Dominik Riner steht unter Druck. Unterlagen zeigen eindeutig: In zwei Fällen hat er Geld aus der Parteikasse abgezweigt. Nun muss der Grossrat und Präsident der SVP Bezirk Brugg bei der Parteileitung antraben.
Es ist nur ein harmloses Foto, doch es könnte für die politische Karriere von Dominik Riner, Grossrat und Präsident der SVP Bezirk Brugg, beträchtliche Konsequenzen haben. Das Bild zeigt Riner mit Parteikollegen und Gästen am Jägerball 2015. Eine gesellige Runde, die einen schönen Abend geniesst und mit dem Teilnahmebeitrag von 150 Franken pro Person die Stiftung Wildtiere Aargau finanziell unterstützt.
Das Problem dabei: Dominik Riner lud seine Tischgenossen zum Jägerball ein, bezahlte die insgesamt 900 Franken aber nicht aus dem eigenen Sack, sondern liess den Betrag aus der Kasse der SVP-Bezirkspartei Brugg überweisen. Dies zeigen Unterlagen, welche der az vorliegen. Entdeckt hat die umstrittene Zahlung demnach Mario Iten, der seit März dieses Jahres neuer Kassier der Bezirkspartei ist. Iten machte seine Parteikollegen per Mail darauf aufmerksam, dass es keinen Vorstandsbeschluss zu dieser Ausgabe gebe. Zudem habe ausser dem früheren Kassier keiner der sechs Teilnehmer den Beitrag von 150 Franken zurückbezahlt.
Die 900 Franken für die Eintrittskarten zum Jägerball sind indes nicht die einzige umstrittene Zahlung aus der Kasse der SVP Bezirk Brugg. Die az weiss: Für die Jahre 2016 und 2017 liess Dominik Riner jeweils 1000 Franken an den Club Bürgerliche 100 überweisen. Dieser dient laut Website «einerseits der Mittelbeschaffung zugunsten der SVP Aargau, andererseits bildet er für Mitglieder ein hervorragendes Netzwerk zwischen Gewerbe, Industrie, Gesellschaft und Behördenvertretern aus Kanton und Bund.» Mitglieder können Privatpersonen, Firmen oder Vereine werden, die einen Jahresbeitrag von 1000 Franken bezahlen.
In der Regel organisiere der Club Bürgerliche 100 pro Jahr «vier bis fünf exklusive Anlässe für die Mitglieder», heisst es auf der Website. Zumindest an einem dieser Anlässe, einer Führung im Atomkraftwerk Beznau im September 2016, nahm Dominik Riner teil, wie der Facebook-Eintrag rechts zeigt.
Riner besuchte den Anlass also, obwohl er den Mitgliederbeitrag nicht selber bezahlt hatte, sondern aus der Bezirksparteikasse begleichen liess. Auch über diese Zahlung informierte der neue Kassier seine Vorstandskollegen, wie die Unterlagen der az zeigen.
In einem Mail kündigte Riner daraufhin an, er werde seine Kollegen an der nächsten Vorstandssitzung informieren und «den Beitrag der Partei überweisen», wenn der Vorstand dieser Meinung sei. Ist dies inzwischen geschehen, hat Riner die 2900 Franken zurückbezahlt? Kassier Mario Iten sagt auf Anfrage der az, er könne sich nicht dazu äussern, im Bezirksvorstand sei Geheimhaltung beschlossen worden.
Mit den Vorwürfen konfrontiert, private Rechnungen aus der Parteikasse bezahlt zu haben, sagt Dominik Riner: «Wir haben dieses Thema an der letzten Vorstandssitzung der SVP Bezirk Brugg besprochen. Ich habe der Partei die fraglichen Beträge zurückbezahlt, somit ist kein materieller Schaden entstanden.» Riner ergänzt, es habe in den letzten Jahren auch andere Fälle gegeben, zum Beispiel bei Standaktionen, «in denen Rechnungen auf meine Privatadresse lauteten, aber dann von der Partei beglichen wurden».
Auf die konkrete Frage, ob er selber oder die SVP Bezirk Brugg nun Mitglied im Club Bürgerliche 100 seien, sagt Riner: «Die Bezirkspartei war kein Mitglied des Clubs Bürgerliche 100, auch wenn dies grundsätzlich möglich wäre.» War der Vorstand der Bezirkspartei denn über die Zahlung von 2000 Franken in diesem Fall und die 900 Franken für den Jägerball informiert? «Zu dieser Frage möchte ich mich nicht äussern, wir haben im Vorstand dazu Stillschweigen beschlossen», sagt Riner.
In einem Mail an seine Vorstandskollegen hielt Riner fest, die Einladung für den Jägerball sei für gute Parteifreunde und andere Personen gedacht gewesen, die sich für die SVP einsetzen. Weiter schrieb er: «Dass es keinen Protokoll-Beschluss gibt, ist richtig, aber die Vorstandsmitglieder wurden angefragt und es gab auch keine Äusserungen, dass wir eine solche Aktion nicht machen sollten.» Die Aktion sei kein Alleingang gewesen, und auch nichts, «über das der Vorstand nicht informiert wurde».
Ähnlich äusserte sich Riner zu den Beiträgen an den Club Bürgerliche 100. Er räumte ein, für die 2000 Franken gebe es tatsächlich keinen Vorstandsbeschluss. «Ich bin mir aber sicher, dies an der Vorstandssitzung im Februar 2016 erwähnt und für 2016 eine mündliche Zusage erhalten zu haben.» Für das laufende Jahr habe er den Vorstand nicht angefragt, sondern die Rechnung über 1000 Franken dem damaligen Kassier zur Zahlung weitergeleitet.
Aus den Unterlagen, welche der az vorliegen, geht hervor, dass auch SVP-Regierungsrätin Franziska Roth – selber aus Brugg – und Kantonalpräsident Thomas Burgherr über die Unregelmässigkeiten und Vorwürfe informiert sind. Burgherr sagt, es habe schon zwei Besprechungen mit Riner gegeben.
Eine dritte Sitzung ist laut dem SVP-Präsidenten für Juni vereinbart, dann wird eine Delegation der Kantonalparteileitung die Kassenführung unter die Lupe nehmen. «Wir wollen die Rechnungen, Buchungen und Belege sehen und mit Dominik Riner besprechen, damit wir uns ein Bild der Lage machen können.» So solle geklärt werden, ob Riner versuchte, «etwas zu verstecken oder ob die umstrittenen Zahlungen ohne böse Absicht, also irrtümlich getätigt wurden».
Aber ist nach den Zahlungen ohne Vorstandsbeschluss das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seiner Partei noch gegeben? Stellt sich gar die Frage, ob Riner seinen Posten als Bezirkspräsident und den Grossratssitz, den er seit Anfang Jahr innehat, abgeben müsste? Thomas Burgherr sagt, er wolle die dritte Sitzung abwarten, zuvor liesse sich dies nicht beantworten. «Dominik Riner will auf das kommende Jahr hin sowieso als Präsident der Bezirkspartei zurücktreten», ergänzt Burgherr.
Riner bestätigt dies und sagt: «Eigentlich wollte ich schon auf das laufende Jahr hin demissionieren, doch es fand sich niemand, der die Nachfolge übernehmen wollte.» Inzwischen habe sich eine geeignete Person gemeldet, deshalb werde er sein Amt als Bezirkspräsident zur Verfügung stellen. Er betont: «Mein Rücktritt hat nichts mit Zahlungen für den Jägerball und den Club Bürgerliche 100 zu tun, dieser Entscheid fiel, bevor die Vorwürfe aufkamen.»