Der Verein Netzwerk Asyl betreibt seit Mitte August den Treffpunkt «Contact» für Asylsuchende. Die meisten wollen vor allem eines: Deutsch lernen.
Der junge Mann beugt sich konzentriert über ein Buch. «Kuh», sagt er langsam. Unsicherheit schwingt in seiner Stimme mit. Fragend schaut er sein Gegenüber an. Die Frau nickt. «Gut», bestätigt sie den eritreischen Jugendlichen. «Und der Artikel?», fragt sie. «Die Kuh?», kommt die zögernde Antwort.
An einem anderen Tisch spielt eine junge Schweizerin mit drei Eritreern Memory. «Feuer-wehr-auto», betont sie klar und deutlich. Die Männer sprechen es ihr nach. Einer macht sich fleissig Notizen in sein Schulheft. Was besonders auffällt: Die Stimmung ist friedlich; fröhlich und ungezwungen. Man ist freundlich zueinander, sagt «Grüezi» und «Hallo».
Seit dem 17. August bietet der Verein Netzwerk Asyl im Brugger Jugendhaus Piccadilly den Treffpunkt «Contact» an. Hier sollen die Asylbewerber auf Einheimische treffen, Deutsch lernen, zusammensitzen, Probleme besprechen.
80 Prozent der Teilnehmer sind Eritreer. Ein paar Afghanen, Syrer, Tibeter oder Sri Lanker gesellen sich dazu. Sie kommen aus den Unterkünften aus der Umgebung. Die meisten sind junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren. Manchmal kommen auch Frauen mit ihren Kindern.
Elisabeth Brönnimann, Mitglied der Aufbaugruppe, zeigt sich überwältigt vom Ansturm: «Das hat mich schon einigermassen überrascht. Seit Beginn kommen an jedem Montagnachmittag 40 bis 50 Personen.»
Und diese wollen vor allem eines: Deutsch lernen. So gibt es jeweils zweimal vier Klassen mit unterschiedlichen Niveaus; eine Sequenz von zwei Uhr nachmittags bis halb vier und eine von halb vier bis fünf Uhr.
Gut, dass sich auch viele Freiwillige gemeldet haben – über 20 Einheimische helfen mit. «Wir sind verpflichtet, zu helfen», findet Marjan Rossow. Sie unterrichtet die Analphabeten. Eine grosse Herausforderung. Sie arbeitet vor allem mit Bildern.
«Wichtig ist, dass sie Dinge lernen, die sie hier im Alltag brauchen», erklärt Marjan Rossow. «Beispielsweise, wie man den Busfahrplan oder die Uhr liest.» Das Lernen erfolgt in den meisten Fällen spielerisch; mit Memory oder Uno.
«Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es Erwachsene sind», mahnt Marjan Rossow. «Sie lernen nicht so schnell wie Kinder.» Und auch auf die Vergangenheit müsse man Rücksicht nehmen. «Manchmal reicht ein Wort, um einen Schüler aus dem Konzept zu bringen. Dann kommen plötzlich Erinnerungen hoch, dann sind sie plötzlich nicht mehr konzentriert.»
Vor oder nach dem Unterricht besteht die Möglichkeit, sich im Café zu unterhalten, Kaffee zu trinken oder weiter zu lernen. Auch der Raum mit dem Töggelikasten ist beliebt. Da gesellt sich Elisabeth Brönnimann zwischendurch gerne dazu und spielt eine Runde mit. «Für mich ist das ‹Contact› eine schöne Abwechslung zu meinem Berufsalltag», sagt die Bruggerin. Sie arbeitet als Pflegefachfrau in der Palliative Care.
Den Erfolg des «Contact» führt sie auf folgendes zurück: «Das ‹Contact› ist eine Begegnungsstätte und eine Möglichkeit für die Menschen, sich ausserhalb der Asylunterkunft untereinander und mit Einheimischen auszutauschen.» Es sei die Mischung, die es ausmacht. «Die Menschen können zusammen sitzen und plaudern. Und sie können Deutsch lernen.»
Weil das «Contact» so gut angelaufen ist, plant Elisabeth Brönnimann bereits einen Ausbau des Angebots. «Wir denken da beispielsweise an eine Jogginggruppe für die Jüngeren. Oder an gemeinsame Freizeitaktivitäten am Samstag», sagt sie. Die Ressourcen an freiwilligen Mitarbeitern ist da, und auch die Nachfrage nach weiteren Angeboten ist vorhanden.