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Die AZ fühlt den Gewerbetreibenden in der Brugger Innenstadt den Puls.
Coiffeursalons, Kleiderboutiquen, Blumenläden: Sie alle sind seit gestern um Mitternacht offiziell geschlossen, nachdem der Bundesrat den Notstand über das Land verhängt hat.
Totenstill ist es in der Brugger Altstadt gestern jedoch nicht. Noch nicht. Staubsaugergeräusche ertönen aus der Suppenbar «Souperbe» an der Storchengasse. Porzellangeschirr und Tupperware-Boxen stehen auf den Tischen. Das «Souperbe» wird seine Tore ab dem gestrigen Montag für immer schliessen. «Ende März wäre sowieso Schluss gewesen», erzählt eine Angestellte aus dem offenen Fenster. «Die Corona-Krise hat dem ‹Souperbe› nun ein vorzeitiges Ende bereitet.»
Ein paar Schritte weiter zeigt man sich beim «Eisi Kebabhaus» noch optimistisch, die schwierige Zeit zu überstehen. Take-aways dürfen – nach gestrigem Stand – weiterhin geöffnet sein. Tische und Stühle wurden allerdings weggeräumt. Zwei wichtige Kundengruppen fallen jedoch derzeit aus: «Da die Schulen geschlossen sind, kommen keine Schüler und das Militär hat keinen Ausgang», sagt der Chef.
An der Hauptstrasse sieht die Situation düsterer aus. Andreas Küng muss seinen Lederwarenladen bis mindestens am 19. April geschlossen halten (die AZ berichtete). Am Dienstagmorgen räumt er deshalb sein Schaufenster um. «Taschen, die wenig empfindlich wegen des Sonnenlichts sind, stelle ich jetzt ins Fenster.» Die fünf Wochen Zwangsferien sind für ihn etwas Neues, denn noch nie hatte er seinen Laden – auch nur für Betriebsferien – geschlossen.
Auch die Nachbarinnen Luzia Vogel von der Boutique Vogel und Hildegard Burgener von der Wollboutique sind dabei, ihre Läden für den Dornröschenschlaf vorzubereiten. «Es ist alles noch so unfassbar», sagt Luzia Vogel. «Ich habe Existenzängste», sagen alle drei unisono. «Es ist alles so ungewiss.» Ein bis zwei Monate Schliessung könnten alle drei finanziell überbrücken. «Aber eine Verlängerung der Massnahmen über den 19. April hinaus wäre eine Katastrophe», sagt Andreas Küng. Noch völlig unklar ist die Situation für Hundecoiffeuse Susanne Voser an der Albulagasse. Sie wusste bis gestern nicht, ob sie ihren Salon öffnen darf oder nicht. «Den direkten Kundenkontakt kann ich einstellen, insofern wäre eine übertragungsfreie Behandlung der Vierbeiner möglich.» Allerdings konnte ihr bis gestern Abend niemand abschliessend sagen, ob Hundesalons ebenfalls von der Schliessung betroffen sind.
Aus der Not eine Tugend zu machen, versucht man beim Blumenladen Amaryllis. Der Laden ist zwar ebenfalls geschlossen, jedoch wurde im Bereich vor der Eingangstür kurzerhand ein Selbstbedienungsangebot eingerichtet. Krisenstimmung herrscht indes bei Mitbewerber Blueme Kari. «Alle Schnittblumen mussten wir entsorgen», sagt eine Angestellte. Die Topfpflanzen werden vorübergehend ins Hauptquartier gebracht. Die Angestellten sind für Kurzarbeit angemeldet. Kurzarbeit ist auch das Wort der Stunde bei Franco Nocito, Inhaber des Coiffeursalons Artistico. Sämtliche Angestellte sind freigestellt. Der Salon ist geschlossen.
Nocito versucht allerdings, den Kopf nicht hängen zu lassen. «Wir werden uns als Team sicher zwei Mal wöchentlich privat treffen.» So sieht er in der Krise auch eine Chance für die Zukunft: «Wir sind ein junges kreatives Team. Eine solche Extremsituation kann ganz neue Ideen für die Zukunft hervorbringen.» Bei seinem Nachbarn, dem Ristorante L’Ulivo sieht es ähnlich aus. Mit einem Take-away-Angebot versucht man den finanziellen Verlust etwas aufzufangen.
Generell wünschen sich die Betroffenen Gewissheit, mit welchen Soforthilfen sie vom Bund rechnen können, und hoffen auf Kulanz der Vermieter.