Im Juni forderten acht Grossräte aus Brugg und dem Zurzibiet in einer Interpellation eine direkte Bahnverbindung aus dem Unteren Aaretal in den Westaargau. Sie schlagen eine Eisenbahnspange im Raum Turgi vor. Jetzt ist die Antwort des Regierungsrats eingetroffen.
Damit mehr Menschen zum Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr motiviert werden, brauche es umsteigefreie Bahnanschlüsse vom Unteren Aaretal in den Westaargau. Das würde auch die Strasseninfrastruktur sowie das Zentrum Brugg-Windisch entlasten. Zudem würde die Standortattraktivität gesteigert.
So lautete die Zielsetzung der Interpellation der folgenden acht Grossratsmitglieder: Titus Meier (FDP, Brugg), Claudia Hauser (FDP, Döttingen), Miro Barp (SVP, Brugg), Jürg Baur (Mitte, Brugg), Martin Brügger (SP, Brugg), Patrick Gosteli (SVP, Kleindöttingen), Markus Lang (GLP, Brugg) und Hansjörg Erne (SVP, Leuggern). Weitere Grossräte aus dem Ostaargau hatten den Vorstoss mitunterzeichnet.
Denn aktuell verfügt das Untere Aaretal nur in Richtung Baden und Zürich über eine direkte Bahnverbindung. Die Verbindungen in den Westaargau hingegen erfolgen entweder über das Busnetz zur Verkehrsdrehscheibe Brugg-Windisch oder über ein Umsteigen am Bahnhof Turgi. Die Grossratsmitglieder schlagen deshalb eine Eisenbahnspange im Raum Turgi vor.
Auf die Frage nach dem Fahrtenaufkommen aus dem Unteren Aaretal schreibt der Regierungsrat in seiner Antwort:
«Heute verkehren auf den beiden Kantonsstrassen von Siggenthal-Station in Richtung Stilli–Brugg unter der Woche rund 17’000 Fahrzeuge pro Tag und in Richtung Siggenthal–Baden 16’000 Fahrzeuge pro Tag.»
Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2009. In den letzten zehn Jahren habe der motorisierte Individualverkehr (MIV) um rund 14% zugenommen.
Gemäss dem kantonalen Verkehrsmodell sowie Zählungen der SBB wurden 2019 im Bahnquerschnitt zwischen Siggenthal-Station und Turgi rund 6500 Fahrten/Tag unternommen (durchschnittlicher Werktagsverkehr). Die Nachfrage im ÖV habe zwischen den Jahren 2009 und 2019 um knapp 25% zugenommen. Bahnpassagiere aus dem Unteren Aaretal sind zu 80 bis 85% in Richtung Baden–Zürich und zu 15 bis 20% in Richtung Brugg–Aarau–Olten unterwegs.
Aus Sicht des Regierungsrats sind in der Gesamtbetrachtung auch die beiden bestehenden Buslinien 360 Bad Zurzach–Siggenthal–Würenlingen–Brugg und 376 Döttingen–Villigen–Brugg zu berücksichtigen. Der Raum Zurzach, das untere Surbtal und der Raum Würenlingen seien mit dem Bus 360 sehr gut und direkt mit dem Knoten Brugg verbunden.
Die Buslinie 376 erschliesse den kantonalen Entwicklungsschwerpunkt in Villigen (Paul-Scherrer-Institut, Park Innovaare). In Brugg bestehen halbstündliche Anschlüsse an den Fernverkehr Richtung Bern und Basel. Daten von 2019 zeigten, dass aus dem Unteren Aaretal rund zwei Drittel der ÖV-Reisenden mit dem Bus den Umsteigeknoten Brugg anfahren und rund ein Drittel mit der Bahn via Turgi Richtung Brugg reist.
Auf die Frage nach der Fahrtentwicklung in den nächsten 10 bis 20 Jahren antwortet der Regierungsrat, dass gemäss den aktuellen Modellen der MIV-Verkehr in die beiden erwähnten Richtungen bis 2040 um je 2000 Fahrzeuge/Tag zunehmen werde. Bei den Bahnfahrten wird eine Steigerung von rund 50% erwartet.
Das vom Grossen Rat beschlossene Mehrjahresprogramm ÖV 2020 sieht längerfristig für das Untere Aaretal den Viertelstundentakt zwischen Baden und Koblenz vor. Langfristig ist laut dem Regierungsrat auch die direkte Einführung des Viertelstundentakts aus dem Unteren Aaretal ins S-Bahn-Netz Zürich vorgesehen.
Weitere Züge im Unteren Aaretal, die entweder direkt via eine neue Verbindungslinie oder mit einer Spitzkehre in Turgi nach Brugg verkehren sollten, müssten zusätzlich zum vorgesehenen Viertelstundentakt eingeführt werden.
Eine direkte Einführung aus dem Unteren Aaretal in die stark frequentierte Linie Brugg–Turgi müsste niveaufrei sein, das heisst mit einer Unter- oder Überführung erfolgen. Die Kosten für ein solches Bauwerk, westlich von Turgi am Rande des Wasserschlosses, würde sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen.
Da der Bund für die Eisenbahninfrastruktur zuständig ist, müsste das Parlament in Bern in einem der nächsten Ausbauschritte, Step (2040/45), eine solche Verbindungsspange auf Antrag des Kantons Aargau beschliessen. Aufgrund der hohen Kosten und der relativ bescheidenen Nachfrage bestehe aber kaum Aussicht auf Aufnahme, so der Regierungsrat. Auch der Einsatz von am Bahnhof Turgi wendenden Zügen dürfte laut Regierungsrat keine Chance haben.