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Der Ammann Urs Affolter (FDP) erklärt, warum die prekäre Finanzsituation der Gemeinde hausgemacht ist und weshalb er nicht wieder dem «Zukunftsraum Aarau» beitreten will – obwohl ein Alleingang schwierig werden könnte
Urs Affolter: Ganz und gar nicht. Ich stehe für Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit. Und ich bin der Meinung, wir müssen die Verantwortung für unsere Gemeindefinanzen übernehmen, so wie ich das auch als Privatperson tun muss. Wenn die Regierung uns sagt, was wir zu tun haben, ist das sicherlich keine gute Lösung – aber ich schätze das Risiko dafür leider als relativ gross ein.
Die Situation, wie wir sie heute haben, hängt nicht nur von zu geringen Einnahmen ab. Sie ist hausgemacht. Schon zu Zeiten meines Vorgängers hat man immer gesagt, dass eigentlich der Steuerfuss erhöht werden müsste. Es gab auch diverse Bemühungen diesbezüglich, die aber alle abgelehnt wurden. Mit der Begründung, man wolle die Steuern erst erhöhen, wenn die Investitionen tatsächlich anstehen. Deshalb ist dieser grosse Sprung nun notwendig.
Das kann man leider nicht wegdiskutieren.
Wir haben unsere Unterlagen bereits beim Kanton eingereicht, damit es bei einem Nein zum Budget schnell vorwärtsgehen kann. Wir rechnen damit, dass wir Ende März oder Anfang April Bescheid wissen.
Ein Shutdown wie in den USA ist es nicht gerade. Aber wir sind nur beschränkt handlungsfähig und können nur Geld für den normalen Betrieb ausgeben. Mit anderen Worten: Ich kann meinen Computer nutzen und der Strom ist auch bezahlt. Aber altershalber ersetzen darf ich ihn nicht, solange er noch funktioniert. Es können keine neuen Aufträge erteilt werden.
Die Aufwertungsreserve ist eine rein buchhalterische Geschichte, nicht Geld, das wir tatsächlich haben. Man konnte sie während einer begrenzten Zeit nutzen, um einen negativen Abschluss zu schönen, aber nicht, um zu investieren.
Dafür habe ich kein Verständnis. Wir haben einen Gesamtleistungswettbewerb durchgeführt, und erfreulicherweise war das beste Projekt sogar noch das günstigste. Man kann da nichts mehr sparen, es gibt beispielsweise die kantonale Energieverordnung, die für Neubauten ohnehin den Minergie-Standard verlangt – nur die Zertifizierung muss nicht gemacht werden. Den Neubau kann man nicht weiter rausschieben – es braucht den Schulraum.
Die Gemeinde hat einen Umsatz von rund 30 Mio. Franken. Da muss jeder selber wissen, wie er 125 000 Franken einordnen will. Der Gemeinderat ist der Meinung, dass man nicht wieder in diesen Prozess einsteigen muss, wenn man nicht fusionieren will.
Das ist mitnichten Desinteresse! Erstens war der Gemeinderat nicht eingeladen, und ich weiss gar nicht, ob wir überhaupt erwünscht gewesen wären. Zweitens waren wir anderweitig engagiert. Vizeammann Hansruedi Werder und ich selber hatten beispielsweise am gleichen Abend eine Infoveranstaltung von «aarau regio.» Und drittens glaube ich nicht, dass ich etwas Neues erfahren hätte – es bringen einfach beide Seiten immer wieder die gleichen Argumente. Nun ist ein Entscheid erforderlich.
Es schleckt keine Geiss weg: Wenn rundherum alle fusionieren, würde es bei uns auch nicht mehr lange dauern. Das sieht man ja auch auf der Landkarte. Wir können kein Gallierdorf sein.
Dass es so rasch zu Fusionen kommt, glaube ich einfach nicht. Ich habe als Stadtbaumeister schon die Fusion von Langenthal und Untersteckholz miterlebt. Anderthalb Jahre lang wurde verhandelt. Dabei hatte Untersteckholz weniger als 200 Einwohner. Bei Fusionen in der Grössenordnung des «Zukunftsraums» dauert das noch viel länger.
Auch dann ist der Gemeinderat froh, endlich Klarheit zu haben. Wir wollten diese politische Diskussion explizit ermöglichen, damit nachher gemacht werden kann, was die Mehrheit will.