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Die SP verlangt eine kostendeckende Lösung für die Sanierung der Zurlinden-Villa. Die FDP will die Liegenschaft lieber gleich verschenken. Lukas Pfisterer erklärt, warum der Stadtrat dagegen ist und weshalb der Turnverband keine Miete zahlt.
Am Montagabend hat der Stadtrat an der Einwohnerratsversammlung das Baukreditbegehren für die Sanierung der Zurlinden-Villa an der Bahnhofstrasse überraschend zurückgezogen. Es seien im Zusammenhang mit dem Kreditantrag über 4,28 Mio. Franken zu viele Fragen offen, sagte Stadtrat Lukas Pfisterer.
Vor der Ratssitzung war nicht nur ein Änderungsantrag der SVP-Fraktion eingegangen, welche die baulichen Massnahmen auf ein Minimum reduzieren will. Die SP und die FDP hatten gar Rückweisungsanträge eingereicht.
Die FDP forderte den Stadtrat auf, die Villa zu verschenken – an den Schweizerischen Turnverband (STV), der Nutzniesser der Liegenschaft ist und dort seinen Geschäftssitz hat. Denkbar sei auch eine Schenkung an die Ortsbürger oder «als letzte Option an einen anderen Interessenten, zum Beispiel einer Stiftung», so die FDP. Denn die Baukosten, beziehungsweise die Abschreibungen für die Nettoinvestitionen, würden die eh schon angespannte Finanzlage der Stadt zu sehr belasten – zumal das Gebäude den Aarauer Steuerzahlenden keinen Nutzen bringe und nicht zugänglich sei.
Auch die SP hatte am Montagmorgen einen Rückweisungsantrag eingereicht. Der Stadtrat solle mit dem STV die Nutzungskonditionen neu verhandeln und eine kostendeckende Lösung vorlegen, fordert die Fraktion. Dabei soll auch eine Befristung des geltenden Nutzungsrechts des STV geprüft werden.
Der Stadtrat hat das Geschäft zurückgezogen, um die offenen Fragen klären zu können. Im Interview gibt Stadtrat Lukas Pfisterer erste Antworten.
Lukas Pfisterer: Nein. Die Stadt Aarau hat die Villa in den 1920er-Jahren als Teil der Zurlinden-Stiftung geschenkt bekommen, mit der Auflage, dem Verband für seinen Geschäftssitz eine Nutzniessung am Gebäude zu gewähren. Diese ist unentgeltlich. Das ist auch im Dienstbarkeitsvertrag festgehalten, der 1992 nach der Auflösung der Stiftung abgeschlossen wurde.
Es ist richtig, dass die Zurlinden-Villa derzeit kein Geld einbringt. Für die Stadt Aarau war die Schenkung aber vor allem deshalb interessant, weil zur Villa ein grosses Stück Land gehörte; von der Bahnhofstrasse bis zu den Geleisen. Dort konnte die Turnhalle für das KV gebaut werden. Hätte die Stadt in den 1980er-Jahren solch ein Grundstück kaufen müssen, wäre das sehr teuer geworden. Ausserdem hat die Stadt bisher kaum Geld in den Erhalt der Villa investiert, der STV hat die meisten Auslagen getragen. Insofern hat Aarau bisher nur von der Liegenschaft profitiert, aber kaum gezahlt – und das muss nun nachgeholt werden. Man darf die Villa nicht einfach verlottern lassen. Zudem sollte der STV die Kosten für die Fremdfinanzierung, also quasi die «Hypozinsen», übernehmen.
Wir haben das im Stadtrat diskutiert. Es gibt aber Punkte, die gegen einen Verkauf sprechen: Die Zurlinden-Villa ist denkmalgeschützt. Sie liegt ausserdem in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen, was ihre Nutzung stark einschränkt – ein privates Anwaltsbüro könnte man darin zum Beispiel nicht einrichten. Und das Gebäude ist bekanntlich sanierungsbedüftig. Das alles reduziert den Marktwert erheblich.
Auch diese Möglichkeit wurde besprochen, der Stadtrat hat aber davon abgesehen. Kurzfristig würde man sich zwar von einer finanziellen Verpflichtung befreien, aber langfristig verschenkt man ein Gebäude an bester Lage, mitten in Aarau – und irgendwann ist die Nutzniessung des STV ja auch zu Ende.
Im Dienstbarkeitsvertrag ist von 100 Jahren Gültigkeit die Rede. Zwar gibt es eine Klausel, die die Stadt Aarau verpflichtet, die Nutzniessung anschliessend zu verlängern. Aber ewige Verträge gibt es nicht. Wir werden mit dem STV eine Lösung finden müssen.
«Verkaufen», «verschenken» oder «behalten und sanieren» – das sind die Optionen, die wir haben. Diese müssen nun vertieft besprochen werden. Die Rückweisungsanträge aus den Fraktionen haben gezeigt, dass viele Fragen offen sind, die in der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission gar nicht erst gestellt wurden.