Steinbruch Jakobsberg-Egg
Was die Jura Cement gegen den Unmut der Bevölkerung tun will

Der Grosse Rat hat zur Erweiterung Ja gesagt – vor Ort erklären die Verantwortlichen, wie die nächsten Jahre des Steinbruchs aussehen.

Janine Müller
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Der Kalk im Steinbruch geht langsam aus. Hier der Blick Richtung des Dorfes Veltheim. jam

Der Kalk im Steinbruch geht langsam aus. Hier der Blick Richtung des Dorfes Veltheim. jam

Janine Müller (jam)

Der Geländewagen rumpelt über die holprige Piste. Eine kleine Pfütze hier, tiefe Furchen von einer Maschine da. Geschickt steuert Marcel Bieri, Leiter Produktion der Jura-Cement-Fabriken (JCF) in Wildegg, das Auto durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg. Eine Art Mondlandschaft tut sich vor den Augen auf. Imposante Felswände, unterbrochen durch kleine Terrassen, schiessen in die Höhe. Gelblich-graues Gestein in den unterschiedlichsten Grössen liegt auf dem Areal herum. Eine Maschine zerkleinert das Gestein, danach wird es in die Zementfabrik befördert, wo Kalk und Mergel zu Zementklinker verarbeitet werden.

Ein neues Förderband ist beinahe fertig aufgebaut, wie eine überdimensionale Rutschbahn sieht es aus. Über zwei Kilometer zieht es sich von der Zementfabrik in Wildegg über die Aare bis fast in die hinterste Ecke des Steinbruchs – die Oberegg. Die rund 15 Millionen Franken teure Bandanlage wird schon bald erstes Aushubmaterial von Baustellen, beispielsweise dem Bözberg- oder Eppenbergtunnel, in den Steinbruch transportieren.

In den kommenden Jahren füllt JCF gemäss der Vereinbarung mit den Gemeinden Auenstein und Veltheim die Oberegg auf und macht sie der Öffentlichkeit danach wieder zugänglich. Das ganze Förderband wird noch überdacht, weil sich ein paar Anwohner darüber beschwert haben, dass die Räder zu laut surren. 200'000 Franken kostet das zusätzlich.

Der Steinbruch und die Zementproduktion sollen wirtschaftlich erfolgreich sein. Gleichzeitig sollen die Anwohner möglichst wenig davon mitbekommen. Es ist ein Spagat, den Marcel Bieri und Stephan Sollberger, Projektleiter Steinbruch-Entwicklung, mit verschiedenen Massnahmen meistern wollen.

Schon mit dem jetzigen Abbau bekunden die Einen oder Anderen aus den Dörfern Mühe, beklagen sich wegen Erschütterungen, Staub und Lärm. Vor gut zwei Jahren gaben dann die JCF bekannt, dass der Kalk im Steinbruch noch für knapp fünf bis sieben Jahre reicht, die Suche nach einem anderen Standort für einen Steinbruch blieb erfolglos. «In Zusammenarbeit mit dem Kanton und den Standortgemeinden einigte man sich darauf, den aktuellen Steinbruch in begrenztem Rahmen zu erweitern», sagt Marcel Bieri.

Immissionen werden gesenkt

Dagegen begann sich Widerstand aus der Bevölkerung zu formieren. Einwohner der Au in Veltheim schlossen sich zu einer IG zusammen, die heute ein Verein ist. Eine Mitwirkungsgruppe wurde gebildet, die Kritik und Ideen zur Steinbrucherweiterung liefern konnte. Von Ende 2014 bis Anfangs 2016 fanden Besprechungen mit Vertretern aus den Standortgemeinden statt.

Im Nachhinein monierten einige, dass ihre Anregungen nicht aufgenommen wurden. Stephan Sollberger sagt: «Das Einbeziehen der Bevölkerung ist uns wichtig und vieles ist in die Planung eingeflossen. Einige Forderungen gehen jedoch so weit, dass sie den Weiterbetrieb des Steinbruches verunmöglichen und die JCF die Zementi schliessen müsste.»

Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Eine neue Bandanlage, die rund 15 Millionen Franken gekostet hat, transportiert schon bald Aushubmaterial von Baustellen in den Steinbruch, genauer in die Oberegg.
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Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Eine neue Bandanlage, die rund 15 Millionen Franken gekostet hat, transportiert schon bald Aushubmaterial von Baustellen in den Steinbruch, genauer in die Oberegg.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Eine neue Bandanlage, die rund 15 Millionen Franken gekostet hat, transportiert schon bald Aushubmaterial von Baustellen in den Steinbruch, genauer in die Oberegg.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Die Oberegg wird in den nächsten Jahren wieder aufgefüllt, renaturiert und dann der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick Richtung Veltheim.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick Richtung Veltheim.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick Richtung Veltheim.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick Richtung Veltheim.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick auf den unteren Teil des Steinbruchs.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Auf der Sohle des Steinbruchs wachsen rund 2000 Obstbäume, die von einem einheimischen Bauern gepflegt werden.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Pneus dienen im Ofen der Zementfabrik als Energiequelle.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick auf den unteren Teil des Steinbruchs
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Marcel Bieri ist Leiter Produktion der Jura-Cement-Fabriken.
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick Richtung Wildegg auf die Zementfabrik
Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Blick auf das Schloss Wildegg.

