Verantwortliche äussern sich nach dem Flugzeugabsturz auf dem Birrfeld detailliert zu Sicherheitsaspekten auf dem Flugplatz.
Nach dem Absturz eines Kleinflugzeugs vor einer Woche, bei dem der 66-jährige Walter K. ums Leben kam, laufen intensive Ermittlungen zur Unfallursache. Federführend ist die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust). Daniel W. Knecht, Bereichsleiter Aviatik bei der Sust, teilt auf Anfrage mit: «Wir sind daran, Daten und Angaben zu prüfen.» Der Vorbericht zum Absturz des Eigenbauflugzeugs in Mülligen werde wohl diese Woche veröffentlicht, kündigt Knecht an.
Nach dem Absturz sagte Christian Schubert vom Bundesamts für Zivilluftfahrt, der Betreiber des Flugplatzes Birrfeld sei für die operationelle Sicherheit verantwortlich. Nun hat sich die Flugplatzleitung mit dieser Zeitung auf dem Birrfeld getroffen und über die im Artikel erwähnten Sicherheitsaspekte gesprochen. Gestartet ist der Pilot auf dem Birrfeld, der Absturzort befindet sich aber ausserhalb des Flugplatzareals.
Besitzer und Betreiber des Flugplatzes ist der Aero-Club Aargau – dessen Präsident Werner Neuhaus sagt: «Wir sind nicht direkt in die Untersuchungen involviert.» In einem solchen Fall sei es aber normal, dass die Polizei die schriftliche Startmeldung des Unfallflugzeugs mitnehme, auf der Details wie Flugziel, oder Betankung eingetragen sind.
Einen Kontrollturm mit Lotsen, bei dem sich Piloten melden müssen, gibt es im Birrfeld nicht. Deshalb sind auch keine Funkaufzeichnungen vorhanden. Laut Flugplatzchef Martin Andenmatten, der an jenem Tag anwesend war, hat Walter K. keinen Notruf abgesetzt. «Wenn er dies nach dem Start getan hätte, dann hätten das andere Piloten oder jemand bei uns auf dem Flugplatz gehört», sagt er. Der tragische Tod des Piloten letzte Woche hat grosse Betroffenheit ausgelöst und Sicherheitsfragen aufgeworfen, weil sein Flugzeug direkt neben der Autobahn abstürzte. Doch wie häufig sind solche Abstürze im Birrfeld? Der letzte Fall, der sich mit dem Unglück letzte Woche vergleichen lässt, ereignete sich am 19. Juni 1988.
Damals startete ein Pilot mit einer Socata TB-11 Tobago zu einem privaten Rundflug mit drei Passagieren. Nur rund zwei Minuten nach dem Abheben kollidierte das Flugzeug mit den Baumkronen eines Waldes bei Mülligen und stürzte ab, wie es im Bericht der Flugunfall-Untersuchungskommission heisst. Die drei Passagiere konnten die brennende Maschine selber verlassen, zwei wurden verletzt, der Pilot starb am Absturzort. Dieser liegt rund 1,5 Kilometer nordöstlich des Flugplatzes, also ganz in der Nähe der Absturzstelle von vergangener Woche. Grund für den Absturz war ein Strömungsabriss, was auch beim Unfall von Walter K. als mögliche Ursache infrage kommen könnte.
Heinz Wyss fliegt seit 1972 im Birrfeld und ist heute Sicherheitsbeauftragter des Flugplatzes – er sagt: «Zum Glück sind solche Unfälle äusserst selten, den letzten Todesfall gab es 1990 zu beklagen, dies bei einer Kollision von zwei Motorflugzeugen im Endanflug.» Flugplatzleiter Andenmatten rechnet vor: «Jährlich gibt es hier rund 60 000 Flugbewegungen, in 29 Jahren einen tödlich verlaufenen Unfall – da bewegen wir uns bei der Quote nicht mal im Promillebereich.» Seither gab es im Birrfeld nur Zwischenfälle mit Sachschaden – bis zum Dienstag letzter Woche. «Das zeigt, dass unser Flugplatz sicher ist und im Vergleich mit anderen Flugplätzen keine besonderen Risiken aufweist», sagt Wyss. Tatsächlich führen die An- und Abflugrouten im Birrfeld – im Unterschied zu manchen anderen Regionalflugplätzen der Schweiz – nicht über Wohngebiete. Bei einem Absturz kann das Risiko, dass Personen am Boden zu Schaden kommen, damit tiefer gehalten werden als anderswo.
In der Risiko- und Gefahrenanalyse, die 2013 für die Zertifizierung des Flugplatzes durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt erstellt wurde, sind fehlende Notlandefelder kurz nach dem Start in östlicher Richtung als Risikofaktor aufgeführt. Inzwischen ist das anders: «Im Bereich Ausflug Ost sind Notlandestellen vorhanden, die Piloten werden in der Ausbildung darauf geschult», sagt der Flugplatzleiter.
Bei Checkflügen, die Piloten absolvieren müssen, um ihre Lizenz zu behalten, würden solche Situationen trainiert. «Dabei nimmt der Fluglehrer die Leistung der Maschine zurück, der Pilot muss reagieren und im Gleitflug zurück auf die Piste oder zu einem Notlandefeld gelangen», erläutert Wyss. Für solche Situationen gebe es ausserdem spezielle Checklisten, welche die Piloten auswendig kennen müssten.
Die Sicherheit habe im Birrfeld höchste Priorität, sagt Flugplatzleiter Andenmatten. Erst vor zwei Monaten fand unter dem Titel «Safety im Birrfeld» ein Erfahrungsaustausch mit Heinz Wyss, Fluglehrern und Piloten statt. «Dabei ging es darum, Lehren aus Zwischenfällen zu ziehen, neu aufgetretene Gefahren zu diskutieren und Vorschläge für Verbesserungen zu erarbeiten», sagt der Sicherheitsbeauftragte.
Auch das Bundesamt für Zivilluftfahrt überprüfe die Sicherheitsvorkehrungen im Birrfeld regelmässig. Im letzten Jahr wurde die Zertifizierung des Flugplatzes von 2014 erneuert, wobei das Sicherheits-Management im Detail überprüft wurde. Dazu kommen Alarmierungsübungen des Bundesamtes. «Da kommt ohne Vorankündigung ein Flugzeug vorbei, der Pilot landet und meldet zum Beispiel einen imaginären Brand», erläutert Wyss. «Danach haben unsere Feuerwehr- und Rettungsleute genau drei Minuten Zeit, um beim Flugzeug zu sein.» Mit dem AAA-Rettungshelikopter und dessen Besatzung ist die medizinische Versorgung ausgezeichnet. «Im Vergleich ist das Birrfeld gleich sicher wie andere zertifizierte Flugplätze in der Schweiz», hält Wyss fest.