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Der mehrmonatige Gastrolockdown und die noch immer geltenden Einschränkungen bei Veranstaltungen treffen auch die Aargauer Weinbaubetriebe hart. Der Absatzmarkt ist teilweise zusammen gebrochen. Nun setzen die Winzer vermehrt auf Privatkunden.
«Wir müssen uns bewegen – und wir haben uns bewegt», stellt Bruno Hartmann vom Weingut Hartmann fest, das in Remigen und Villnachern eine Rebfläche von acht Hektaren bewirtschaftet. «Die Situation, in der wir stehen, wird nicht nur durch die Witterung geprägt, sondern auch durch das wirtschaftliche Umfeld und damit durch die Covid-19-Pandemie.»
An einem Informationsanlass, an dem die Remiger Winzer praktisch vollzählig vertreten waren und eine Delegation des Gemeinderates zugegen war, hat er die Folgen der Pandemie auf das Weingut – und die Massnahmen, mit denen diesen Folgen begegnet wird – aufgezeigt.
«Unsere Kundschaft», so Bruno Hartmann, «umfasst 50 Prozent Privatkunden, die unsere Weine direkt beziehen. Die anderen 50 Prozent sind Kunden aus Gastronomie und Weinfachgeschäften oder Veranstalter von Festanlässen. Im vergangenen Jahr verzeichneten wir eine Umsatzeinbusse von 30 Prozent.» Für das laufende Jahr rechnet Hartmann – wegen der langsamen Lockerung der Massnahmen – mit einer Umsatzeinbusse von 40 Prozent.
Angesichts dieser Situation ist im letzten Herbst die Erntemenge reduziert worden. Gegenüber einer Normalernte sind 30 Prozent weniger Trauben geerntet worden. Hartmann:
«Nachdem schlicht kein Markt mehr besteht, wurde zudem Wein ab Keller im Tanklastwagen verkauft.»
Dieser Qualitätswein komme jetzt als «Schweizer Tafelwein» auf den Markt. «Dieser Verkauf hat für uns zwar einen Inventarverlust von 80 Prozent zur Folge», erklärt Hartmann. «Aber wir haben jetzt eine Lagermenge, die wir auch verkaufen können. Im laufenden Jahr werden wir die Erntemenge aber nochmals um 30 Prozent reduzieren.»
Es werde nicht mehr so sein, wie es einst war, stellt er mit Blick auf die Auswirkungen der Covid-19-Massnahmen auf den Wein-Absatz fest. «Wir setzen daher auf die Privatkundschaft.» Mit einem Online-Shop, neuen Versand-Kanälen, der Information der Kundinnen und Kunden mit einem neuen Prospekt und einem Film intensiviert das Weingut die Verkaufsaktivitäten.
Dabei kann ein gewichtiges Argument ins Feld geführt werden. «Seit der Gründung unseres Weingutes 1985 erzeugen wir im Einklang mit der Natur Qualitätsweine», sagt Hartmann.
«Wir keltern Jahrgangs-Weine mit Terroir-Charakter. Bei uns hat die nachhaltige Produktion oberste Priorität.»
Das kommt unter anderem darin zum Ausdruck, dass bereits früh auf die natürliche Dauerbegrünung der Rebberge gesetzt wurde. «Wir begünstigen Nützlinge, die für das ökologische Gleichgewicht wichtig sind», so Bruno Hartmann. «Wir fördern zudem den Anbau pilzresistenter Traubensorten.»
Zu diesen Sorten gehört die Souvignier-gris-Traube, die in Deutschland aus einer Kreuzung der Sorten Cabernet Sauvignon und Bronner gezüchtet worden ist. In Remigen sind 2017 die ersten Souvignier-gris-Reben angepflanzt worden. Im vergangenen Herbst konnten aus einer Fläche von knapp einer Hektare die ersten Trauben geerntet werden, aus denen ein fruchtiger Weisswein gekeltert worden ist. «Wir brauchen keine Bodenherbizide, Insektizide und kein Kupfer», betont Bruno Hartmann.
«Fortschritte in Forschung, Technik und neue Arbeitsmethoden bringen uns weiter.»
Ganz ohne Schutzmassnahmen gehe es aber nicht. «Wir verwenden jedoch Produkte, die vollständig abgebaut werden. Dank technischer Mittel erkennen wir die Gefahr von Krankheiten in den Reben, die ein Eingreifen erfordern, frühzeitig. Wir führen die Arbeiten im Rebberg witterungsgerecht aus und achten auf eine saubere und schonende Verarbeitung der Trauben in unserem Betrieb, der mit 80 Prozent erneuerbarer Energie auskommt.»
Für Bruno Hartmann sind Authentizität und Identität – Argumente, die gerade beim Wein zunehmend an Bedeutung gewinnen – sehr wichtig. Einblick in den Weinbau vermitteln in Remigen der Römer-Rebberg – gewissermassen eine Aussenstelle des Legionärslagers Vindonissa – und die naturnahe Rebberg-Wanderung. Die in Zusammenarbeit von Weinbau, Forst und Jurapark entstandene Wanderroute wird demnächst mit informativen Tafeln versehen.