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Grundsätzlich befürwortet Windisch das Regionale Gesamtverkehrskonzept Ostaargau. Die Zentrumsentlastung würde die Entwicklung allerdings hemmen, so die Gemeinde.
Bedenken hüben, Widerstand drüben: Das Regionale Gesamtverkehrskonzept Ostaargau (Oase) bewegt die Gemeinden und Parteien. Während der öffentlichen Anhörung konnten sie sich aktiv einbringen.
Die Gelegenheit, zur Anpassung des Richtplans Stellung zu nehmen, hat auch Windisch genutzt.
Grundsätzlich befürwortet die Gemeinde «die gesamtheitliche und proaktive Herangehensweise». Zur Erinnerung: Mit der Oase ist vorgesehen, die Zentren Brugg-Windisch und Baden vom Verkehr zu entlasten sowie das untere Aaretal besser an das Nationalstrassennetz anzubinden.
Handlungsbedarf sieht die Gemeinde Windisch bei der geplanten Zentrumsentlastung mit den drei Kernelementen Tunnelportal Süd, Betriebsanschluss Industrie sowie Anschluss Südwestumfahrung. Eine offene Hauptverkehrsachse mit einem täglichen Verkehrsaufkommen von rund 22'000 Fahrzeugen mitten durch das Bahnhofsgebiet stehe im Widerspruch zur proklamierten Siedlungsverträglichkeit, heisst es in der Stellungnahme.
Die Gemeinde verweist auf die revidierte Nutzungsplanung. Beschlossen worden ist, ein grosses Areal im Südosten des Bahnhofs Brugg von der Industriezone/Arbeitszone zur Wohn- und Arbeitszone umzuzonen. «Damit schneidet die zur Festsetzung vorgesehene Zentrumsentlastung potenzielles Wohngebiet.»
Gleichzeitig erwähnt die Gemeinde das Projekt «Stadtraum Bahnhof Brugg Windisch», das sich gegenwärtig in der Initialphase befindet. Das Areal in Bahnhofnähe verfügt über grosses Potenzial und soll städtebaulich attraktiver werden. Involviert sind verschiedene Interessensgruppen. Neben der Gemeinde Windisch sind es: Stadt Brugg, Brugg Immobilien AG, SBB sowie Kanton Aargau.
Die Beteiligung, die Grösse des Perimeters sowie die zentrale Lage in Bahnhofnähe lassen laut Gemeinde Windisch vermuten, «dass diesem raumwirksamen Vorhaben ein grosses kantonales Interesse gilt». Eine Abstimmung der Planung mit der Oase auf Stufe Richtplan sei entsprechend stufengerecht.
Die vorgeschlagene Zentrumsentlastung führt im Abschnitt Süd zu einer hohen Luft- und Lärmbelastung sowie einem starken Eingriff in die Landschaft und das Ortsbild, fasst die Gemeinde Windisch zusammen. «Insbesondere in Anbetracht der Transformation zu Wohnnutzungen ist dieser offene Streckenabschnitt nicht siedlungsverträglich und führt zu einer Abwertung des zentralen Entwicklungsgebiets.»
Die Gemeinde Windisch stellt die Anträge, ein Variantenstudium nachzuholen für die Trassierung der Zentrumsentlastung im Abschnitt Süd, die Tunnelstrecke so weit wie möglich zu verlängern und den Anschluss an die Südwestumfahrung Brugg zu überarbeiten.
Weiter sei die Notwendigkeit des Betriebsanschlusses Industrie zu prüfen. Die Zentrumsentlastung im Abschnitt Süd dürfe erst im Richtplan festgesetzt werden, wenn die Abstimmung mit der Gebietsentwicklung «Stadtraum Bahnhof Brugg Windisch» erfolgt sei.
