Soziales Projekt
Brugger Pastor zieht Bilanz: «Es ist zwar gut gemeint, aber wir nehmen keine Kleidung an»

Was am Gabenzaun in Brugg begehrt ist und ob das eiserne Gitter nach der Coronakrise weiterhin bestehen bleibt. Benötigen die lokalen Bedürftigen noch Spenden, die sie über Wasser halten?

Flavia Rüdiger
Drucken
Simon Rohr, Pastor der Chrischona-Gemeinde Brugg, steht vor dem zweijährigen Gabenzaun.

Simon Rohr, Pastor der Chrischona-Gemeinde Brugg, steht vor dem zweijährigen Gabenzaun.

Flavia Rüdiger (1. März 2022)

Tomatensauce, diverse Gewürze, Barilla Spaghetti, Duschmittel und noch vieles mehr, was man für das tägliche Leben braucht, ist in Plastiksäcken an den Gabenzaun in Brugg geknotet worden. Simon Rohr, Pastor der Brugger Chrischona-Gemeinde, berichtet:

«Vor allem Hygieneartikel für die Körper- und Zahnpflege oder Damenhygieneprodukte sind äusserst beliebt.»

Das liege unter anderem daran, dass Hygieneartikel eher teuer seien, so Rohr. Auch alles, was man ruck, zuck verspeisen kann, wie Mahlzeiten aus der Dose, Kartoffelstock oder Rösti, werden gerne genommen. Der Pastor erinnert sich schmunzelnd zurück: «Es gab mal eine Phase, da wurde haufenweise Senf aufgehängt. Der ist zwar lange haltbar, blieb aber auch sehr lange am Zaun hängen.»

Ganz selten kommt es vor, dass Dinge gebracht werden, die bereits abgelaufen oder verdorben sind. Das sei ärgerlich, äussert Rohr. Er erklärt der Anteil, der unbrauchbaren Artikel sei jedoch gering:

«Nur zirka fünf Prozent der Spenden können wir nicht verwenden.»
Hygieneartikel sind besonders gefragt.

Hygieneartikel sind besonders gefragt.

Pascal Bruhin (23. April 2020)

Worüber sich die Chrischona-Gemeinde ebenfalls weniger freut, sind Kleidungsstücke. Ab und zu kommt es vor, dass Kleidersäcke hingestellt werden. Der Zaun sei jedoch nicht der richtige Ort dafür. Es wäre besser, man unterstütze Secondhandshops oder Kleiderbörsen, sagt der Pastor. Einmal hätten sie sogar ein Paar Skischuhe vorgefunden. Simon Rohr betont: «Es ist zwar gut gemeint, aber wir nehmen keine Kleidung an. Es geht beim Gabenzaun wirklich primär um Hygieneprodukte und Lebensmittel.»

Wer den Zaun überhaupt nutzen darf

Seit man den anonymen Gabenzaun vor zwei Jahren während des ersten Lockdowns aufgestellt hat, hat sich eine Basis aus regelmässig spendenden Menschen unterschiedlichen Alters gebildet. Zusätzlich kann sogar per TWINT ein «Zustupf» geschickt werden. Dies würden jedoch nur sehr wenige tun, so Rohr. Geht aber trotzdem eine Geldspende ein, werden damit Gaben für den Drahtzaun gekauft.

Menschen, die Dinge vom eisernen Gitter benötigen, seien meistens dieselben, aber es würden auch neue kommen. Simon Rohr berichtet: «Mit Menschen, die regelmässig kommen, konnte ich zum Teil auch reden. Es waren immer sehr aufschlussreiche Gespräche, die Einsicht in die jeweilige Lebenssituation gegeben haben.»

Am Gabenzaun in Brugg ist am 22. April 2020 ein selbstständiger Zyklus von Geben und Nehmen entstanden.

Am Gabenzaun in Brugg ist am 22. April 2020 ein selbstständiger Zyklus von Geben und Nehmen entstanden.

Pascal Bruhin (23. April 2020)

Wie lange der Zaun noch erhalten bleibt, steht noch in den Sternen. Das Angebot werde momentan auf jeden Fall noch rege genutzt, berichtet der Pastor. Seit dem Beginn der Pandemie ist das Interesse immer konstant geblieben und hat nicht abgenommen. Simon Rohr führt aus:

«Die Nachfrage orientiert sich an den Spenden. Wird mehr gespendet, wird auch mehr geholt.»

Diese Aussage sei auch eine Einladung an alle, die etwas benötigen. Jeder, der möchte, dürfe den Zaun nutzten. Solange Bedarf besteht, wird der Gabenzaun weiterhin stehen bleiben.