der Arbeit helfen. «Wir dürfen ihm nicht sagen, er soll einen Handstand machen, sonst tut er das noch», scherzen sie und der Grossvater grinst breit, als er wieder festen Boden unter den Füssen hat. «Meine vier Kinder finden es hingegen nicht so toll, dass ich noch immer auf die Bäume klettere», sagt Kurt Frey, der leidenschaftlicher Turner war. «Ich sage ihnen dann, dass sie mir diese Freude lassen sollen.» Zudem überlässt der 84-Jährige nichts dem Zufall. Jede Leiter bindet er noch zusätzlich an den Ästen fest, damit sie nicht wegrutscht.
Dieses Jahr haben Kurt Frey und seine Enkel viel zu tun. Sie rechnen mit gut 250 Kilogramm Kirschen. «Das sind so viele wie noch nie», sagt der Rentner, der die Menge jedes Jahr fein säuberlich notiert hat. Gemeinsam mit seiner Partnerin Dora Amsler füllt er die Kirschen in die Kartonschalen. Kurt Frey verkauft die Früchte nicht nur direkt vom Baum, sondern als «Birrer Kirsch» auch in flüssiger Form. So möge er die Kirschen sowieso am liebsten, sagt er augenzwinkernd. Viel verdient Kurt Frey mit dem Verkauf der Chriesi nicht. Aber es reicht, um einen Teil der Ferien zu bezahlen, die er einmal im Jahr mit seiner Partnerin in der Lenk verbringt.