Begrüsst wird dagegen die geplante Verlagerung zu einem höheren Anteil des öffentlichen Verkehrs sowie des Veloverkehrs am Gesamtverkehr. Der Veloverbindung über den Reusssteg in Unterwindisch nach Gebenstorf, die als Velo-Nebenroute im Veloverkehrsnetzplan eingezeichnet ist, kommt in den Augen der Gemeinde Windisch allerdings eine Bedeutung zu als wichtige Nord-Südverbindung, als Zubringer vom Reusstal ins Aaretal. Deshalb sei eine Aufklassierung zur Hauptverbindung oder Vorzugsroute sinnvoll.
Die Gemeinde weist zudem darauf hin, dass in den vorliegenden Dokumenten die Velovorzugsroute beim Fachhochschulcampus endet. «Mit einer Fortsetzung der Velovorzugsroute ins Eigenamt könnte viel zusätzlicher Verkehr auf das Fahrrad umgelagert werden», ist die Gemeinde überzeugt.
Ein wichtiges Element seien überdies die Velounterführungen zwischen Brugg und Windisch. Die Realisierung dieser Veloverbindungen soll nach Ansicht der Gemeinde vorgezogen und nicht abhängig von formellen Verzögerungen der Oase gemacht werden.
Zwar seien, gibt die Gemeinde Windisch ebenfalls zu bedenken, die Velo-Nebenverbindungen auf Gemeindestrassen grundsätzlich durch die Gemeinden zu finanzieren. Um die geplante Verkehrsverlagerung tatsächlich herbeizuführen, seien die Velo-Nebenverbindungen aber kantonal zu finanzieren.
Die SP-Fraktion des Windischer Einwohnerrats wertet in ihrer Stellungnahme zum Regionalen Gesamtverkehrskonzept Ostaargau (Oase) als positiv, dass «zum ersten Mal in der Verkehrspolitik des Kantons Aargau» die Planung von Strassen für den motorisierten Individualverkehr mit einer Planung für den Langsamverkehr und der übergeordneten Planung für den öffentlichen Verkehr verbunden wird. Allerdings wäre nach Ansicht der SP ein Konzept richtig, das dem Wachstum des motorisierten Verkehrsaufkommens aktiv entgegenwirkt.
Die Grünliberalen des Bezirks Brugg bezweifeln, «dass der Nutzen der langen Umfahrungsstrasse durch das Zentrum von Brugg-Windisch die grossen Eingriffe in Landschaft und Siedlungsgebiet sowie die exorbitanten Kosten rechtfertigt». Den Umfahrungsast durch das Gebiet des Brugger Schachens sehen sie als problematisch an, und im Zentrum von Brugg-Windisch überzeuge die Linienführung und insbesondere der geplante Anschluss bei den Kabelwerken nicht.
«Beim Langsamverkehr drängen sich sofort Massnahmen auf – und nicht erst 2040», stellt die GLP weiter fest, denn: «Rasch muss sich eine Kultur entwickeln, welche die Zweiräder und die zu Fuss Gehenden bei der Planung, bei Bauprojekten und bei Baustellen selbstverständlich vollwertig und bedürfnisgerecht berücksichtigt.»
Anderer Meinung ist die FDP-Bezirkspartei Brugg. Sie begrüsst das Oase-Konzept, erachtet es «im wahren Sinn des Wortes als weitsichtig, weil es auf einen Zeithorizont bis 2040, auf eine verkehrsmittelübergreifende Gesamtlösung und auf die Siedlungsentwicklung ausgerichtet ist».
Über die Verlängerung der Tunnelstrecke unter der Aare und dem Bahnhof Brugg hindurch bis zur Südwestumfahrung lasse sich diskutieren. Ebenso zu prüfen sei der vorläufig vorgesehene Kabelwerk-Anschluss. Es gehe darum, so die Bezirkspartei, das Konzept Oase im kantonalen Richtplan zu verankern und dadurch den Raum für künftige Verkehrsanlagen freizuhalten. Die FDP gibt in ihrer Stellungnahme der Hoffnung Ausdruck, dass die jetzigen Ostaargauer Verkehrsentwicklungspläne nicht wieder, wie viele vergangene Pläne, in einer Schublade landen. (mhu)