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Aargau
Am Freitag lancicerte das Gegenkomitee zu den Pestizidinitiativen im Aargau seine Kampagne. Sie wehren sich gegen das Sündenbock-Image.
Werden am 13. Juni die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative angenommen, sind Landwirtinnen und Landwirte mit Abstand am meisten betroffen. Während es auch unter den Bauern Befürworter gibt, so stellt sich die Landwirtschaft doch insgesamt klar gegen die Vorlagen, auch im Aargau. Gestern Freitag hat das kantonale Komitee «2 x Nein zu den extremen Agrarinitiativen» seine Kampagne lanciert. Eingeladen hat der Bauernverband Aargau (BVA), die Medienkonferenz fand auf dem Biohof von Dominik und Ruedi Donat in Wohlen statt.
Die Trinkwasserinitiative verlangt, dass Subventionen nur noch an Produzenten ausbezahlt werden, die auf Pestizid- und prophylaktischen Antibiotikaeinsatz verzichten. Mit der Pestizidinitiative sollen synthetische Pestizide verboten werden, ebenso der Import von Lebensmitteln, die mit Hilfe von synthetischen Pestiziden hergestellt wurden.
Mit rund zehn Prozent trage der Agrarkanton Aargau massgeblich zur Versorgungssicherheit in der Schweiz bei, sagte Bauernverbandspräsident Christoph Hagenbuch. Trotz der Coronakrise rede momentan aber niemand darüber, wie wichtig eine eigenständige Versorgung sei, die Öffentlichkeit interessiere vor allem, dass die Landwirte Pestizide und Gülle einsetzen. Beides sei jedoch elementar für die Ernährungssicherheit.
Der BVA-Präsident appellierte darum vor allem an die Konsumentinnen und Konsumenten. Würden alle, die jetzt die Initiative unterstützen, konsequent biologisch produzierte Lebensmittel kaufen, würde die Landwirtschaft auch vermehrt so produzieren, weitere Auflagen brauche es gar nicht. Derzeit mache der Anteil Bio an allen Lebensmitteln aber lediglich elf Prozent aus.
Besonders betroffen von einer Annahme der Initiative wären Obst-, Gemüse- und Weinbau. In allen Sparten würden die Preise steigen, die Konsumenten würden vermehrt auf im-portierte Produkte ausweichen oder ennet der Grenze einkaufen, sagen die Gegner der Initiativen. Der Aargau ist der drittgrösste Gemüsekanton, 400 Betriebe bauen auf 2500 Hektaren Gemüse an. Niemand setze einfach so Pflanzenschutzmittel ein, sagte Toni Suter, der Präsident der Aargauer Gemüseproduzenten. Grosse Gemüsebetriebe seien aber davon abhängig, sie würden voraussichtlich aus dem ökologischen Leistungsnachweis aussteigen und auf Direktzahlungen verzichten, müssten sie ohne Pflanzenschutzmittel auskommen. Darunter leide die Biodiversität.
Gleich sieht es beim Obstbau aus. Hier ist der Aargau der viertgrösste Anbaukanton, bei den Zwetschgen und Kirschen sogar der zweitgrösste. Auf 300 Hektaren wachsen Früchte, 230 Betriebe leben davon. Andy Steinacher, der Obstproduzenten-Präsident, sieht Ernteausfälle auf diese zukommen. Beim Weinbau schliesslich, den im Aargau 600 Winzerinnen und Winzer betreiben, würden mehr biologische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen, sagte Roland Michel vom Branchenverband Aargau Wein. Und auch diese schadeten.
Den Bauern geht es aber auch um Wertschätzung. Die Bauernfamilien engagierten sich für das Wohl ihrer Tiere und der Natur, müssen sich aber jetzt vorschreiben lassen, wie sie ihre Arbeit zu tun haben, sagte die Aargauer Landfrauen-Präsidentin Lotti Baumann. Die Bauern würden einseitig in die Pflicht genommen, dies trotz aller Anstrengungen für mehr Umweltschutz. Für Baumann ist klar: «Die Initiativen torpedieren die laufenden Bemühungen eher, anstatt sie zu beflügeln.»