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Der Shutdown und die Hygienemassnahmen haben ungeahnte Auswirkungen auf die Apotheken. Der Unterentfelder Andreas Brunner, der 13 Apotheken besitzt, erzählt, wie das Geschäft im letzten Jahr lief.
«Volatil.» So beschreibt der Unterentfelder Apotheker Andreas Brunner den Verlauf des Pandemiejahres in seinen 13 Lindenapotheken. «Aber auch spannend: Man war und ist fast jeden Tag mit etwas Neuem konfrontiert.» Angefangen habe es sehr sachte im Februar 2020. «Ab Ende Februar ist die Nachfrage dann explodiert: Erstens nach Dauermedikationen, weil der Bundesrat sagte, dass man Vorräte anlegen soll. Und dazu gehören auch Medikamente. Zweitens mussten wir herumrennen, um die plötzlich starke Nachfrage nach Händedesinfektionsmittel und Masken befriedigen zu können.»
Im April folgte plötzlich der Einbruch. Die Apotheken hatten nur noch wenig zu tun. Nicht bloss, weil die Dauermedikationspatienten nun genügend Pillen, Salben und Pulver zu Hause gebunkert hatten. «Sondern auch, weil die Leute nicht mehr zum Arzt gingen und kaum noch Operationen durchgeführt wurden. Das führte dazu, dass der Bedarf an Medikamenten und die Menge an ausgestellten Rezepten generell zurückgingen.»
Kurzarbeit musste Brunner für seine Mitarbeitenden trotzdem nicht beantragen. Es sind, vielfach in Teilzeitpensen, 35 Apothekerinnen, 90 Pharma-Assistentinnen und Drogistinnen, 25 Lernende sowie einige Mitarbeitende im Ausliefer- und Putzdienst. «Bei den Medikamenten-Auslieferungen mussten wir die Einsatzstunden sogar aufstocken – die Nachfrage stieg enorm.»
Erst ab Juli erholte sich das Geschäft. August und September, sommerferienbedingt immer eher schwach, blieben im Rahmen der Vorjahre. «Im Oktober lief es normal, im November und Dezember dann überdurchschnittlich gut», sagt Brunner. Besonders im Herbst, als die zweite Coronawelle anrollte, verzeichneten die Lindenapotheken eine grosse Nachfrage nach Stärke- und Präventionspräparaten. Besonders Echinaforce, nachdem Medien davon berichteten, dass dieses pflanzliche Mittel Covid-19 heilen könnte. Das treffe natürlich nicht zu, sagt Brunner. «Aber bei der vorbeugenden Wirkung bin ich dabei.»
Aktuell laufe wieder ausserordentlich wenig – aus einem eigentlich positiven Grund: «Weil die Menschen zu Hause bleiben, die Hände desinfizieren und Masken tragen, gibt es kaum Grippe- und Erkältungsfälle», sagt der Apotheker, dessen zwei Töchter auch im Betrieb tätig sind. «Entsprechend verkaufen wir momentan kaum Hals- wehtabletten, Nasentropfen oder Kombinationspräparate wie Neocitran.» Aktuell hat das Apotheken-Familienunternehmen noch viele Grippeimpfungen an Lager. «Im Oktober war zu wenig Impfstoff verfügbar – und jetzt, wo wir wieder hätten, sagen viele Kunden, sie warten lieber auf die Corona-Impfung. Obwohl das nicht dasselbe ist.» Brunner betont: «Wir sind bereit, um auch Corona-Impfungen zu verabreichen, sobald wir sie vom Kanton erhalten.»
Die Maskenverkäufe seien mittlerweile aufgrund des grossen Angebots durch die Detailhändler deutlich zurückgegangen. «Allerdings merken wir, dass gewisse Kunden der Qualität der Sonderangebote nicht trauen und dann doch lieber zu uns kommen, wo sie etwas mehr zahlen. Besonders auf das korrekte An- und Ausziehen weisen wir bei dieser Gelegenheit immer wieder hin.»
Sehr stark beschäftigt waren die Mitarbeitenden der Apotheken mit Beratungen rund um Corona. Und mit den Schnelltests, die sie seit wenigen Monaten durchführen können. «Die Kunden haben sehr viele Fragen – und sie kommen oft relativ kurzfristig. Da müssen wir flexibel sein», sagt Brunner. Mit jedem Kunden, den die Mitarbeitenden bedienen müssen, kommt auch ein Infektions- risiko. «Ich muss meine Leute aber loben: Unsere sorgfältigen Schutzkonzepte haben gegriffen und die Mitarbeitenden haben sich immer sehr gut geschützt. Wir hatten nur vereinzelt coronabedingte Ausfälle.»
Abgesehen von der Coronapandemie beschäftigt Brunner, wie alle Apotheker, im Moment die Revision «LOA V», die die leistungsorientierte Abgeltung betrifft. Vereinfacht gesagt: Früher machten die Apotheken ihren Gewinn mit der Marge auf die Medikamente. Dann wurde diese vom Gesetzgeber gedeckelt. Stattdessen mussten die Apotheker anfangen, Gebühren für andere Leistungen, etwa Beratungen, zu verlangen.
Mit der neusten Revision soll nun die Fixmarge weiter gesenkt werden. «Durch die Deckelung der Margen, Senkungen der Preise im Vergleich zum Ausland und der Einführung von Generika konnten in den letzten Jahren rund 1 Milliarde Franken eingespart werden. Die nächste Margenrunde im Zusammenhang mit LOA V. soll nochmals etwa 300 Mio. Franken Einsparungen bringen», erklärt Brunner. Die weitere Senkung der Fixmarge «hat für uns zur Konsequenz, dass wir weitere Dienstleistungen, die wir heute kostenlos anbieten können, verrechnen müssen», so der Apotheker. Er nennt als Beispiele Blutdruckmessungen oder das Anpassen von Stützstrümpfen. «Wir hängen im Moment alle in der Luft, weil wir nicht genau wissen, was die Revision am Ende genau beinhaltet und auf wann sie in Kraft treten wird – und wir hoffen, die Bundesbehörden machen jetzt vorwärts.»