Heute vor 100 Jahren wurde der damals 44 Jahre alte Ständerat Edmund Schulthess zum Bundesrat gewählt. Viermal war er in der Folge Bundespräsident, zuletzt 1933.
17. Juli 1912: Kanonendonner hallt durch Brugg und Aarau. Eben hat die Bundesversammlung den 44-jährigen Brugger Anwalt und Ständerat Edmund Schulthess im ersten Wahlgang in den Bundesrat gewählt. Um 20 Uhr fährt er in einem Sonderzug in Brugg ein. Von einer «unabsehbaren Menschenmenge» umjubelt, wird er im Triumphzug zur Schützenmatte geführt, wo der Stadtrat allen Anwesenden Freibier und den Ehrengästen Wein kredenzen lässt. «Brugg hat noch nie eine solch grossartige Kundgebung gesehen», rapportierte das «Brugger Tagblatt».
23 Jahre im Amt
Von 1912 bis 1935 leitete Schulthess das Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement, ab 1915 Volkswirtschaftsdepartement genannt. Viermal war er Bundespräsident, zuletzt 1933. Er hatte wirtschaftlich schwierige Zeiten und Krisen zu meistern; seine Leistung wurde von allen Parteien anerkannt. Er sei, so das Echo bei seinem Rücktritt mit 67 Jahren, der richtige Mann am richtigen Ort gewesen. Doch er blieb auch von Rückschlägen nicht verschont. So setzte er sich mit grosser Leidenschaft für die Schaffung einer Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) ein. Weite bürgerliche Kreise und ein Teil der Linken bekämpften diese Vorlage als «Staatssozialismus» und «Bettelsuppe». Das Volk lehnte die AHV 1931 ab.
Am 2. März 1868 war Edmund Schulthess auf dem stattlichen Gutsbetrieb Aarhof in Villnachern zur Welt gekommen. Er besuchte die hiesige Gemeindeschule, die Brugger Bezirksschule, die Kantonsschule in Aarau und absolvierte ein Jusstudium. Mit 23 Jahren eröffnete er in Brugg eine Anwaltspraxis. Er übernahm das Verwaltungsratspräsidium der Aargauischen Hypothekenbank und der Buchdruckerei Effingerhof, wurde 1900 Rechtsberater und Revisor der AG Brown, Boveri & Cie. in Baden, 1904 sogar Direktor der BBC – allerdings nur für ein halbes Jahr.
Einsatz für Vindonissa-Museum
1909 wurde in seinem Büro die Bronzewarenfabrik AG Turgi (BAG) gegründet. Er setzte sich als Brugger Bürger aber auch für das Vindonissa-Museum und das Bezirksspital ein. Die politische Karriere begann Edmund Schulthess als Grossrat und Grossratspräsident. 1905 kam es zu einer Kampfwahl um den frei gewordenen Aargauer Ständeratssitz. Der Brugger hatte ausgerechnet gegen einen anderen Brugger anzutreten: den populären Arzt und Stadtammann Hans Siegrist. Schulthess, der dem linken, radikalen Flügel der freisinnigen Partei angehörte, gewann.
Tod in Bern
Unterstützt wurde er unter anderem vom Aargauischen Bauernverband und von der Katholisch-Konservativen Volkspartei. Sieben Jahre später die Wahl in den Bundesrat.
Edmund Schulthess starb am 22. April 1944 in Bern.
Quelle: Stadtgeschichte «Brugg erleben»; Biografisches Lexikon des Kantons Aargau.