Am Freitagabend sind drei Mädchen tanzend durch Buchs gezogen. Die Ideen für ihre Choreografien haben sie diese Woche im Rahmen einer Projektwoche der Jugendarbeit Suhr-Buchs auf der Strasse und im Dorfladen bei ganz normalen Leuten abgeguckt.
Freitagnachmittag, kurz vor Feierabend. Zwei Mädchen sitzen im Warteraum am Bahnhof Buchs. Sie schwatzen, streichen sich durch die Haare, kichern. Ein ganz normales Bild. Doch wehe, wenn sie wild geworden. Der Zug in Richtung Menziken fährt los, die Kirchturmuhr schlägt 16 Uhr. Die Mädchen springen auf, die eine grätscht im Spagat auf den Boden, die andere lässt sich nach hinten kippen, bis sie mit gebogenem Rücken und gestreckten Armen den Boden berührt.
Sie springen auf, schwingen die Hüften, die Haare, gucken keck durch die Scheibe. Dann stossen sie die Tür des Wartesaals auf und hüpfen zum Kreisel und weiter zur Coop-Filiale. Dort wartet ein drittes Mädchen. Sie tanzt als wäre sie ein Ladenmitarbeiter, der Konservendosen in ein Gestell stapelt.
Irritation ist volle Absicht
Das irritiert, da guckt man hin, da bleibt man stehen. Und das ist volle Absicht. Die Bewegungen, die Tänze sollen Buchs darstellen: Wie fühlen sich die Mädchen als Buchserinnen? Was gefällt ihnen an Buchs? Wie arbeiten Buchser, wie bewegen sie sich auf der Strasse?
Aus diesen Beobachtungen und Erfahrungen haben die Mädchen gemeinsam mit Schauspielerin und Choreografin Sabina Reich und Theaterpädagoge Andreas Bürgisser vom Duo «Reich und Schön» in einer Projektwoche der Jugendarbeit Suhr-Buchs diese flashmobartige Choreografie einstudiert. Zusätzlich haben sie Texte aufgenommen, die während des Dorfrundgangs abgespielt werden; verwirrende, anregende, lustige Geschichten über Buchs, Abgründe, Feen und das Tanzen.
«Wir wollen Buchs aus einem neuen Blickwinkel heraus zeigen», sagt Jugendarbeiterin Marianne Mischler. Doch nicht nur Buchs, sondern auch die Jugendlichen: «Wenn sie die Erwachsenen in ungewohnter, überraschender Form auf sich aufmerksam machen können, ist das ein positiver Effekt.» Dass die Vorführung im öffentlichen Raum stattfindet, sei quasi aus der Not heraus geboren: «Wir haben in Buchs noch keinen Raum für die Jugendarbeit, also kommen wir mit Projekten direkt auf die Strasse.»
Sophia, Sonora und Jovana tanzen direkt vor dem Coop-Eingang. Eine Frau bepackt nebenan ihr Fahrradkörbchen, eine andere entsorgt Büchsen in der Sammelstelle. Beide werfen einen raschen Blick auf die Mädchen, wenden sich aber schnell wieder ab. Vielleicht, weil sie sich von der Gefolgschaft der Mädchen beobachtet fühlen? Das Ziel der Aktion jedenfalls ist erreicht: Die Frauen haben ihr Dorf für einen kurzen Moment aus einem etwas anderen Blickwinkel heraus betrachtet.