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Baden
Vorentscheidung im Hinblick auf den zweiten Wahlgang um das Stadtammannamt: Geri Müller ist bereits als Stadtrat abgewählt. Schneider liegt vor Obrist und Kohler.
Es war ein Wahlkrimi, wie ihn Baden noch nie zuvor erlebte. Für die betroffenen Kandidaten war der Nachmittag zweifellos noch nervenaufreibender als für die zahlreich anwesenden Medienleute. Schon die Resultate der Einwohnerratswahlen liessen auf sich warten. Und es dauerte nochmals, bis die Resultate der Stadtratswahlen vorgelegen haben.
Dann tritt Stadtschreiber Marco Sandmeier im historischen Tagsatzungssaal vor die Medien und liest die Namen der sechs gewählten Stadtratsmitglieder herunter. Bei zwei weiteren Kandidierenden sei die Stimmenzahl so eng beieinander, dass man erst nachzählen müsse. Ein Name jedoch fehlt, bleibt ungenannt, als wäre er von Geisterhand eliminiert worden: derjenige von Geri Müller.
Es dauert eine Weile im Saal, bis die Medienleute begriffen haben, was hier in der Stadt Baden eben passiert ist. Die Stadt Baden hat Geri Müller als Stadtrat abgewählt und ihm damit das Vertrauen auch als Stadtammann entzogen. Müller, der im jugendlichen Alter in Kaiseraugst gegen den Bau des Atomkraftwerkes protestierte, dann in die Politik einstieg, als grüner Nationalrat und Palästinenserfreund, als Badener Stadtammann durch seine Selfie-Affäre bekannt geworden ist, kann gar nicht mehr Stadtammann werden und steht womöglich vor dem Ende einer 40-jährigen Polit-Karriere.
Wäre das Resultat der Stadtammannwahlen zuerst bekannt geworden, hätte man Müllers Abwahl nie erahnt. Denn Markus Schneider (CVP), klar bestgewählter Ammannkandidat, wäre für Müller noch in Reichweite gelegen. Mehr als 1000 Stimmen hinter Schneider liegt der Parteilose Erich Obrist, während Sandra Kohler als Polit-Newcomerin abgeschlagen am Schluss liegt.
Weitere vereinzelte Stimmen verbuchten die andern Stadtratskandidaten auf sich.
Auch wenn er die Konsternation zu verbergen versuchte, so gab Geri Müller doch seiner Enttäuschung Ausdruck: «Es tut mir in erster Linie leid für alle die Leute, die mich unterstützt haben in den letzten Monaten und Jahren», sagt Müller, und fügt lakonisch an: «Jetzt ist alles geklärt, die Wählerinnen und Wähler haben so entschieden.» Welche Gründe dazu geführt haben, könne er noch nicht analysieren. «Ich denke, es sind verschiedene. Die Abwahl ist bitter. Aber in der Politik muss man damit rechnen.»
Einen solchen Abgang hätte ihm selbst sein schärfster Ammann-Kontrahent nicht gegönnt. Markus Schneider (CVP) erklärt denn auch, dass dies für Geri Müller sehr bitter sein müsse. Mit seinem Resultat ist er zufrieden. «Ich bin bereit, weiter zu kämpfen», so Schneider. Er habe immer gehofft, im Stadtammannwahlkampf nach dem ersten Wahlgang rund 1000 Stimmen Vorsprung zu haben. «Das habe ich geschafft. Allerdings ging ich davon aus, diesen Vorsprung auf Geri Müller zu haben. Jetzt bin ich gespannt, wer im zweiten Wahlgang antritt. Wer die Stimmen von Geri Müller erhält, ist schwierig abzuschätzen.»
Erich Obrist tritt zum zweiten Wahlgang an. Heute Montag treffe er sich mit seinem Wahlkomitee, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Nach dem Ausscheiden von Geri Müller sei es aber schon gestern klar gewesen, dass er noch einmal antrete: «Rechnet man Geri Müllers Stimmen weg, habe ich am zweitmeisten Stimmen gemacht. Ich denke, zusammen mit meinem guten Abschneiden als Stadtrat ist das ein Auftrag.»
Sie geniesse erst einmal den Moment und die Emotionen, liess sich Sandra Kohler (parteilos) verlauten. Die Kommunikationsfachfrau, die als absoluter Polit-Neuling den Ammannwahlkampf aufmischte, will zu erst alles überdenken: «Wir werden das in unserem Team anschauen und dann entscheide, ob ich im zweiten Wahlgang antreten werde», sagt Kohler.
Das Stadtratskollegium zeigte sich überrascht von der Abwahl Geri Müllers als Stadtrat. Für Ruth Müri (Team) und Regula Dell’Anno (SP) kommt die Abwahl als Stadtrat unerwartet.
Reto Huber (CVP), ehemaliger Einwohnerrat und erklärter politischer Gegner von Müller, sieht sich bestätigt. Baden habe erkannt, dass es so nicht weitergehen könne und entsprechend gewählt. «Ich bin stolz auf die Stadt, dass sie das erkannt hat, was ich seit langem vertreten habe», sagt Huber.