Die Stadtratskandidaten präsentieren vier Lösungsansätze, um die grossen finanziellen Herausforderungen der Stadt zu meistern. Die Hürden sind gross: Der Stadt fehlen jährlich 2 Millionen, zudem ist der Schulsystemwechsel mit hohen Kosten verbunden.
Es gibt kaum ein anderes Thema, das die Brugger und Bruggerinnen mehr beschäftigt als die Finanzen. Das ist auch bei den Stadtratskandidaten nicht anders. Am 24. November wählen die Stimmberechtigten im zweiten Wahlgang das fünfte Stadtratsmitglied für die neue Amtsperiode ab 2014. Die Aargauer Zeitung hat bei allen vier Kandidaten nachgefragt, wie sie als Mitglied der Exekutive versuchen würden, die Finanzen der Stadt Brugg besser ins Lot zu bringen.
Die Ausgangslage ist komplex: Einerseits sind rund 75 Prozent der laufenden Ausgaben fix und können auf Gemeindeebene gar nicht beeinflusst werden. Dazu kommt, dass immer mehr Aufgaben vom Kanton an die Gemeinden übertragen werden. Hier ist der Stadtrat bestrebt Gegensteuer zugeben. «Druck auf die kantonale Regierung kann auch über die Konferenz der Gemeindeammänner ausgeübt werden», sagt SP-Kandidat Willi Däpp zu dieser Entwicklung.
Andererseits zeigt ein Blick in den Investitions- und Finanzplan eine besorgniserregende Tendenz auf. Die Stadt Brugg weist zwar im Budget 2014 noch einen Selbstfinanzierungsgrad von 56 Prozent aus, der sich allerdings bis zum Jahr 2017 auf 38 Prozent verschlechtern wird. Das Nettovermögen wird im gleichen Zeitraum von heute 33 Mio. auf 14 Mio. Franken schrumpfen. Der Stadt Brugg fehlen pro Jahr durchschnittlich etwa 2 Mio. Franken.
Mit dem Schulsystemwechsel auf 6 Jahre Primarschule und 3 Jahre Oberstufe kommen in den nächsten Jahren besonders grosse Herausforderungen auf die Stadt Brugg zu. Gemäss der Schulraumplanung (Gesamtkonzept von Basler & Hofmann) vom 11. Juni 2013 stehen Investitionskosten in der Höhe von 19,5 Mio. Franken an.
Willi Däpp (SP, neu):
«Damit das Wünschbare vom Notwendigen unterschieden werden kann, müssen in den Vorlagen für den Einwohnerrat Varianten mit unterschiedlichen Qualitätsstandards mit den entsprechenden Kostenfolgen aufgezeigt werden. Die mit Neuinvestitionen verbundenen wiederkehrenden Unterhaltsausgaben sind in den Vorlagen deutlich auszuweisen. Innerhalb der Verwaltung sind die betrieblichen Abläufe auf mögliche Effizienzsteigerungen zu beobachten. Zusätzliche Steuereinnahmen können über die Ansiedlung von Unternehmungen mit einer hohen Wertschöpfung und von privaten Steuerzahlern erzielt werden. Dabei spielt die Standortattraktivität eine zentrale Rolle, die u. a. über eine sinnvolle Ausgestaltung der Bau- und Nutzungsordnung gesteigert werden kann. Die Region Brugg-Windisch steht in Konkurrenz mit anderen Wirtschaftszentren. Eine erneute Erhöhung des Steuerfusses würde die Situation für unsere Region verschlechtern.»
Urs Holliger (Parteilos, neu):
«Die geplante Harmonisierung des aargauischen Schulsystems sowie die anstehenden Sanierungen von Schulbauten erfordern eine langfristige Schulraumstrategie mit entsprechenden Investitionen. Ebenfalls höhere Investitionskosten fallen in den nächsten Jahren im Bereich Verkehr an. Um eine weitere Steuererhöhung zu umgehen, setze ich mich ein, stetig gute Rahmenbedingungen für die Menschen und die Unternehmen zu schaffen: Attraktiver Wohnraum, Kunden- und Bestandespflege zu unseren Wirtschaftsunternehmen intensivieren sowie eine verstärkte Akquisition betreiben, um Unternehmen sowie Privatpersonen zum Domizilwechsel nach Brugg zu bewegen. Sparmassnahmen sind nur dort anzuwenden, wo keine Qualitätseinbussen der oben erwähnten Rahmenbedingungen zu erwarten sind. Dadurch wird voraussichtlich das Steuereinkommen erhöht und die Investitionen können durch eine höhere Eigenmittelquote finanziert werden.»
Esther Hunziker (frauenbrugg, neu)
«Der Stadtrat wird sich gemäss Bericht zur Investitions- und Finanzplanung dafür einsetzen, den Steuerfuss von 100 Prozent «weiterhin beibehalten zu können». Schon die Formulierung zeigt, dass dies eher einem Wunsch als der wirklichen Absicht entspricht.
Mit unzähligen Planungskrediten hat man in den vergangenen vier Jahren das Eigenkapitel abgebaut. Praktisch jeder Planungskredit wurde vom Einwohnerrat bewilligt. Und dies ausgerechnet in einer Zeit, in der die Privatwirtschaft durch den Campus-Bau mit unzähligen Aufträgen eingedeckt war. Offensichtlich ist in Brugg antizyklisches Investieren durch die öffentliche Hand «out». Erstaunt hat mich, dass ausgerechnet finanziell unbedeutende Posten wie Mittagstisch und Randstundenbetreuung zur Begründung für den Anstieg des Betriebsaufwands herhalten musste. Sparpotenzial sehe ich bei folgenden Budgetpositionen: externe Berater, Gutachter, Fachexperten und Dienstleistungen Dritter.»
Thomas Wymann (SVP, neu):
«Ich sehe in Bezug auf die Stadt Brugg insbesondere im Bereiche des Wirtschaftswachstums Handlungsbedarf, der in der nächsten Legislatur in Angriff genommen werden muss. Die nachhaltige Stärkung der Wirtschaftsregion Brugg-Windisch muss langfristig geplant und umgesetzt werden. Hierbei spielt die gezielte Förderung des Images (beispielsweise durch einen Ausbau der Medienpräsenz) von Brugg als attraktives, regionales Zentrum für Einkauf, Handel und gewerbliche Leistungen eine wichtige Rolle. Weiter muss das Schaffen optimaler Rahmenbedingungen für erfolgreiches unternehmerisches Wirken durch aktive Unterstützung der Exekutive und Legislative der Stadt Brugg verfolgt werden. Zudem müssen die Bauvorhaben in der Stadt Brugg optimaler priorisiert werden und die dafür nötigen Ausgaben sollten den Bedürfnissen angepasst realisiert werden. Das Notwendige muss im Vordergrund stehen und nicht das Wünschbare.»