Auf dem Eisiplatz in Brugg machte die Familie Mozart auf ihrer Reise durch die Schweiz einst Halt. Nun steht hier die zwölfte Mozartstele des Schweizer Mozartwegs.
Für Christina Kunz ist er «unfassbar. Und das ist gut so, denn wir müssen nicht alles verstehen können». Mit «er» meint die Musikerin Wolfgang Amadé Mozart; das Genie, das 1791 im Alter von nur 35 Jahren starb und ein unvorstellbar reiches und vielgestaltiges Oeuvre hinterliess. Schon früh bereiste das Wunderkind mit seinen Eltern und seiner Schwester Nannerl Europa. 1763 startete die Familie eine grosse Tour – 1766 trat sie die Rückreise an machte dabei an vielen Orten in der Schweiz Halt. So auch in der Stadt Brugg, die damals unter bernischer Herrschaft stand.
Wie sich der dortige Aufenthalt gestaltet hat, ist nicht verbürgt. Gesichert ist aber dies: Die Familie Mozart wechselte die Pferde, denn am Eisiplatz, gegenüber dem Roten Haus, befand sich eine Pferdewechselstelle. Daran erinnert heute nichts mehr. Unter dem Platz befindet sich ein Parkhaus; oben steht seit Samstag eine schlanke Stele, die an Mozarts Brugger Aufenthalt 1766 erinnert. Damit erfüllt sich Christina Kunz abermals einen Traum. Die Mozartstele in Brugg ist bereits die zwölfte am Schweizer Mozartweg, den die Musikerin initiiert hat. Weiteren Stelen können Mozart-Fans in Prangins, Moudon, Avenches, Murten, Urtenen-Schönbühl, Langenthal, Aarburg, Schönenwerd, Schlieren, Rudolfingen und Baden begegnen.
Zum Mozartjahr 2006 erforschte die Cembalistin Christina Kunz die Route, auf der die Familie Mozart 1766 die Eidgenossenschaft bereist hatte. Der Schweizer Mozartweg erstreckt sich von der heutigen französischen Grenze in der Nähe von Genf bis zur deutschen Grenze beim schaffhausischen Schleitheim. Der Weg soll bis spätestens 2016, wenn sich Mozarts Schweizer Reise zum 250. Mal jährt, ausgeschildert und zu Fuss, mit dem Velo, vielleicht gar mit der Kutsche, entdeckt werden können. (AZ)
Wer mit Christina Kunz spricht, merkt, wie sehr sie von Mozart gefesselt ist. Wie sonst hätte die Musikerin aus Aarburg ein international derart beachtetes und rechtlich geschütztes Projekt wie den Itinéraire suisse de Mozart/Schweizer Mozartweg anstossen können? In Silvia Meier und Marie-Claire Schumacher aus Ennetbaden hat die Musikerin zwei Mitstreiterinnen gefunden, die sich starkgemacht haben für eine Mozartstele in Brugg. Als hauptsächliche Geldgeber fungieren die Rotary Clubs Brugg-Aare-Rhein, Zurzach-Brugg und Laufenburg-Fricktal.
Natürlich wird die von roter Seide ummantelte Stele nicht einfach so enthüllt. Auf einen Wink von Stadtrat Leo Geissmann ergreifen zwei Klarinettisten und eine Fagottistin – allesamt Schüler der Musikschule Brugg – ihre Instrumente und spielen «Bald prangt, den Morgen zu verkünden». Liebhaber von Mozarts «Die Zauberflöte» freuts: Genau diese Arie singen die drei Knaben in der Oper. Danach nimmt Christina Kunz das Mikrofon und spricht in wenigen Sätzen von dem, was ihr Herzensanliegen ist: Musik. «Sie verbindet Menschen; sie fördert soziale Kontakte und den Gemeinschaftssinn.» Wer geglaubt hat, dass der grosse Moment der Enthüllung gekommen ist, sieht sich getäuscht. Nun betritt Hanspeter Neuhaus aus Baden die Bühne. Er kommt nicht mit leeren Händen: «Ich überbringe die Wanderstele.»
Die Gästeschar ist überrascht, als Neuhaus eine kleine rote Stele mit Mozarts Konterfei aus ihrem Futteral befreit. Nanu? Die Sache ist einfach. Im Gegensatz zur grossen, immer am selben Ort bleibenden Stele, handelt es sich bei der kleinen um eine Art Wanderpokal. Die Kleine wird in Brugg ein temporäres Zuhause haben. Anders als in Baden allerdings ein äusserst kurzes. Nach zwei Wochen wandert sie bereits weiter nach Schleitheim, weil dort am 22. November die Einweihung der 13. Mozartstele stattfindet.
Der Überbringer heisst nicht Tamino oder Papageno, sondern Titus Meier. Stadtrat Leo Geissmann verrät, dass sich der Brugger Historiker und Politiker gefragt habe, ob er dorthin – dem Namen der Wanderstele Rechnung tragend – wandern müsse. «Nein. Ein Zweispänner tuts auch.» Nach diesen Worten ist Schluss: Die Enthüllung steht an. Christina Kunz und Leo Geissmann ziehen an dem geschmeidigen Tuch – und da steht sie, die Mozartstele. Schlicht und elegant. Auf der Vorderseite befindet sich das Logo des Vereins Itinéraire suisse de Mozart sowie die Texttafel, die den Betrachter ins Bild setzt über Mozart und die damalige Stadt Brugg; die Rückseite zeigt eine Silhouette des Komponisten.
«Mozart, Mozart», stöhnt Salieri, Mozarts grosser Konkurrent, in Peter Shaffers globalem Theaterhit «Amadeus». Der italienische Komponist glaubt, dass er Mozart vergiftet hat. Wir können Salieri beruhigen. Selbst wenn Mozart vergiftet worden wäre, lebte er weiter – in Brugg.