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Die Schweizer Stromnetzbetreiberin Swissgrid weiht am Freitag den Neubau in Aarau ein. 410 meist hochqualifizierte Arbeitsplätze wurden in die Kantonshauptstadt verlegt.
Eine Festung, die nicht danach aussieht. Ein «Haus im Haus», mit Eingangsschleuse, teilweise schusssicheren Scheiben, erdbebensicher, hochtechnologisiert. Wie viel der Neubau inklusive der auf Sicherheit, aber auch auf Arbeitsplatzqualität getrimmten Inneneinrichtungen gekostet hat, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Sicher über 100, wohl gegen 150 Millionen Franken. Fest steht: Die 410 Mitarbeiter der nationalen Stromnetzbetreiberin Swissgrid fühlen sich wohl, seit sie im Juni von Frick (80 Personen) und Laufenburg (330) in den markanten Neubau an der Bleichemattstrasse südlich des Bahnhofs Aarau gezogen sind. Das jedenfalls hat CEO Yves Zumwald am Donnerstag mehrfach betont. Heute findet die offizielle Einweihung statt (Doris Leuthard ist wegen einer Bundesratssitzung verhindert), am Samstag ist Tag der offenen Tür (ausgebucht – nur 600 Personen zugelassen), am Sonntag bekommen die Swissgrid-Angestellten Gelegenheit, ihren Angehörigen den neuen Arbeitsplatz zu zeigen.
Der in Muhen wohnhafte Yves Zumwald schwärmt: «Das Gebäude ist einfach wunderbar.» Niemand habe ein persönliches Büro («Das gilt auch für den CEO»). Die Mitarbeitenden dürfen sich jeweils aussuchen, in welchem Teil des Gebäudes sie gerade Lust haben, zu arbeiten. Zur Verfügung stehen etwa Gruppenbereiche, Ruhezonen, begrünte Ecken oder die geschäftige «Markthalle» im Erdgeschoss. Statt eines persönlichen Bürotisches haben die Mitarbeitenden ein Kästchen (für Laptop, Pausenbrote, etc.).
Das von den Aarauern Beat und Thomas Schneider (Schneider & Schneider) entworfene Gebäude ist sehr grosszügig. Bei einem Rundgang durch den viergeschossigen Komplex fällt der ruhige Innenhof auf: Man hört das Plätschern des Brunnens (in ihm leben vier Goldfische und zwei Kois). Das Personalrestaurant habe sich in kürzester Zeit einen guten Ruf erarbeitet, heisst es. Betrieben wird es von der Migros (Menu 1 kostet 14 Franken). Das Gebäude verfügt über 150 Parkplätze. Die Mitarbeiter müssen pro Platz deutlich über 100 Franken bezahlen.
An einem Standort statt an zwei, in einem mittelländischen Zentrum statt an der Peripherie. Das hat seine Vorteile. «Wir sind näher bei den Kunden und den Partnern», erklärt Yves Zumwald. Und: «Bereits jetzt können wir feststellen, dass sich unsere Mitarbeiter hier wohl fühlen: Der Austausch ist einfacher geworden.» Kurz: «Ich bin sehr zufrieden, dass wir in Aarau sind», betont Zumwald. Für die Stadt ist es einer der grössten Zuzüge eines Arbeitgebers seit Menschengedenken. Entsprechend hat sie sich bemüht. Etwa durch ihren Einsatz im Baubewilligungsverfahren (keine Einsprachen).
Der Swissgrid-Hauptsitz und das nebenstehende Wohngebäude (50 Wohnungen) gehören der CSA Real Estate Switzerland, einer Anlagegruppe der Credit Suisse Anlagestiftung, die Gelder von 700 Pensionskassen verwaltet. Sie ist auch im Besitz des «Gleis 0» (Bahnhoferweiterung) und des langgezogenen Bürogebäudes entlang der hinteren Bahnhofstrasse.
Das Electrolux-Areal (früher Elcalor) an der Bleichemattsrasse hat sie 2011 erworben. Ursprünglich war hier ein reiner Wohnkomplex geplant – bis dann die Swissgrid ihr Interesse anmeldete. Die Stromnetzbetreiberin hat einen Mietvertrag mit einer 20-jährigen Dauer, was als sehr lange gilt. Swissgrid verfügt in Aarau über Reserveflächen. Im 1. Obergeschoss steht Raum leer, der möglicherweise an einen Dritten vermietet wird.
Die Gebäude sind in Rekordzeit erstellt worden. Als Totalunternehmerin wirkte die HRS, die Entwicklerin des Stadionprojekts. «Wir sind extrem stolz, dass ein Schweizer Unternehmer die Fassaden liefern konnte», erklärte CEO Martin Kull am Donnerstag an einer Medienkonferenz.
«Die technischen Sicherheitssysteme entsprechen den Anforderungen an eine nationale kritische Infrastruktur», heisst es im Gebäudebeschrieb. Im Neubau befindet sich das Hirn des schweizerischen Stromnetzes, die Netzleitstelle (eine zweite, kleinere gibt es in Prilly VD). In der Netzleitstelle arbeiten rund um die Uhr drei Operatoren. Dazu tagsüber Planungs- und Informatikspezialisten. Sie verfügt weltweit über einen der modernsten Grossbildschirme (es gibt davon erst drei), der aus 24 lasergesteuerten Monitoren besteht. Die Herausforderungen für die Operatoren (auch Dispatcher genannt) besteht darin, dass der Stromfluss heute sehr volatil ist (unter anderem wegen der Photovoltaik und der Windenergie). Und sich gleichzeitig die Gesetze der Physik (der Strom fliesst immer dort durch, wo der Widerstand am geringsten ist) nicht aushebeln lassen.
Warum hat die Swissgrid derart viel in den Neubau investiert? Weil sie sich, daraus macht CEO Yves Zumwald keinen Hehl, im Kampf um die Talente einen Vorteil erhofft: «Die Zusammenführung am neuen Standort deckt die Ansprüche von hochqualifizierten Mitarbeitern und steigert damit die Attraktivität von Swissgrid als Arbeitgeber.» Oder: «Wir steigern dadurch die Reputation als attraktiver Arbeitgeber.» Der Anteil der Swissgrid-Mitarbeitenden, die ein Fachhochschul-, Universitäts- oder ETH-Diplom besitzen, beträgt rund 80 Prozent.