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Die beiden Windischer Einwohnerräte Mirjam Aebischer (SP) und Philipp Umbricht (FDP) können den Unmut der Gemeindepräsidentin im Fall KESD nicht nachvollziehen.
Der Gemeindeverband «Soziale Dienstleistungen Region Brugg» hat für viel Gesprächsstoff gesorgt an der Sitzung des Windischer Einwohnerrats Anfang November. Konkret: der vom Gemeinderat beantragte Austritt aus dem Fachbereich Kindes- und Erwachsenenschutzdienst (KESD). Nach einer langen, intensiven Debatte – und in einer geheimen Abstimmung – ist schliesslich mit 14 zu 21 Stimmen der Entscheid gefallen gegen den Austritt (die AZ berichtete).
In einem Interview in der Zeitung «General-Anzeiger» sagt die Windischer Gemeindepräsidentin Heidi Ammon, dass der Entscheid zu akzeptieren sei, sie diesen persönlich aber nicht nachvollziehen könne. «Der Gemeinderat wollte seine Verantwortung gegenüber den verbeiständeten Personen wahrnehmen und sich für eine zielorientierte Unterstützung und Begleitung dieser Menschen einsetzen», so die Gemeindepräsidentin. Der Einwohnerrat habe einen politischen Entscheid gefällt.
«Der Gemeinderat Windisch hat gelernt, dass es in dieser Geschichte neben der menschlichen auch eine politische Komponente gibt und diese in einem Wahljahr eine übergeordnete Rolle spielt – auf Kosten unterstützungsbedürftiger Menschen», antwortet Heidi Ammon auf die Frage nach den Lehren, die aus dem Fall KESD gezogen werden.
Die Einwohnerräte Mirjam Aebischer (SP) und Philipp Umbricht (FDP) ärgern sich über diesen Tadel für die Legislative und haben eine gemeinsame Stellungnahme verfasst. Die Diskussionen zum beabsichtigten Austritt von Windisch aus dem Gemeindeverband «Soziale Dienstleistungen Region Brugg» seien wichtig gewesen und sehr sachlich und differenziert geführt worden, halten sie fest. Zwar hätten Gemeinderat und Sozialdienst quer durch die Parteien hindurch viel Verständnis geerntet für die schwierige Zusammenarbeit mit dem KESD. Mehrere Punkte hätten allerdings gegen den Austritt gesprochen.
Denn fachlich gesehen ist es laut Aebischer und Umbricht richtig, die Aufgabe des KESD regional zu lösen. «Der Beistand oder die Beiständin, die für einen Menschen zuständig ist, ist ihre Vertretensperson und muss sich für ihre Interessen einsetzen.» Komme eine finanzielle Beteiligung der Gemeinde dazu – zum Beispiel finanzielle Hilfe oder Fremdplatzierung – und sei der Beistand gleichzeitig Gemeindeangestellter, könne dies sehr schnell zu einem Interessenskonflikt führen. «Ein regionaler Dienst gewährt mehr Unabhängigkeit!»
Weiter weisen Aebischer und Umbricht darauf hin, dass der Gemeindeverband «Soziale Dienstleistungen Region Brugg» erst seit knapp zwei Jahren besteht. «Dass der Verband Startschwierigkeiten hatte, erstaunt nicht», führen sie aus, wurden doch drei unterschiedliche Beratungsstellen mit unterschiedlichen Betriebskulturen zusammengeführt: die Amtsvormundschaft, die Jugend- und Familienberatung sowie die Mütter- und Väterberatung.
Dabei habe es Fehler gegeben in der Führung – hier machte der Einwohnerrat ein Problem aus – und es sei zu vielen Stellenwechseln gekommen. «Trotz dieser Anfangsschwierigkeiten ist der Gemeindeverband organisatorisch und fachlich gesehen die richtige Lösung für den KESD», sind Aebischer und Umbricht überzeugt. Die Begleitung von Menschen im Rahmen der sozialen Arbeit, fahren sie fort, bewirke immer auch, dass Einzelne mit der Betreuung nicht zufrieden seien. «Beim Kindes- und Erwachsenenschutzdienst KESD ist das besonders stark: Viele Begleitungen sind nicht freiwillig.»
An der Sitzung des Einwohnerrats hätten die Gemeindepräsidentin sowie die Leiterin des Sozialdiensts die Ausgangslage sehr emotional, ohne professionelle Distanz dargelegt, fügen Aebischer und Umbricht an. Der Einwohnerrat habe im Interesse der Sache beschlossen, im Verband zu verbleiben. An der Sitzung habe Gemeindepräsidentin Heidi Ammon nicht nur ihren Unmut über den Entscheid des Einwohnerrats geäussert. Am Ende habe sie sogar festgehalten, dass sie nicht mehr für eine neue Amtsperiode kandidiert hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Arbeit von Gemeinderat und Verwaltung vom Einwohnerrat derart desavouiert würde.