Baden
Still wie in einer Bibliothek trotz Überbelegung: Die Heissen Brunnen sind ein Anziehungspunkt für ganz Baden

Baden unter freiem Himmel und das trotz Eiseskälte: In Baden ist das möglich. Die Heissen Brunnen sind Orte der Stille und der Erholung, auch wenn sie sehr gut besucht sind. Unser Reporter aus Zürich wagt den Selbstversuch.

Hans-Caspar Kellenberger
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Ort der Entspannung: Die heissen Brunnen in Baden

Ort der Entspannung: Die heissen Brunnen in Baden

Alex Spichale

Manche fahren extra mit dem Velo von Zürich nach Baden, um ein Bad in einem der Heissen Brunnen an der Limmatpromenade zu nehmen. Und so heute auch ich, als in Zürich wohnender Auswärtiger. Die Gemeinde Ennetbaden, die Ortsbürgergemeinde Baden und der Verein Bagni Populari haben die kostenlosen Thermalbecken unter freiem Himmel an beiden Ufern der Limmat möglich gemacht. Und das rund 150 Jahre, nachdem das letzte Freibad unter freiem Himmel ausser Betrieb genommen wurde.

Die Aussentemperatur beträgt am Nachmittag trotz Sonnenschein exakt
null Grad. Das Thermalwasser ist, wie versprochen, rund 40 Grad wärmer. Trotzdem reicht es mir nur für ein Fussbad auf der Ennetbadener Seite – denn die Heissen Brunnen sind gemeindeübergreifend voll besetzt und bleiben es auch während meines rund 30-minütigen Aufenthalts. Während des gesamten Wegs vom Bahnhof ins Bäderquartier hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, meine eigene Prüderie ablegen zu müssen. Dass ich mich den wildfremden Menschen, die schon im Heissen Brunnen sitzen, gleich präsentieren werden muss, wenn ich jetzt baden will.

Just in dem Moment, als ich mich an diesen Gedanken gewöhnt hatte, kam es dann aber doch nicht so weit: Denn die Gratis-Thermalbäder sind innert kürzester Zeit zum grossen Anziehungspunkt geworden. 15 Menschen sitzen, baden und sonnen sich hier. Ein Velofahrer, der vorhin an mir vorbeirauschte, hält jetzt ebenfalls hier inne. Eine Frau rückt den Kinderwagen aus der Sonne, hält die Füsse ins Wasser und hört etwas auf dem Smartphone ab. Ich hatte gehört, dass sich in den Brunnen auch gerne gute Gespräche ergeben.

Nur die Limmat durchbricht die Stille

Reden tut hier heute aber niemand, es ist still wie in einer Bibliothek. Und so auch die vier älteren Herren, die gemeinsam im grossen Becken baden. Mit Kappe und Sonnenbrille schauen sie der Limmat zu. Diese ist das Einzige, was die Stille zu durchbrechen vermag. Das Wasser rauscht vorbei, gegenüber dampft das Aussenbecken des «Fortyseven». Eine junge Frau liest. Es ist überraschend warm, auch wenn ich nur ein Fussbad nehme. Und es riecht leicht nach Schwefel.

Ein populärer Ort, um nachzudenken also, wie es scheint. Als ich gehe, nimmt eine Frau direkt meinen Fussbadplatz ein. Sie hat wohl gewartet, bis hier jemand geht. Das Fussbad und die Stille hatten eine stärkere Wirkung auf mich als zuvor gedacht, denn auf einmal bin ich tiefenentspannt, obwohl ich bereits wieder auf Achse bin. Wie wohltuend muss wohl ein Ganzkörperbad sein? Die Liebe zum Thermalwasser, sie ist wieder präsent in Baden – und zieht Menschen aus der ganzen Region an. Das nächste Mal werde ich früher da sein, um mir auch einen Platz im Heissen Brunnen ergattern zu können.