Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle wurde 1972 – also vor 50 Jahren – gegründet. Die AZ hat nachgefragt, wie die Institution den runden Geburtstag zu feiern gedenkt und was die aktuelle Präsentation der Tiefbohrkampagne in Windisch kostet.
Es waren die Kernkraftwerkbesitzer und der Bund, die 1972 die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) gründeten. Deren Sitz war anfänglich in Baden und befindet sich seit 1991 in Wettingen. Vor der Nagra-Gründung interessierte sich die damalige Nordostschweizerische Kraftwerke AG (NOK) für das Gipswerk in Felsenau (Full-Reuenthal) als Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle aus den Kernkraftwerken Beznau.
Denn die dortigen Anhydritvorkommen galten bis Ende der 1970er-Jahre als «vorzügliches Wirtsgestein». Im neuen Buch «Zeitgeschichte Aargau» heisst es dazu:
«Beunruhigt darüber zeigte sich der Gemeinderat von Leibstadt und forderte 1973 eine Antwort auf die Frage, wie die Endlagerung des Atommülls aussehe.»
Der Aargauer Regierungsrat hingegen lehnte eine Verknüpfung der Baubewilligung für das Atomkraftwerk in Leibstadt mit der Abfallfrage ab. Das Thema kam national auf die politische Agenda.
Bis 1985 werde die «dauernde sichere Entsorgung und Endlagerung» der radioaktiven Abfälle im kristallinen Gestein erreicht, versprach der damalige SP-Bundesrat Willi Ritschard, sonst müssten die Kernkraftwerke den Betrieb einstellen. Beides ist bekanntlich nicht eingetroffen.
Vor zwei Wochen hat die Nagra verschiedene Medienvertreter zu Eurobus nach Windisch eingeladen. Dort hat die Institution eine Ausstellung zum Ende der Tiefbohrkampagne eingerichtet. Der Standortentscheid für den Bau eines geologischen Tiefenlagers für Atommüll wird im Herbst erwartet. In Frage kommen die drei Standortregionen: Zürich Nordost, Jura Ost (Bözberg) und Nördlich Lägern.
Ursprünglich war vorgesehen, die Ausstellung am Samstag, 26. März, von 10 bis 17 Uhr für alle Interessierten zu öffnen. Inzwischen ist noch der Samstag, 9. April, als zweiter Ausstellungstag für die Öffentlichkeit dazugekommen. Doch warum steht die Präsentation nur an zwei Tagen für die Bevölkerung offen? Wie feiert die Nagra ihren 50. Geburtstag?
Nagra-Sprecherin Jagna Züllig sagt dazu: «Wir konzentrieren uns aktuell auf den Standortvorschlag. Es sind bisher keine Jubiläumsfeierlichkeiten geplant.» In Windisch «feiere» die Nagra das Ende der Tiefbohrkampagne: für die Institution ein wichtiger Meilenstein im Jahrhundertprojekt Tiefenlager. Insgesamt für sechs Wochen hat sich die Nagra bei Eurobus eingemietet. Dieser Ort biete optimale Bedingungen für die Ausstellung und die geplanten Events, erklärt Züllig.
In den rund fünf Veranstaltungswochen erwartet die Nagra mehr als 2000 – überwiegend geladene – Gäste. Die Sprecherin erklärt:
«Darunter sind Nagra-Mitarbeitende, Medienvertreter, verschiedene Fachgruppen und Gremien, Regionalkonferenzen der drei potenziellen Standortgebiete sowie die breite Öffentlichkeit.»
Zum Abschluss der Feldarbeiten wolle die Nagra über die Resultate informieren, mit Beteiligten über das Generationenprojekt Tiefenlager sprechen und sich bedanken. So sind beispielsweise Landbesitzer eingeladen, «ohne die die Bohrungen nicht möglich gewesen wären». Aber auch Behörden, Expertinnen und Experten, Kritikerorganisationen, Geologen und andere Wissenschaftlerinnen. Züllig fügt an:
«Wir wollen mit der Ausstellung einerseits die Resultate zeigen, andererseits aber auch das Jahrhundertprojekt Tiefenlager erlebbar machen.»
Insgesamt finden während der fünf Ausstellungswochen mehr als 40 Veranstaltungen statt. «Obwohl unser Eventkalender damit sehr gut gefüllt ist, sind wir froh, zwei Tage für die breite Öffentlichkeit anbieten zu können», sagt die Sprecherin auf die Frage, warum die Öffentlichkeit nur an zwei Tagen Zutritt hat.
Über die Nagra-Website kann man sich für den Ausstellungsbesuch anmelden. Bis Mitte März lagen etwa 100 Anmeldungen vor. Züllig fügt an:
«Es ist aber auch jeder und jede herzlich eingeladen, ohne Anmeldung zu den Tagen für die Öffentlichkeit zu kommen. Wir freuen uns über alle interessierten Besucher unserer Ausstellung.»
Der Nagra seien die Information und der Dialog mit allen Beteiligten wichtig. Die Kosten für die Ausstellung in Windisch belaufen sich auf 300'000 Franken, was etwas mehr als einem Promille der Gesamtkosten von 240 Millionen Franken für die Feldarbeit seit 2019 entspricht.
Zu den Kritikern eines möglichen Tiefenlagers im Perimeter Jura Ost gehören die Vereine Pro Bözberg und Kaib (Kein Atommüll im Bözberg). Pro-Bözberg-Präsident Otto H. Suhner bestätigt die Einladung der Nagra. Vorstandsmitglied André Lambert werde an der Ausstellung teilnehmen. Kaib-Präsident Max Chopard hört von der AZ zum ersten Mal von der Nagra-Ausstellung. Seine Recherche ergab, dass aufgrund eines technischen Fehlers bei der Nagra die Einladung nicht zu Kaib gelangt ist.