Seit sie mit 15 Jahren nach Brugg kam, hat die dreifache Mutter einiges angepackt und erreicht. Mit viel Engagement und Herzblut organisiert sie auch Stadtführungen und Exkursionen in Brugg und der näheren Umgebung.
Die Stadtführung am 19. März 2022 «Mit Gänsehaut durch die Stadt – mysteriöse Geschichten» organisiert von Brugg Regio, war bereits nach kurzer Zeit komplett ausgebucht. Durch die dunklen Winkel der Altstadt werden die Gruselliebhabenden von Silvia Kistler begleitet. Seit über zehn Jahren ist sie die Adresse für Stadtführungen und Exkursionen in Brugg und Umgebung.
Mit ihrer Firma «Bruggtour», die sie 2010 gegründet hat, konnte sie bereits einige Interessierte begeistern. Nicht nur Leute aus der Schweiz nehmen an ihren Führungen teil. Neben Touristen aus Deutschland und Frankreich hat sie auch schon chinesische Gäste durch die Gässchen von Brugg gelotst.
Sie sei zwar keine gebürtige Bruggerin, sondern im Kanton Zürich aufgewachsen: «Mit 15 Jahren kamen meine Familie und ich jedoch nach Brugg.» In ihrer langen Zeit in Brugg hat die Mutter von drei Kindern einiges erreicht.
Sie war unter anderem 18 Jahre für die FDP im Einwohnerrat in Brugg. Zwei davon (2012 und 2013) war sie Einwohnerratspräsidentin und somit auch «höchste Bruggerin». Kistler sagt rückblickend:
«Es war eine sehr spannende Zeit, da ich so richtig hinter die Kulissen von Brugg schauen konnte.»
Das Einwohnerratsamt gab sie ab, um neuen Menschen eine Chance zu geben, Probleme anzugehen und Veränderungen zu bewirken.
Veränderungen hat die dreifache Grossmutter auch im Tourismus bewirkt. Mit dem Ziel, Führungen zu leiten, unter anderem auch für Einzelpersonen, die nur am Wochenende Zeit haben: «Man konnte immer nur in Gruppen buchen. Deswegen wollte ich öffentliche Exkursionen anbieten, die jeweils am Sonntag stattgefunden haben.» Werbung für sich und ihre Firma machte sie zweimal an der Gewerbeausstellung Expo, in Inseraten in der Zeitung oder fragte offen, ob Menschen Interesse an Führungen hätten. So hat sich Kistler ihren Kundenstamm aufgebaut.
Bei einem Café crème erzählt die sympathische 65-Jährige, sie habe über 50 Exkursionen durchgeführt. Jeweils sechs- bis achtmal im Jahr wanderte Silvia Kistler mit ihrer Kundschaft durch Brugg, Windisch und die Region. Neben diesen Ausflügen bietet sie Bruggführungen an. Sie zog zum Beispiel im Juni 2021 mit den Anwohnerinnen und Anwohnern von Brugg, im Rahmen einer öffentlichen Stadtführung, durch das herausgeputzte Städtchen und erzählte über den Rutenzug, der leider aufgrund von Corona nicht stattfinden konnte.
Eine ihrer absoluten Favoriten sei die Führung «Gute Zeiten – schlechte Zeiten». Aus dem Fenster blickend führt sie aus: «Es war eben früher nicht alles besser. Das menschliche Leben war geprägt von Kämpfen und Krankheiten. Ich finde diese Thematik äusserst spannend. So kommt diese Führung auch bei den Leuten immer sehr gut an.»
Aufgrund ihrer vielen Interessen kann Kistler mittlerweile mit einem Repertoire von acht Führungen glänzen. Darunter eine Führung zu den Habsburger Frauen oder eine Tour ins Wasserschloss, wo Aare, Reuss und Limmat zusammenfliessen. Ideen für weitere Themen seien immer da:
«Die diversen Gedanken, die mir im Kopf herumschwirren, geben mir einen grossen Antrieb.»
Motiviert werde sie auch aufgrund der Reaktionen der interessierten Zuhörerschaft, die an ihren Führungen teilnehmen würden. Die Stadtführerin ergänzt: «Schlussendlich mache ich es aber für mich selbst. Ich führe die Menschen sehr gerne in die Geschichten und Geheimnisse vom Bezirk Brugg ein.» Während Corona ist sie jedoch zu einer wichtigen Erkenntnis gelangt:
«In Zeiten der Pandemie habe ich gemerkt, dass es auch ohne die Führungen geht.»
Meistens läuft alles wie am Schnürchen. Schliesslich bereitet sich Silvia Kistler genaustens auf die Führungen vor. Sie müsse sich zuerst in die Thematik einlesen, anschliessend den Text zusammenstellen und diesen teilweise auf die jeweilige Gruppe individuell anpassen: «Historikerin muss man nicht sein. Genau und gewissenhaft jedoch schon.»
Herausfordernd würde es manchmal werden, wenn zum Beispiel ein Firmenanlass durchgeführt werde, so Kistler. «Klar, es gibt immer Personen, die nicht freiwillig teilnehmen. Schwierig wird es, wenn gewisse dann kein Interesse zeigen», berichtet sie. Sie wisse sich aber in solchen Situationen zu helfen.
Während sie durch die Stadt laufen würden, spreche sie die Betroffenen persönlich an: «Ich frage dann sehr direkt, was sie speziell interessiert oder was ihre Tätigkeit im Betrieb ist. Durch diese Art von Fragen kann man gut Nähe erzeugen.» Die Gesichter würden sich nach solchen Gesprächen im Verlaufe der Führung doch noch aufhellen und die Augen interessiert blitzen. Kistler hält fest:
«Es ist schliesslich meine Aufgabe, das Interesse herauszukitzeln.»
Neben ihrem touristischen Engagement hat sie aber noch viele weitere Tätigkeiten. Silvia Kistler sagt: «Ich arbeite 70 Prozent in der Anwaltskanzlei meines Mannes. Wir haben wieder einen Hund und ausserdem hüte ich meine Enkelkinder einmal in der Woche.» Sie erklärt lachend:
«Langeweile ist mir kein Begriff.»
Wenn sie dann doch mal eine Auszeit von ihren vielen Verpflichtungen brauche, würde sie am liebsten zeichnen oder auch mal etwas mit ihrer Nähmaschine «schnurpfen».