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Seit zwei Jahren gibt es einen Coworking-Space im Kunzwerk in Windisch, doch nur die Hälfte der Arbeitsplätze ist besetzt.
Arbeitstätige verschiedener Branchen auf rund 100 Quadratmetern: Dieses Bild zeigt sich beim Besuch des Coworking-Büros auf dem ehemaligen Spinnereigelände in Windisch. Im Kunzareal arbeiten Selbstständigerwerbende und Angestellte aus diversen Firmen auf engstem Raum miteinander. «Coworking» heisst dieses Modell, abgeleitet aus dem Englischen «zusammen arbeiten». Der Vorteil: Kein weiter Arbeitsweg, kein Lärm wie zu Hause, und Zusatzleistungen wie drahtloses Netzwerk, Drucker, Sitzungszimmer oder Kaffeemaschine sind inbegriffen.
«Es sind weniger hier, als ursprünglich geplant war, aber diejenigen, die hier arbeiten, fühlen sich wohl und sind äusserst zufrieden», sagt Arealmanagerin Natali Müller. Tatsächlich sind es momentan nur sieben Angestellte oder Selbstständigerwerbende, die den Coworking-Space im Kunzwerk nutzen. Also nicht einmal die Hälfte der 15 zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze.
In Coworking-Spaces finden sich einige, die sich wohler fühlen, wenn sie in einem integrierten Arbeitsklima sind. «Das Gefühl des Arbeitens ist zu Hause nie so gross wie hier, wo man Menschen neben sich hat, die auch arbeiten und mit denen man sich unterhalten kann», so Müller. Andere suchen sich Coworking-Büros, um dem verlockenden Homeoffice zu entkommen oder um lange Arbeitswege zu vermeiden. Es sei deshalb auch ökologisch und praktisch, fügt Müller an.
Vom Gebrauchtwagen-Anbieter über den Versicherungsberater bis hin zum IT-Spezialisten – im Kunzwerk sind sie alle vertreten. «Schön ist auch, dass untereinander ein Austausch stattfindet. Durch das heterogene Arbeitsklima entstehen neue Arbeitsbeziehungen. So kann es sein, dass der Informatiker dem Versicherungsberater hilft und umgekehrt.» Die Zielgruppe sei eher jung. So sind die sieben Erwerbstätigen alle zwischen 30 und 40 Jahre alt. Ihnen stehen vier verschiedene Abos zur Verfügung. Das billigste kostet 70 Franken und beinhaltet vier halbe Tage im Monat. «Dieses Abo haben die meisten hier», sagt Müller. Das teuerste Abo für 350 Franken im Monat hat jedoch niemand. Es bietet unbeschränkten Zutritt. Die Nachfrage dafür ist jedoch zu gering.
Dass nicht alle Arbeitsplätze besetzt sind, sieht Müller unproblematisch. Der Grund dafür liegt aus ihrer Sicht auf der Hand: «Der Ort hier ist nicht sehr praktisch. Viele wollen aus dem Zug aussteigen und in unmittelbarer Nähe arbeiten. Um hierherzukommen, muss man aber noch den Bus nehmen. Da hilft auch die eigene Haltestelle nichts.» Das Ziel von «VillageOffice», die Schweizer Genossenschaft für Coworking-Spaces, ist klar: Bis 2030 soll jeder Schweizer innerhalb von 15 Minuten den nächsten Coworking-Space erreichen.
Für David Brühlmeier, Mitgründer von «VillageOffice», ist diese Vision, trotz momentan nur 62 Standorten, immer noch realistisch. «Wir sind davon überzeugt, dass sich die Nachfrage nach Coworking in den kommenden Jahren exponenziell vergrössern wird.» Die Gründe dafür sieht er in mehreren Punkten: «Einerseits sind da die veränderten Bedürfnisse der Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität, weniger Pendlerstress und höherer Lebensqualität. Andererseits erkennen immer mehr Arbeitgeber die Vorteile, die nicht zuletzt auch finanzieller Natur sind: Arbeitsplätze in einem Coworking-Modell sind günstiger und flexibler.»
Neben der steigenden Nachfrage wird auch vermehrt geworben. Das Kunzwerk in Windisch hat eine eigene Homepage sowie einen Facebook-Kanal. «Wir wollen vermehrt konzentrierte Werbung machen. Eventuell versuchen wir es auch auf Homegate», sagt Müller. Die meisten im Kunzwerk wurden aber anders auf den Coworking-Space aufmerksam: durch die Mund-zu-Mund-Propaganda.