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Vor zwei Wochen brach die Kuh Belinda in ein Loch auf ihrer Weide in Habsburg ein. Nun ist klar weshalb. Weder eine Doline noch der Gipsabbau sind schuld.
Vor zwei Wochen stürzte die trächtige Kuh Belinda auf ihrer Weide in Habsburg in ein Erdloch. Nach einer schwierigen Rettungsaktion konnte sie von der Feuerwehr geborgen werden.
Bei der ganzen Aktion kam etwas Überraschendes zutage. Das Loch, das bis dahin für eine Doline gehalten wurde, wies gewölbeartige Strukturen und Holzbalken-Verstrebungen auf. Damit war klar, das muss etwas vom Mensch Geschaffenes sein. Schnell kursierte der Begriff Gipsabbaustollen. Obwohl dies in Habsburg naheliegend wäre, zeichnete sich bei der archäologischen Untersuchung vom Kanton ein anderes Ergebnis ab. Verschiedene Indizien sprechen dafür, dass es sich beim Loch um eine Zisterne handelt.
Bevor 1908 in Habsburg ein Reservoir gebaut wurde, hatte die Gemeinde ein Problem mit der Wasserversorgung. Auf dem Gemeindegebiet gibt es keine überirdische Quelle, deshalb wurde an vielen Orten nach Wasser gegraben. In ganz Habsburg befinden sich 15 Sodbrunnen. Die gefundene Zisterne diente wohl als Wassersammler und Reservoir.
Für diese Theorie spricht auch die Lage am Hang. Es sei gut möglich, dass daraus eine Leitung den Hang hinunterführte, bis zu einem Ort, wo das Wasser oberirdisch zugänglich gemacht werden konnte, erklärt Stephan Wyss von der Kantonsarchäologie. Zu diesem Schluss kam das Untersuchungsteam, weil es auf dem Feldweg und auf der unterhalb liegenden Wiese immer wieder zu kleinen Einstürzen des Bodens kommt.
Nach den Untersuchungen stellt sich nun die Frage, was mit der Zisterne passieren soll. Das Grundstück, auf dem sich das Loch befindet, gehört Pro Natura. Gekauft wurde das Land damals wegen der Doline, also einem natürlichen Erdloch. «Ich finde es mindestens so spannend, wie wenn es eine Doline wäre», sagt Johannes Jenny, Geschäftsführer von Pro Natura.
Die Naturschutzorganisation Pro Natura aber darf ihre Gelder nur für Natur und Landschaft ausgeben, die Zisterne gehört streng genommen nicht in dieses Gebiet. Deshalb möchte sich Pro Natura nun mit dem Heimatschutz und der Gemeinde zusammensetzen und mögliche Lösungen besprechen. «Es ist das erste Mal, dass so etwas passiert ist», sagt Jenny und ergänzt: «Deshalb muss man zuerst den Aufwand zur Erhaltung eruieren.»
Falls die Erhaltung zu kostspielig wäre, müsste man die Zisterne zerstören. Weil es wohl noch eine Weile dauert, bis ein Entscheid gefällt wird, wurde das Loch vorerst provisorisch gesichert. Das Baustellengitter rundherum soll schon bald durch einen gewöhnlichen Zaun ersetzt werden und der Erdhaufen soll in Kürze verschwinden, damit es nicht mehr ganz so fest nach Baustelle aussieht.
Wer die Kosten der Rettungsaktion für die Kuh Belinda übernimmt, steht noch nicht fest. Zurzeit klären die Versicherungen von Pro Natura und den Landpächtern ab, wer für welche Kosten aufkommen muss.
Die Rettungsaktion hinterliess bei der Kuh und dem ungeborenen Kalb keine Schäden. «Belinda hatte Glück im Unglück und sie hat viele Fragezeichen hinterlassen», sagt Jenny. Trotzdem darf ein Finderlohn nicht fehlen: «Sie bekommt ein Büschel mit den besten Kräutern», sagt er und lacht.