Gemeinderat Heinz Wipfli tritt zurück; er sagt, wann er am Anschlag war und wo er die Gemeinde künftig sieht
Heinz Wipfli: Die Arbeit zusammen mit dem Gemeinderatsamt wurde mehr und mehr zu einer Belastung. Neben meinem 100-Prozent-Pensum als Projektleiter bei den SBB entspricht die Gemeinderatsarbeit – eng gefasst – einem 25-Prozent-Pensum. Dazu kommen freiwillige Einsätze mit repräsentativem Charakter. In dieser Kombination ist es zu viel.
Ja, das ist aber in den meisten Fällen nicht möglich. In den letzten beiden Amtsperioden gingen wir von einem 15-Prozent-Pensum aus. Das wurde zusammen mit dem Einwohnerrat vor zwei Jahren geändert und das Referenzpensum nach oben angepasst.
Nein, überhaupt nicht. Ich arbeite im Rat mit, weil es mir Spass macht. Meine Motivation ist, das Wissen von meinem Beruf in meiner Gemeinde einzubringen.
Gefordert hat mich der Umstand, dass Hanspeter Scheiwiler so viel Erholungszeit brauchte. Die Situation musste von Monat zu Monat neu beurteilt werden. Dieser Prozess war sehr schwierig.
Ich kam völlig an den Anschlag. Ich brachte das Privatleben, den Beruf und die Gemeindearbeit nicht mehr unter einen Hut. Meine Söhne und meine Frau rieten mir, eine Grenze zu ziehen. In der Folge gab ich den Job ab und schaffte mir dadurch die nötige Zeit für die Gemeindearbeit. Das war eine sehr intensive und tolle Zeit mit Campus-Eröffnung, Grossprojekten wie Kunzareal, ARA-Sanierung etc.
Ich hätte sicher höhere Chancen gehabt, wenn ich von Anfang an bei den Wahlen mitgemacht hätte. Die Kandidatur bereue ich nicht. Grundsätzlich ist es immer ein Vorteil, wenn die Stimmbürger zwischen zwei Personen wählen können.
Nein, dann wäre die Situation ganz anders. Das Ammann-Amt ist dann der Hauptberuf und ergänzend würde ich einer Nebenbeschäftigung nachgehen.
Zu Beginn meiner Amtszeit hat die Windischer Bevölkerung zweimal das Budget mit einer Steuerfusserhöhung abgelehnt. Als Massnahme durfte ich im Gemeinderat die Sanierung der Gemeindefinanzen führen und es ist uns gelungen, die finanzielle Situation zu stabilisieren. Das ist die erste tolle gemeinsame Leistung. Gleichzeitig haben wir die enorme Entwicklung in der Gemeinde Windisch mitgetragen und finanziert. Es ging dabei nicht nur um eine Sanierung, sondern um aufwendige Erschliessungen von Baugebieten und den Unterhalt der Infrastruktur. Denken Sie nur an die gewaltige Baustelle auf dem Kunzareal in Unterwindisch! Entstanden ist ein neues, trendiges Quartier.
Als Energiestadt haben wir einen tollen Stand erreicht. Ich persönlich hätte das heutige Angebot mit Wasserstrom als Basis und Ökostrom als Wahlprodukt gerne noch weiter entwickelt.
In Windisch gibt es ein grosses Potenzial für Alternativenergie wie Photovoltaik-Anlagen. Bewohner, die selber Solarstrom produzieren, können ihn im Gemeindewerk abgeben und bekommen einen sehr guten Preis dafür. Die Rahmenbedingungen stimmen. Das Angebot wird aber zu wenig genutzt. Als Energiestadt müssten wir noch besser vorleben und vermarkten.
Als ich mein Amt antrat, hatten alle Werke betriebswirtschaftliche Probleme. Sie waren verschuldet und hatten Nachholbedarf im Unterhalt. Heute steht jedes Gemeindewerk auf einem gesunden Fundament. Dies ist nicht direkt eine Frage von Stolz, sondern ich erachte es als eine Selbstverständlichkeit.
Ich würde der regionalen Zusammenarbeit mehr Aufmerksamkeit schenken. Wir hätten die vielen Chancen in den letzten Jahren für die Pflege und den weiteren Aufbau der Zusammenarbeit besser nutzen können.
