Verminderung der Fruchtfolgeflächen: Bei den geplanten Massnahmen im Rahmen der Neukonzessionierung des Hydraulischen Kraftwerks Beznau gehen die Meinungen auseinander.
Für den Weiterbetrieb braucht das Hydraulische Kraftwerk Beznau eine neue Konzession. Und für diese wiederum ist ein ökologischer Ersatz und Ausgleich zu leisten. Allerdings vermindern sich mit den geplanten sechs Massnahmen an der Aare die bestehenden Fruchtfolgeflächen in den Gebieten Kumetmatt/Stalde in der Gemeinde Villigen sowie Grossmatt/Au in der Gemeinde Böttstein um 5,1 Hektaren. Aus diesem Grund steht eine vorgängige Anpassung des kantonalen Richtplans zur Diskussion. Bis 21. April lief die öffentliche Anhörung und Mitwirkung des Kantons.
Der Bauernverband Aargau (BVA) unterstützt zwar die Neukonzessionierung und die damit verbundene Nutzung der Wasserkraft, wehrt sich aber vehement gegen ökologische Ausgleichsmassnahmen auf Kosten der Fruchtfolgeflächen. Es sei nicht umweltbewusst, wenn beste landwirtschaftliche Böden nicht mehr für die Ernährungssicherheit dienen könnten und im Gegenzug Produkte importiert werden müssten, die weniger nachhaltig seien, hält der Bauernverband Aargau in seiner Stellungnahme fest. «Der ökologische Ausgleich ist demnach so zu gestalten, dass dieser kein Verlust von Fruchtfolgefläche zur Folge hat.»
Anders sehen es die Grünen Aargau. Es sei richtig, dass auch bei einer Neukonzessionierung Ausgleichsmassnahmen getroffen werden – auch wenn es unschön sei, räumen die Grünen in einer Medienmitteilung ein, dass Lebensraumaufwertungen meist auf Kosten von Landwirtschaftsflächen stattfinden:
«Hier müssen ganz klar neue Denkansätze diskutiert und in Zukunft angewandt werden.»
Trotzdem: Die Fokussierung nur auf den Verlust von Fruchtfolgeflächen und auf eine möglichst hohe Nahrungsmittelproduktion sei fragwürdig, fahren die Grünen fort. Dass die betroffenen Gemeinden sowie der Regionalplanungsverband die neu zu schaffenden Stillgewässer, Altarme und Feuchtflächen als Wert für ihre Standortattraktivität beurteilen, zeige ein Umdenken hin zu einer Landschaft mit hoher Qualität.
Leider scheine der Bauernverband die Chance dieser Veränderungen noch nicht erkannt zu haben, stellen die Grünen fest. «Die Menschen brauchen nicht nur physische Nahrungsmittel, sondern auch geistig-seelische Nahrung.» In der bezahlten Pflege und Bewirtschaftung, so die Partei, eröffnen sich Chancen für die Landwirtschaft im Aargau.
Pro Natura Aargau bezeichnet die vorgesehenen ökologischen Ausgleichsmassnahmen als absolutes Minimum. In diesem Gebiet des unteren Aarelaufs seien viele wertvolle Feuchtgebiete mit ihren typischen Lebensräumen verloren gegangen, führt der Naturschutzverein in einer Mitteilung aus:
«In der Staustrecke für die Neukonzession des Kraftwerks fehlen heute aufgrund dieser zahlreichen Eingriffe in die Gewässerräume strömungsberuhigte Flachwasserzonen und Feuchtbiotope für bedrohte Tiere wie Amphibien, Fische, Libellen und Vögel.»
Pro Natura Aargau unterstützt die für eine Neukonzessionierung erforderlichen Richtplananpassungen. «Die Biodiversität in den Wasser-Lebensräumen des Kantons Aargau ist in einem besorgniserregenden Zustand. Eingriffe in die Natur müssen kompensiert werden», wird in der Mitteilung der Geschäftsführer Matthias Betsche zitiert. «Für die Region und die Bevölkerung entstehen so zudem wichtige neue Naherholungsgebiete – Mensch und Natur profitieren.»
Das Kraftwerk am unteren Aarelauf wurde zwischen 1898 und 1902 erbaut, mittlerweile mehrmals erneuert und erweitert. Ende August dieses Jahres endet die Konzession zur Nutzung der Wasserkraft. Die Energieversorgerin Axpo Power AG möchte die bestehenden Anlagen weiterbetreiben und hat beim Kanton um eine neue Konzession bis September 2052 ersucht. Die beiden Verfahren – eines für die Neukonzessionierung und eines für die Richtplananpassung – werden koordiniert bearbeitet.
Beim Kanton hat die Axpo zusätzlich um eine Duldungsverfügung ersucht für einen unterbruchfreien Betrieb. Denn es sei – basierend auf dem Verfahrensstand – davon auszugehen, dass die neue Konzession nicht fristgerecht in Kraft treten könne.
Verändert werden soll das Hydraulische Kraftwerk Beznau übrigens nicht. Die jährlich erwartete Brutto-Energieproduktion beträgt weiterhin rund 181 GWh.