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Der europaweit einzigartige Vermittungsort für römische Geschichte in Windisch feiert seinen ersten runden Geburtstag. Wie kam es zur Eröffnung? Thomas Pauli erzählt es.
Heute braucht man den Legionärspfad nicht mehr vorzustellen. Er hat sich als Aushängeschild der Aargauer Kulturlandschaft auch national etabliert. Dabei vergisst man leicht, wie jung der Legionärspfad eigentlich noch ist: Am nächsten Wochenende feiert er seinen 10. Geburtstag.
Als der Archäologe Thomas Pauli-Gabi im Jahre 2001 seine Stelle als Grabungsleiter in Vindonissa antrat, stand das ehemalige römische Heerlager bezüglich der öffentlichen Wahrnehmung noch klar im Schatten der national bekannten Römerstadt Augusta Raurica. «Augusta Raurica war der leuchtende Stern in der Archäologie. Daneben war Vindonissa in der allgemeinen Wahrnehmung unbedeutend, der Begriff hatte keine Kraft», erinnert sich Pauli.
Zwischen den einzelnen Fundstellen bestand kein ersichtlicher Zusammenhang, die wenigen Besucher erhielten kaum Informationen. Wichtige Funde schlummerten in den Depots. Eine Verbindung zwischen dem Vindonissa-Museum in der Stadt Brugg und den bedeutenden Fundstellen war nicht erkennbar. «Da bestand grosser Handlungsbedarf», sagt Pauli rückblickend.
Pauli handelte. Im Rahmen eines Zusatzstudiums als Kulturmanager beschäftigte er sich zusammen mit drei Mitstudierenden in seiner Masterarbeit mit der Frage, wie die Bedeutung von Vindonissa einem breiten Publikum besser vermittelt werden könnte. Sie lieferten auch gleich die Antwort und erfanden den «Legionärspfad Vindonissa».
Beim Kanton fiel die Idee auf fruchtbaren Boden, hatte die Regierung doch 2003 die Vindonissa-Strategie verabschiedet mit dem Ziel, die einzigartige Fundstelle weiter zu erforschen, besser zu schützen und die Bekanntheit deutlich zu steigern. Pauli übernahm, neben seiner Tätigkeit als Grabungsleiter, auch die Projektleitung für den Legionärspfad; die Vereinigung «Freunde Vindonissapark» um Edwin Somm, Andreas Binder und Maja Wanner kümmerte sich um die notwendigen Finanzen und sammelte 1,8 Millionen Franken. Und vom Swisslos-Fonds kam die Zusage für einen Projektbeitrag von 680 000 Franken pro Jahr.
Im Sommer 2009 konnte der Legionärspfad eröffnet werden; Markenzeichen des in Europa wohl einzigartigen Vermittlungsortes für römische Geschichte sind seither das Übernachtungsangebot in den original- getreu rekonstruierten Contubernia und die Spiel- und Thementouren.
Doch kurz nach der Eröffnung folgte die Ernüchterung. Die angepeilten Besucherzahlen konnten nicht erreicht werden. «Wir mussten erkennen, dass der unbekannte Legionärspfad mehr Marketing-Power braucht», sagt Pauli. Mit der Integration ins Museum Aargau eröffneten sich für den Legionärspfad dann auch ganz neue Möglichkeiten im Bereich der Kommunikation. Die Folge davon: Die Besucherzahlen stiegen kontinuierlich; inzwischen haben insgesamt schon rund 350 000 Besucherinnen und Besucher den als Spiel in der Landschaft angelegten Legionärspfad besucht.
2011 wurde der Legionärspfad von Tourismus Schweiz in der Kategorie «herausragende Projekte» mit dem «Milestone» ausgezeichnet.
Tatsächlich ist der Legionärspfad längst eine Attraktion mit nationaler Ausstrahlung geworden. Das belegen die Zahlen: 65 Prozent der Besucher stammen nicht aus dem Aargau. Und mit rund 3800 Übernachtungen pro Jahr sind die Contubernia auch als Hotel ziemlich erfolgreich. Nach einiger Unsicherheit ist nun klar: Die nachgebauten römischen Truppenunterkünfte müssen nicht abgebrochen werden, sondern dürfen bis 2040 stehen bleiben.
Auch in der Politik ist der inzwischen von Rahel Göldi geleitete Legionärspfad angekommen und als Erfolgsgeschichte anerkannt. So hat der Grosse Rat beschlossen, ab 2020 den Betrieb jährlich mit 680 000 Franken zu unterstützen, nachdem der Swisslos-Beitrag dieses Jahr zum letzten Mal ausgerichtet wird.
Thomas Pauli ist heute Leiter der Abteilung Kultur beim Kanton. Für ihn ist klar, dass sich der Legionärspfad stetig verändern und weiterentwickeln muss: «Es soll den Leuten ja nicht langweilig werden», sagt er. Und zudem halte Vindonissa noch viele Überraschungen bereit. Zum Beispiel das römische Spital «Valetudinarium», das eine neue Attraktion des Legionärpfades werden wird.
«In Vindonissa befand sich das erste Spital der Schweiz mit 60 Krankenzimmer und ausgebildetem medizinischem Personal. Und just über diesen Ruinen wird nun ein neuer Spitaltrakt der Psychiatrischen Dienste entstehen», erklärt Thomas Pauli. Für ihn ist das Potenzial des Vindonissaparks noch lange nicht ausgeschöpft. «Auf dem gleichen Areal Königsfelden ereignete sich epochale römische und habsburgische Geschichte, die bis heute nachwirkt; da bestehen Zusammenhänge, die es aufzuzeigen und insbesondere einem jungen Publikum spannend zu vermitteln gilt.»
Doch vorher wird am nächsten Wochenende in Vindonissa öffentlich und ausgiebig die Erfolgsgeschichte «Legionärspfad» mit einem zweitägigen Fest gefeiert.
Der Legionärspfad Vindonissa feiert zusammen mit dem Förderverein Freunde Vindonissapark sein 10-Jahr-Jubiläum mit einem zweitägigen Fest. Am Samstagabend steigt als Highlight das grosse Festessen «Römer-Teilete». Dieses wird mit Auftritten von zeit-genössischen Persönlichkeiten wie Regierungsrat Alex Hürzeler und
antiker Prominenz – Nero persönlich – garniert. Der Eintritt in den Legionärspfad und sämtliche Spiel- und Themen-Touren mit Audioguide sind das ganze Wochenende kostenlos.
Alle sind zum römischen Festessen eingeladen und tragen etwas zum Buffet bei. Sie bringen Teller, Schüsseln und Platten voller mediterraner Speisen und teilen diese an der grossen Festtafel. Informationen zur Anmeldung und Speisen finden Interessierte unter www.legionaerspfad.ch. Es gibt Vindonissa Wy und später am Abend Römer-Drinks an der Römer-Bar.
Legionäre und Römerinnen wandeln durch das Festgelände
und treten mit den Gästen in Kontakt. Sie parlieren über ihre Leibspeisen und Tischsitten, über Freuden und Leiden im Legionslager und natürlich darüber, wie Römer richtig feiern. Am Sonntag kann nebst den Spiel- und Thementouren auch die Römerwerkstatt Fabrica kostenlos besucht werden und ein Shuttle Service bringt die Besucherinnen und Besucher zum Vindonissa Museum in Brugg. (AZ)