Das Fusionsthema ist für mich eine natürliche Weiterentwicklung. Selber empfinde ich dieses Thema auf dem Parkfeld, was ich nicht gut finde.
Das ist ein Image. Wenn wir dahinter die Werte betrachten, sieht es schon anders aus. Wir machen einen gewaltigen Umbruch durch – und haben noch Potenzial für weitere Entwicklungen. Was wir bei den IBB mit unseren technischen Betrieben einbringen könnten, würde unsere Schulden mehr als begleichen. Gesamthaft gesehen wäre Windisch eine attraktive Fusionspartnerin.
Ja, auf jeden Fall, würde sich hier eine noch engere Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden lohnen. Vieles wäre weniger aufwendig und kostengünstiger.
Wichtig sind die Pflege der Beziehung und das gegenseitige Vertrauen. Um das zu ändern, braucht es eine wachsende Zusammenarbeit, welche über die Tagesprobleme und Rosinenpickerei hinausgeht.
Mit der Vision Mitte und dem Campus-Neubau hatten wir ein gemeinsames Ziel und zogen am gleichen Strick. Dort ansetzend könnte zum Beispiel in Sache Bildungsstandort Brugg-Windisch eine breit abgestützte Nachfolgeorganisation mit neu definierten Zielen entstehen.
Das BWZ ist ein regionales Thema und über Brugg hinaus von Bedeutung. Wir müssen gemeinsam aktiv werden. Eigentlich hätten wir das vor Jahren aufnehmen müssen und nicht erst jetzt.
Das würde ich nicht sagen. Aber grundsätzlich ist es nie gut, wenn wir erst kurz vor der Entscheidung aktiv werden. Auf jeden Fall ist die Situation sehr kritisch und es braucht einen geschlossenen, starken Auftritt.
Neben der regionalen Zusammenarbeit sind für mich die Steuern ein Thema. In der Tendenz soll der Steuerfuss gesenkt werden. Weiter benötigt der Verkehrsfluss – inklusive Langsamverkehr – und die Sicherheit auf den Strassen unsere grosse Aufmerksamkeit.
Ich habe dies vermutet. Das 25-Prozent-Pensum für dieses Amt ist eine Hürde, die es Interessierten schwierig macht, Beruf und Politik unter einen Hut zu bringen.
Da müssen wir wirklich aufpassen. Ich würde einen solchen Trend bedauern. Personen, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen und ihre Erfahrung im Gemeinderat einbringen, sind für mich ideale Kandidaten.
Würde sich der Rat auf die strategische Führung einer Gemeinde fokussieren und sich operativ nur nach Bedarf einbringen, liesse sich das Pensum für die Gemeinderäte auf ein vertretbares Mass reduzieren. Beruf und Politik könnten besser kombiniert werden.
Ja, das geschieht immer wieder. Bei der Betriebsführung in der Verwaltung sollte sich der Gemeinderat meiner Ansicht nach in der Regel nicht einmischen.
Ich werde sicher pausieren, bleibe aber Mitglied der CVP und werde die politischen Themen mit Interesse weiterverfolgen. In der Zukunft kann ich mir durchaus wieder ein stärkeres Engagement vorstellen.
Dass ich wieder mehr Zeit mit meiner Frau verbringen kann. Ferien und Reisen waren in den letzten Jahren immer eine richtige Spagatübung.
Ja. Die Windischer Bevölkerung erwartet, dass Brugg und Windisch zusammenwachsen. Meine Vision ist, dass es in 15 Jahren eine Gemeinde Brugg-Windisch-Hausen möglicherweise mit Mülligen und Habsburg gibt, ohne dass die Ortsteile ihre Eigenheiten aufgeben müssen.
Ich habe mich während zehn Jahren dafür eingesetzt, dass an den Sitzungen Windischer Hahnenwasser statt Mineralwasser in PET-Flaschen ausgeschenkt wird. Im Gemeinderat war ich erfolgreich. Beim Einwohnerratsbüro klappte es leider bisher nicht. Ich wünsche mir, dass sich das noch ändern wird und auch die Einwohnerräte unser ausgezeichnetes Windischer Hahnenwasser trinken dürfen.