Wegen Einbruchdiebstählen in zwei Betreibungsämter stand ein Nordmazedonier in Baden vor Gericht. Erwischt hatte ihn die Polizei in Basel – dank einem Fingerabdruck.
98 Tage sass er in Sicherungshaft und vor kurzem zwei Stunden in Baden vor Gericht. Tags darauf hat Gezim (Namen geändert) unser Land in Chiasso verlassen. Fünf Jahre lang darf er die Grenze in die Schweiz nicht mehr überschreiten. So lange dauert die Landesverweisung, die Gerichtspräsidentin Gabriella Fehr über Gezim verhängt hat.
In Nordmazedonien geboren und aufgewachsen, lebt der knapp 48-Jährige seit 21 Jahren mit Frau und drei Söhnen in Italien und verdient als Lastwagenchauffeur monatlich zwischen 2500 und 6000 Euro. Ohne die Familie war Gezim im vergangenen Dezember in die Schweiz gereist. Er sei, sagt er vor Gericht, nur auf Durchreise nach Frankreich gewesen.
Am 29. Dezember war er nachts in einem Park in Basel schlafend entdeckt und festgenommen worden: Die Bewohnerin des benachbarten Einfamilienhauses hörte bei ihrer Heimkehr aus dem Obergeschoss verdächtige Geräusche und alarmierte die Polizei. Zwei Männer waren in das Haus eingebrochen und hatten sich mit Schmuck im Wert von zirka 6400 Franken via Balkon aus dem Staub gemacht. Gezim hatte nichts von der Beute bei sich, als er – vollgeschnupft mit Koks – unter einem Baum in Morpheus’ Arme gesunken war. Der zweite Mann, samt Beute, konnte bis heute nicht gefasst werden.
Bei Gezim hingegen hatten die erkennungsdienstlichen Abklärungen in Form eines Fingerabdrucks einen Treffer erzielt: Ein solcher von ihm fand sich im Juni 2019 auf einem Handschuh, der auf einem Waldweg in Baden neben einem ausgeweideten Tresor lag. Dieser war von Einbrechern aus den Räumlichkeiten des Betreibungsamtes Baden abtransportiert worden. Einen Tag später brachen dieselben Täter den Tresor im Betreibungsamt Gebenstorf aus der Verankerung und weideten ihn beim nahen Friedhof aus.
Bajram – ein Landmann von Gezim – wurde rasch dingfest gemacht und der Tat überführt. Das Verfahren gegen ihn ist beim Aargauer Obergericht hängig. Gezim hingegen war dreieinhalb Jahre später schlafend der Polizei ins Netz gegangen.
Beschuldigt des Diebstahls, der Sachbeschädigung und des Hausfriedensbruchs – alles mehrfach – sowie der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, musste er sich dieser Tage vor Einzelrichterin Gabriella Fehr verantworten. Gross, schlank, grau meliertes Haar, Bart – ein gut aussehender Mann, der, mit Ausnahme des Drogenkonsums, jegliche Schuld von sich wies. Er sei überhaupt nur einmal in der Schweiz gewesen und auch nur auf Durchreise.
Als die Richterin ihm mit zwei dokumentierten Hotelübernachtungen in Basel konfrontiert, lässt er «ich kann mich nicht erinnern» übersetzen. Mit dem Einbruchsdiebstahl in die Villa habe er nichts zu tun gehabt. «Ein Marokkaner, der mir Kokain verkaufen wollte, hatte mich in das Haus mitgenommen.» Ja, er habe sehr viel Kokain konsumiert. Warum er bei seiner Verhaftung einen Schraubenzieher bei sich hatte, wisse er nicht, «Das Gehirn», seufzt er und greift sich an den Kopf.
Den Bajram, den kenne er schon lange: «Er ist verheiratet mit der Tochter von einem Sohn einer Tante von mir», legt die Übersetzerin die eher komplizierten verwandtschaftlichen Verhältnisse dar, gefolgt von Gezims vehementer Versicherung, rein gar nichts von Bajrams schändlichen Übergriffen auf die Tresore der Betreibungsämter zu wissen. Flugs hat er auch eine Erklärung dafür parat, wie denn sein Fingerabdruck auf den Handschuh neben dem Tresor gekommen sei: «Im März und April 2019 habe ich Bajram in Nordmazedonien beim Hausbau geholfen und dabei genau diese Handschuhe getragen. Danach habe ich Bajram erst 2020 in Italien wiedergesehen.»
Der Staatsanwalt hatte für Gezim neun Monate Freiheitsstrafe bedingt, 9000 Franken Geldstrafe bedingt, 3000 Franken Busse sowie eine für den Schengenraum gültige Landesverweisung von 7 Jahren beantragt. Der Verteidiger forderte bezüglich Diebstähle und Sachbeschädigungen Freisprüche. Wegen der Sache in Basel sei er des Hausfriedensbruchs sowie des Betäubungsmittelbesitzes und -konsums schuldig zu sprechen, was mit einer tiefen bedingten Geldstrafe zu sanktionieren sei. Eine Landesverweisung komme nicht in Betracht, hingegen stehe seinem Mandanten für die 98 Tage in Sicherungshaft eine Entschädigung zu.
Richterin Gabriella Fehr sprach Gezim im Falle des Einbruchdiebstahls von Gebenstorf sowie vom Vorwurf der Sachbeschädigung frei, ansonsten schuldig. Sie verurteilte den 48-Jährigen zu 6 Monaten Freiheits- und 7200 Franken Geldstrafe bedingt, sowie 1000 Franken Busse. Die Landesverweisung reduzierte Fehr auf 5 Jahre und – da Gezim mit seiner Familie seit 20 Jahren in Italien lebt und arbeitet – nur gültig für unser Land. Deren unmittelbaren Vollzug hatte Fehr bereits organisiert: «Morgen früh werden Sie aus der Haft entlassen und direkt nach Chiasso gebracht», schloss die Richterin die Verhandlung.