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Er ist eines der Gesichter des nächtlichen Bruggs. Er war im «Havanna» anzutreffen und im «EG». Jetzt schmeisst Bruno Vogel das «Katarakt» – seine neue Liebe. Vogel blickt auf ein erstaunliches Leben zurück.
Wer regelmässig durch die Kneipen von Brugg tourt, wird ihn vermutlich kennen. Im «Havanna» war er die rechte Hand des Chefs, im «EG» Herr über die Zapfhähne. Jetzt hat Bruno Vogel – immer gut aufgelegt, Bart im Gesicht, Schiebermütze auf dem Kopf – Nägel mit Köpfen gemacht und sich einen lang gehegten Traum erfüllt: den der eigenen Bar. Letzten September hat er sie mithilfe eines Kollegen eröffnet und auf den ungewöhnlichen Namen «Katarakt» getauft. Der passt aber wortwörtlich wie die Faust aufs Auge, denn Bruno lebt selbst mit dem Katarakt, dem grauen Star, wie die Trübung seines linken Sehorgans deutlich verrät.
Etwas zerknittert von einer langen Nacht trifft der frisch gebackene Gastwirt vor der denkmalgeschützten Liegenschaft «Zum scharfen Eck» ein, wo seine Bar untergebracht ist. Er schliesst die unscheinbare, graue Tür auf. Die warme Gaststube des «Katarakt» strahlt Gemütlichkeit aus, in den Holzkästen an der Wand schmücken unter anderem ein antikes Telefon, ein Schiffskompass und sogar eine alte Registrierkasse das Bild der Bar. Weitere Farbtupfer setzen die hell erleuchteten, farbigen Flaschen hinter der Theke.
«Es läuft sehr gut», freut sich Bruno, der bei einer Tasse Kaffee allmählich zu neuem Leben erwacht. «Meine grösste Sorge war, dass mir das ‹Katarakt› selbst zwar gefällt, den Gästen aber überhaupt nicht zusagt.» Das sei glücklicherweise nicht der Fall und auch das Feedback zur neuen Bar in der Altstadt sei durchweg positiv. «Sicher hatte ich den Vorteil» so der Gastwirt weiter, «dass mich viele Leute bereits kennen und ‹gwundrig› waren, was ich hier geschaffen habe. Viele haben reingeschaut, sind geblieben und zählen heute zu meinen Stammgästen.»
Seit vier Jahren jobbt Bruno bereits durch das Nachtleben in Brugg und hat in der Gastronomie seine wahre Berufung gefunden. Bis dorthin war es aber eine lange Reise mit reichlich Umwegen. Der heute 34-Jährige ist gelernter Konditor und Confiseur – trat also jeweils um halb vier Uhr morgens zum Dienst an. «Trotz der nächtlichen Arbeitszeiten», erklärt Nachtschwärmer Bruno, «ging ich abends nicht ins Bett. Nach gut zwei Jahren auf dem Beruf bin ich dann ziemlich fertig gewesen. Es musste etwas Neues her»
Es folgten die unterschiedlichsten Jobs: als Lagerist, als Gerüstbauer, eine Saisonstelle als Tellerwäscher in einem Gstaader Restaurant. Nach einer dreimonatigen Reise durch Australien bildete sich Bruno schliesslich zum technischen Kaufmann weiter und betreute den Kundendienst eines Unternehmens für Haushaltsgeräte. «Für neue Sachen bin ich immer offen», sagt er heute. «Man lernt so viel, wenn man in verschiedene Bereiche schaut. Es bringt einen als Mensch weiter.»
Eine typische Bar ist das «Katarakt» nicht. Kein schummriges Licht, keine laute Musik – Bruno setzt auf helles und ruhiges Ambiente in seiner Gaststube. «Mir ist es wichtig, dass die Gäste hier gut miteinander reden können», erklärt der sympathische Wirt, der selbst für sein Leben gern mit den Menschen in seinem Umfeld plaudert. «Für sie soll das ‹Katarakt› zum entspannten Treffpunkt werden.»
Für das leibliche Wohl seiner Gäste sorgt Bruno mit wechselnden Spezialbieren und einer ansehnlichen Auswahl von Whiskys – ein Thema, bei dem der Gastwirt richtig aufblüht. Fachkundig referiert er über die idealen Klimaverhältnisse für die Getreideernte, die Dauer der Fasslagerung, über aufstrebende japanische Whisky-Brennereien – und man merkt einmal mehr: Dieser Mann lebt für seinen Beruf. In der Tat habe er neben der Arbeit im «Katarakt» kaum Zeit für andere Aktivitäten. «Für mich ist das aber schön», erklärt Bruno und fügt an: «Gäste zu bewirten und zu sehen, dass sie sich wohlfühlen, das ist grossartig.»
Für seine Bar hat Bruno noch so manche Idee im Kopf, die er gerne umsetzen möchte. Eine Whisky-Degustation könne er sich vorstellen oder ein Akustik-Gitarrist, der im Hintergrund für eine spezielle Atmosphäre im Gastraum sorgt. «Einfälle habe ich viele, nur an der Umsetzung hapert es manchmal», lacht der 34-Jährige. «Die besten Ideen werde ich aber sicher verwirklichen.»
Auf sein Augenleiden angesprochen und die Frage, ob er den grauen Star denn nicht operativ beheben lassen möchte, winkt Bruno ab: «Seit meiner Geburt habe ich auf meinem linken Auge nur gerade fünf Prozent Sehschärfe.» Eine Operation würde lediglich die Trübung des Auges entfernen, Bruno aber keine bessere Sicht ermöglichen. «Würde diese rein kosmetische Operation schiefgehen, bekäme ich ein Glasauge. Dieses Risiko ist es mir einfach nicht wert.» Überhaupt würde dem «Katarakt» dann das gewisse Etwas fehlen, wie Bruno erklärt: «Früher habe ich das trübe Auge manchmal mit einer Kontaktlinse kaschiert. Seit ich meine Bar eröffnet habe, trage ich sie nicht mehr. Eine Bar, die ‹Katarakt› heisst, soll schliesslich authentisch sein.»