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Die Bäckerei Lehmann hat die Türen ihrer Filiale in Villigen geschlossen. Jetzt springt das Gourmet-Restaurant Hirschen in die Bresche – vorläufig auf Probe.
Der «Hirschen» in Villigen, von Feinschmeckern gerne besucht, betritt Neuland und bietet frisches Brot, köstliches Gebäck und hausgemachte Sandwiches an – auch über die Gasse.
Der Hintergrund: Ende November schloss die benachbarte Bäckerei Lehmann ihre Filiale. Diese sei praktisch gewesen für das Restaurant und das Hotel, sagt Stephane Wirth, der den «Hirschen» zusammen mit Nadja Schuler führt. «Für unsere Gäste standen jeden Morgen Brote und Gipfeli zur Verfügung.» Wirth musste sich nach einer Lösung umsehen und hat entschieden, selber ein kleines, feines Sortiment aus auserlesenen Produkten anzubieten. Er möchte, sagt er, den bestehenden Kunden, der Bevölkerung und den Pendlern die Möglichkeit geben, weiterhin ihr Znüni zu kaufen. «Es wäre extrem schade für das Dorf, wenn dieser Treffpunkt verloren ginge.»
Fünf Sorten Brot und sieben Sorten Gebäck hat Wirth im Angebot. Er fahre eine französische Linie, mit Baguette, Brioche oder Zopf, die er von einem Lieferanten beziehe. Denn obwohl er die entsprechende Ausbildung hätte, könne er leider nicht selber produzieren, weil im «Hirschen» die entsprechende Infrastruktur fehle, räumt er ein. Die Produkte, schwärmt er, seien alle sorgfältig und aus hochwertigen Zutaten hergestellt. Der Butter-Anteil sei hoch – typisch französisch halt. Als eingewanderter Franzose habe er solche Gipfeli in der Schweiz lange vermisst, fügt er mit einem Lachen an. «Man soll Lust haben, herzhaft zuzubeissen.»
Mitten im Restaurant hat Wirth eine Verkaufstheke eingerichtet – vorläufig auf Probe für diesen Monat. Findet die Idee Anklang, wird sie im nächsten Jahr weitergeführt. «Ziel ist es natürlich, einen minimalen Umsatz zu erreichen, damit dieser Bereich rentabel ist.» Je nach Erfahrungen angepasst werden müssten allenfalls die Öffnungszeiten, derzeit von Dienstag bis Samstag, 5.45 bis 14 Uhr und von 17 bis 18 Uhr.
Die ersten Reaktionen, freut sich Wirth, sind vielversprechend: «Das Angebot kommt bei vielen super an.» Es sei im «Hirschen» schon zu- und hergegangen wie in einem Bistro in Frankreich. Es wurde Espresso getrunken und Zeitung gelesen, der Einheimische sass neben dem Geschäftsmann, der Stammgast neben dem Handwerker. Genauso gemütlich muss es laut Stephane Wirth sein. «Das ist fantastisch.» Denn auch wenn der «Hirschen» mit 13 Gault-Millau-Punkten dekoriert sei: Die Leute aus allen Schichten sollen das Lokal ohne falsche Hemmungen betreten können, betont der Gastgeber.
Warum hat die Bäckerei Lehmann, die ihren Sitz in Schinznach-Dorf hat, den Standort Villigen aufgegeben? Tamara Lehmann verweist auf den seit mehreren Jahren – seit der Eröffnung des Aareparks in Würenlingen – rückläufigen Umsatz. Dazu komme, dass sich die Parkplatzverhältnisse geändert hätten mit der Gartenwirtschaft vor dem «Hirschen». Die Kunden seien heute nicht mehr bereit, für ein Gipfeli am Morgen hinter dem Haus zu parkieren. Auch sei die Beschriftung des Ladens am zurückversetzten Gebäude nicht genügend auffällig gewesen, hält Tamara Lehmann fest. Nicht zu vergessen sei überdies, dass die Hofläden eine hohe Unterstützung der Bevölkerung geniessen.
Mit der Schliessung in Villigen sei zugewartet worden, bis den Verkäuferinnen eine andere Stelle angeboten werden konnte, ergänzt Tamara Lehmann. Durch die kürzlich erfolgte Eröffnung in Brunegg sei dies nun der Fall gewesen.