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Naturfotograf Daniel Schneeberger konnte sechs junge Turmfalken beobachten und hat das Erlebnis niedergeschrieben.
Es macht schon Freude, als Naturfotograf ein ganzes Wochenende damit verbringen zu dürfen, junge Turmfalken zu beobachten. Aber wie bin ich zu diesem wahrhaften Highlight gekommen? An einem Freitagmorgen erreichte mich die Information, dass der Turmfalkenkasten in Rüfenach vor zwei Monaten angenommen und besetzt wurde. Natürlich war meine erste Handlung nach der Arbeit der Griff zur Kamera und die Fahrt ins Nachbardorf Rüfenach zum Falkenkasten.
Kaum bin ich ausgestiegen und ums Eck des Gebäudes gegangen, gucken mich auch schon vier Falkenaugen an, die über den Rand des Kastens frech herunterschauen. Ich suche mir einen optimalen Platz, um eine möglichst gute Einsicht zu bekommen. Zum Glück gibt es freundliche Nachbarn, die mir Gastrecht auf ihrem erhöhten Sitzplatz anbieten. Ich nehme das Angebot an und positioniere mich. Der Blick auf den Falkenkasten gegenüber und auf den Ansitz der adulten Turmfalken ist fantastisch. Die Eltern der jungen Falken kommen im 10-Minuten-Takt mit Futter angeflogen.
Turmfalken sind vor allem Felsbrüter, die in entsprechend felsigen Regionen bevorzugt in Spalten und Höhlen brüten. Wie alle Falken bauen auch Turmfalken keine Nester. In felsarmen Regionen nutzt der Turmfalke die Nester anderer Vogelarten. Er benutzt in der Regel vorjährige und verlassene Nester. Gerne nutzt er Nisthilfen, die meist von Natur- und Vogelschutzvereinen an geeigneten Orten montiert werden. Dabei bedarf es doch immer wieder an gutem Willen der Hausbesitzer.
Der Turmfalke legt meist drei bis sechs Eier, in der Regel ab Mitte April. Die ockergelblich bis braunen Eier sind meist stark gefleckt und zwischen 3,4 und 4,4 Zentimeter lang. Das Weibchen brütet die Eier überwiegend allein aus. Die Jungen schlüpfen nach etwa 27 bis 29 Tagen. In den ersten Tagen sitzt das Weibchen fast ständig auf ihnen und wärmt die Jungvögel, was man hudern nennt. Sie verlässt das Nest nur für den kurzen Zeitraum, der notwendig ist, um vom Männchen die Nahrung zu übernehmen. Ab der zweiten Lebenswoche stellt das Weibchen das Hudern mehr und mehr ein. Ab jetzt füttern beide Elternteile unabhängig voneinander.
Bei den sechs Jungvögeln gegenüber ist die vierte Woche beim Zeitpunkt meines Besuchs praktisch vorbei, denn sie haben kein Daunenkleid mehr, sondern ausgebildete Federn. Das Männchen fliegt mit einer Eidechse an, während das Weibchen eine weitere Maus heranträgt. Die abendliche Dämmerung lässt mich langsam zusammenpacken. Das Angebot, morgen in der Früh wieder diesen Platz nutzen zu dürfen, nehme ich gerne an.
Es ist 6.15 Uhr, als ich mich am nächsten Morgen wieder leise auf dem Sitzplatz einrichte. Gegenüber in der Kiste herrscht bereits reges Treiben. Die Sonne taucht die Scheunenwand in ein warmes Licht. Der Nistkasten selber ist aber ideal geschützt im Schatten. Von den Altvögeln ist noch nicht viel zu sehen. Das Weibchen hat seine Nacht auf einem Dachbalken des Nebengebäudes verbracht und putzt sich gerade komplett. Das Männchen macht einen kurzen Sprung von seinem Nachtquartier hoch auf das Dach. Auch es beginnt sofort mit der morgendlichen Pflege des Gefieders.
Bereits stehen zwei der sechs Jungvögel immer wieder auf der Nestkante, während die anderen im Hintergrund heftig die Flügel schlagen und ihre Muskeln trainieren. Plötzlich steigen die beiden Altvögel in die Höhe und machen sich auf, Futter für die Sechslinge zu jagen. Es dauert nicht lange und die ersten Mäuse werden verfüttert. Es wird wohl nicht mehr lange dauern und die ersten Jungen werden sich ins Abenteuer Falkenleben aufmachen.