Eine Fahrt durch den Steinbruch Jakobsberg-Egg Eine neue Bandanlage, die rund 15 Millionen Franken gekostet hat, transportiert schon bald Aushubmaterial von Baustellen in den Steinbruch, genauer in die Oberegg.

Janine Müller

Deshalb haben die JCF eingewilligt, die Immissionen, die bereits heute unter den gesetzlichen Vorgaben liegen, um einen Drittel zu senken. Zudem dürfen insgesamt nicht mehr als zusätzlich sechs Millionen Kubikmeter Kalk abgebaut werden, um nur einige flankierende Massnahmen zu nennen. Weiter betonen Sollberger und Bieri: «Schon für die Ausarbeitung des Richtplans haben wir viel mehr gemacht, als gesetzlich eigentlich notwendig wäre.»

Stimmvolk hat das letzte Wort

Entsprechend fand Regierungsrat Stephan Attiger in der Sitzung des Grossen Rats vom 21. März lobende Worte für die JCF. Als vorbildlich bezeichnete er beispielsweise den Einbezug der Bevölkerung und der Behörden. «Das hat uns sehr gefreut», sagt Sollberger. Die Politik haben die JCF also hinter sich. Der Grosse Rat bewilligte die Richtplananpassung, der eine öffentliche Mitwirkung vorausgegangen ist.

Der grosse Brocken wartet aber noch auf die JCF: Die Gemeindeversammlungen in Auenstein und Veltheim, die voraussichtlich im Herbst 2018 über die Bau- und Nutzungsordnung abstimmen. Heisst: Die JCF muss zwingend das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen, um das Projekt realisieren zu können. Kein leichtes Unterfangen. «Wir haben immer offen und ehrlich kommuniziert und informiert, suchten den persönlichen Dialog mit der Bevölkerung», sind Bieri und Sollberger überzeugt. «Die festgelegten Massnahmen zeigen, dass wir nicht nur Lippenbekenntnisse machen.» Transparent müssen sie weiterhin sein. Mithilfe von Infoveranstaltungen und Präsentationen im Steinbruch soll das gelingen. «Jeder, der möchte, kann bei uns eine Führung mitmachen», sagt Marcel Bieri.

Mittlerweile hat der Geländewagen den Steinbruch erklommen und das Ende des Förderbands erreicht. Von hier hat der Besucher einen Überblick über den ganzen Steinbruch. In der Ferne thront im Osten das Schloss Wildegg, im Süden ragen die Kamine der Zementfabrik in den Himmel, auf der Humus- und Unterbodendeponie des Steinbruchs pflegt der Vältner Bauer Samuel Schmid eine Obstplantage mit über 2000 Bäumen.

Durch einen kurzen Korridor gelangt der Besucher dann vom grossen Teil des Steinbruchs, bestehend aus Jakobsberg und Unteregg, in die Oberegg. Marcel Bieri weist auf die linke Krete, die mit Nadelbäumen bewachsen ist: «Bis hier obenhin wird der Steinbruch aufgefüllt.» Er betont, dass die Flächen, die langsam wieder grüner werden, wichtig sind für die Biodiversität. «Auch wenn sie in den Augen einiger Betrachter vernachlässigt aussehen.» Auf den Hängen mit losem Geröll wachsen beispielsweise einheimische Orchideenarten. Gemäss JCF werden auch mit der Steinbrucherweiterung die offenen Abbauflächen stetig kleiner werden und die Anteile wiederhergestellter Grünflächen wie Wald, Öko- und Landwirtschaftsflächen zunehmen.

Ein Schweizer Produkt

Die JCF decken ca. 18 Prozent des Zementbedarfs in der Schweiz ab. Der Pro-Kopf-Konsum pro Jahr beträgt etwa 600 kg. Studien zeigen, dass der Schweizer Zementverbrauch in den nächsten 20 Jahren ähnlich hoch bleiben wird. In Auenstein und Veltheim wird seit 125 Jahren Kalk und Mergel abgebaut. Diese Rohstoffe werden in Wildegg weiter zu Zement verarbeitet. Dies ist eines der wenigen Produkte, das komplett in der Schweiz mit eigenen Ressourcen hergestellt werden kann. Die JCF transportieren den Zement mit Lastwagen und auf der Bahn.

Der Anteil der Bahntransporte beträgt rund 40 Prozent. «Es ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll, Zement vor Ort zu produzieren», argumentiert Stephan Sollberger, Projektleiter Steinbruch-Erweiterung. Der Grosse Rat hat sich kürzlich mit 102:10 Stimmen zur Steinbrucherweiterung ausgesprochen. Insgesamt sind vier Erweiterungen angedacht: Im Westen und in der Mitte (Teil der Gemeinde Auenstein) sowie im Osten (Veltheim) soll erweitert werden, zudem kann der Steinbruch noch tiefer abgegraben werden. Die Pläne der JCF zeigen auf, dass der Steinbruch-Perimeter zwar grösser, die offene Nutzungsfläche in Zukunft aber kleiner wird. Erreicht wird das mit der Auffüllung und Wiederherstellung der Landschaft als Naherholungsflächen und Kulturland, zu der sich JCF verpflichtet hat. (jam)