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Der Bözberger Adressen-Knatsch hat bei Behördenmitgliedern und Initianten tiefe Spuren hinterlassen. «Für mich gibt es nur Verlierer. Es ist für die Behörde eine Herkulesaufgabe, die Bevölkerung zusammenzubringen», sagt Gemeindeammann Peter Plüss.
Ausserordentlich war diese Woche in Bözberg nicht nur die Gemeindeversammlung, sondern auch der Grossaufmarsch der Stimmberechtigten.
Der Souverän schickte die Initiative «Unsere Adressen behalten» nach einer langen, emotionalen Debatte mit 310 Nein- zu 177 Ja-Stimmen bachab.
«Wir haben zwar demokratisch einen sauberen Entscheid gefällt», sagt Gemeindeammann Peter Plüss am Tag danach. «Für mich gibt es aber nur Verlierer. Es ist für die Behörde und die Verwaltung eine Herkulesaufgabe, die Bevölkerung in der neuen Gemeinde zusammenzubringen.»
Dabei verweist Plüss auf den Umstand, dass etwa 80 Stimmen der 177 Ja-Stimmen aus dem Ortsteil Linn stammen dürften.
Somit sei genau das passiert, was die Bevölkerung der kleinen Gemeinde Linn im Vorfeld der Fusion immer befürchtet hatte: Der kleine Ortsteil kann sich im neuen Gemeindegebilde schlecht einbringen und wird von den anderen überstimmt.
«Der Gemeinderat wird deshalb ein Konzept erarbeiten, wie wir künftig den Zusammenhalt in der Bevölkerung verbessern können», so Plüss und ergänzt: «Denn eine Fusion ist mehr als nur ein Verwaltungsakt. Das ist aber noch nicht bei allen angekommen.»
Plüss vermutet, dass der Adress-Knatsch auf dem Bözberg künftigen Fusionsprojekten anderswo schaden könnte: «Fusionspläne von kleineren Gemeinden dürften es ohne finanziellen Zwang in nächster Zeit sehr schwierig haben.»
Traktandenliste «überfrachtet»
«Für mich ist es schade, dass nun Linn postalisch als Ort verschwindet», sagt Geri Hirt, Sprecher des Initiativkomitees. «Der Entscheid ist zwar demokratisch gefällt worden; die Mehrheit hat entschieden. Pfiffe und Buhrufe gehören aber nicht in eine Gemeindeversammlung; sie zeugen von Respektlosigkeit.»
Hirt konnte seine Argumente ohne Redezeitbeschränkung mit einigen Folien nochmals darlegen. Dennoch bedauert er, dass der Gemeinderat die Traktandenliste mit zwei weiteren Geschäften «überfrachtete».
So sei doch die ausserordentliche Gemeindeversammlung zur Adressenfrage einberufen worden. «Dass der Gemeindeammann die Diskussion um 22.15 Uhr abklemmte, fand ich unanständig», ergänzt er.
Solidaritätswelle mit Linn
In den beiden grösseren Ortsteilen Ober- und Unterbözberg hat es gemäss Hirt keine Solidaritätswelle mit dem kleinen Linn gegeben. «Der Einfluss der Linner ist gering, wie sich gezeigt hat. Das ist sehr bedauerlich.»
Mit dem Entzug der aufschiebenden Wirkung durch den Kanton, hatte der Gemeinderat laut Hirt die Ermächtigung erhalten, die neuen Adressen trotz Initiative umzusetzen.
Mit jedem Tag, der verging, sei die Wahrscheinlichkeit gesunken, dass die Initiative angenommen würde. «Es ist wichtig, dass wir mit diesem Entscheid nun hier einen Punkt machen und das Elend beenden können», fasst Hirt die Ausgangslage zusammen.
In nächster Zeit müsse der Gemeinderat auf die Linner zukommen. Denn falsche Auskünfte - auch von Behördenvertretern und Vertretern der Umsetzungskommission - hätten gemäss Hirt bei der Bevölkerung tiefe Spuren hinterlassen.
Die Gemeinde Bözberg will nun die neuen Strassennamenschilder und Hausnummern möglichst schnell bestellen und montieren lassen.