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Das Ehepaar Knecht aus Hausen nutzt seit einem Jahr das neu geschaffene Tagesstruktur-Angebot im Pflegezentrum Süssbach. Zweimal wöchentlich lässt Heinz Knecht seine Ehefrau Annemarie fremdbetreuen. So findet er Zeit für Haushalt und Hobbies.
Montagmorgen, 9 Uhr. Heinz Knecht bringt seine Ehefrau Annemarie in den Süssbach. Er drückt ihr einen Kuss auf die Stirn und verabschiedet sich mit den Worten: «Ich hole dich dann um 17 Uhr wieder ab». Seit einem Jahr nimmt Heinz Knecht aus Hausen das Angebot des Pflegezentrums in Brugg wahr und bringt seine Frau Annemarie zweimal wöchentlich in die neu geschaffene Tagesbetreuung.
Dort wird die 72-jährige Annemarie Knecht zusammen mit den anderen Tagesgästen in die Alltagsgestaltung eingebunden – soweit möglich. Nebst miteinander rüsten und kochen stehen Gesellschaftsspiele, Gedächtnistrainings und Spaziergänge auf dem Programm.
«Nach einem Jahr kann ich eine positive Bilanz ziehen. Die einzelnen Gruppen sind gut zusammengewachsen, schauen zueinander», sagt Susanne Amstutz, Fachfrau Betreuung mit langjähriger Erfahrung im Demenzbereich.
Amstutz weiss, dass es den Angehörigen schwer fällt, ihre Liebsten einfach «abzugeben». Die Betreuung von kranken Menschen sei eine Herausforderung. Umso wichtiger sei deshalb, sich auch Auszeiten zu gönnen, um wieder Kräfte tanken zu können, sagt Amstutz.
Annemarie Knechts Leidensgeschichte geht weit zurück. Eine Krankheit machte zwei Operationen im Hirnbereich nötig. Der erwünschte Erfolg blieb aus – Konzentrationsstörungen und Orientierungsschwierigkeiten gesellten sich dazu. Ihre geistigen und kognitiven Fähigkeiten verschlechtern sich unaufhaltsam. Eine vaskuläre Demenz wurde diagnostiziert. «Wenn Annemarie ihre lichten Momente hat, leidet sie sehr unter ihrer Situation. Das geht so weit, dass sie immer wieder einmal in eine schwere Depression fällt, die einen Aufenthalt in der MemoryClinic Königsfelden notwendig macht», sagt Heinz Knecht.
Für beide keine einfache Situation. Den liebsten Menschen so «dahinschwinden» zu sehen, sei schwer zu ertragen, sagt der 78-Jährige. «Hinzu kommt, dass meine Frau langsam die Sprache verliert und somit keine Gesprächspartnerin mehr ist. Das reisst eine grosse Lücke in unser Miteinander. Trotz allem haben wir es aber noch gut und schön miteinander.»
Kochen, Haushalt, Wäsche sind längst Aufgaben, denen sich Heinz Knecht annehmen muss. Genauso wie die Körperpflege, das Duschen und das Ankleiden seiner Frau. «Demenz ist eine grausame Krankheit – für alle Beteiligten.»
Die zwei Tage, an denen Annemarie Knecht im Süssbach weilt, sind eine grosse Entlastung für Heinz Knecht. Er nutzt die Zeit, um all das machen zu können, wozu er Lust hat oder sonst keine Zeit findet. «Heute steht noch Laub wischen, haushalten, einkaufen und ein schönes Nachtessen vorbereiten auf dem Programm», sagt er. Es bleibe aber auch Zeit, um etwa Museen zu besuchen – eine grosse Leidenschaft des rüstigen Seniors. Golfen und Skifahren hingegen musste er wegen der intensiven Betreuung seiner Frau reduzieren beziehungsweise aufgeben.
«Ich habe einen wichtigen Fixpunkt in meinem Leben – mein Büro in der Firma Knecht in Windisch», sagt er. So geht er denn jeweils am Morgen kurz ins Büro, wenn sich seine Frau nach dem Frühstück nochmals hinlegt. Den Nachmittag verbringen sie zusammen, dank Generalabonnement meist mit kurzen Ausflügen. «Immer wieder mal hält Annemarie meine Hand und sagt – wenn du da bist, ist alles in Ordnung.»
Infos zur Tagesbetreuung im Pflegezentrum Süssbach, Tel. 056 462 68 00, tagesbetreuung@pz-brugg.ch.