Aarau
Nun gibt es Delikatessen in der Schlossmühle: Die Manufaktur Chalira ist umgezogen

Nach monatelanger Planerei und Bauzeit feiern die Aarauer Delikatessenmanufaktur Chalira und die Gesellschaft zur Schlossmühle diese Woche Eröffnung. Dabei ist aus der Mühlen-Attrappe am Schlösslirain die voll funktionstüchtige Schlossmühle geworden.

Katja Schlegel
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Im Hammer klappern die Mühlen
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Der Küttiger Mühlendoktor Kurt Fasnacht hat die Getreidemühle aus Bözen restauriert. Historisch sind Wasserrad und Getreidemühle, die Mühle selbst ist aus dem Jahr 1976. Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker zerschneidet das Band, flankiert von Urs Wälchli (Präsident Gesellschaft zur Schlossmühle, links) und Michael Morskoi (Gewürzmüller und Kopf von Chalira).
Der Küttiger Mühlendoktor Kurt Fasnacht hat die Getreidemühle aus Bözen restauriert.
Historisch sind Wasserrad und Getreidemühle, die Mühle selbst ist aus dem Jahr 1976.

Im Hammer klappern die Mühlen

CH Media

Es klingt so, als würden Baumnüsse durcheinanderkullern. Vielleicht auch ein bisschen nach Hufgetrappel, unbeschlagene Hufe. Ganz bestimmt aber tönt es lebendig, nach einem Puls. Es ist das Rumpeln und Klackern von zwei mahlenden, je gut 600 Kilogramm schweren Granitsteinen, von einem darauf hüpfenden Holztrichter, das Knarzen von Lederriemen und Sirren der Zahnräder. Es ist das ureigene Geräusch der Schlossmühle Aarau. Und es ist das erste Mal, dass sie so klingt.

Aus der Mühlen-Attrappe am Schlösslirain wird diese Woche offiziell die voll funktionstüchtige Schlossmühle: Nach monatelanger Planerei und Bauzeit feiern die Aarauer Delikatessenmanufaktur Chalira und die Gesellschaft zur Schlossmühle diese Woche Eröffnung. Nach einer kleinen Feier mit dem Stadtrat findet für die Bevölkerung am Samstag ein «Tag des offenen Tors» statt.

Gewürzmüller Michael Morskoi und Mühlendoktor Kurt Fasnacht nehmen die alte Getreidemühle aus Bözen in Betrieb:

Dank Bözen und der Autobahn hat Aarau diese Mühle

Was es mit der Attrappe auf sich hat, erklärte Urs Wälchli, Prä- sident der Gesellschaft zur Schlossmühle, anlässlich dieser kleinen Einweihungsfeier: Denn obwohl die Mühle mit Rad und Getreidemühle über all die Jahre komplett eingerichtet war, so war sie doch nicht wirklich funktionstüchtig. Und auch alt ist sie nicht; sie ist ein Bau aus dem Jahr 1976, errichtet von den ­Aarauern Ortsbürgern. «Das Inventar nämlich ist ein Geschenk aus Bözen; da hatte man die Mühle beim Bau der Autobahn geräumt, um Platz für das Baustellenbüro zu schaffen», so Wälchli.

Seither stand sie also da, die Mühle. Schlief einen Dornröschenschlaf, der früher nur von den Schulkindern gestört wurde, die hier eigenes Brot bu- ken. Aus dem Dämmerschlaf schliesslich holte die Mühle der Stadtrat, der sie 2017 zur Vermietung ausschrieb. Per Zufall wurde der Gewürzmüller und Kopf hinter Chalira, Michael Morskoi, auf das Inserat aufmerksam. 2018 bekam er den Zuschlag für sein Konzept, das er gemeinsam mit dem Küttiger Mühlendoktor Kurt Fasnacht und Architekt David Flores ausgearbeitet hatte. Eine Mühle für den Gewürzmüller; für Morskoi mehr als nur ein Wunsch, der nun in Erfüllung geht: «Wenn wir eine Mühle gesucht hätten, hätten wir niemals eine gefunden. Und manchmal kann ich es noch immer kaum glauben.»

«Wir wollen die Produktion erlebbar machen»

Was 2011 einst als kleines Experiment zur Zimmerstunde begann, ist heute ein florierendes Geschäft: Ein fünfköpfiges Kern-Team um Morskoi stellt Gewürzmischungen, Würzpasten und Senf aus biologisch an- gebauten Zutaten her, die an 135Verkaufsstellen sowie einen Bio-Grosshandel geliefert werden. Das braucht Platz. Platz, der am bisherigen Daheim im Ochsengässli langsam aber sicher knapp wurde. Und es fehlte an Raum, um die Produktion einsehbar zu machen. «Wir wollten die Produktion unserer Lebensmittel erlebbar machen, um Nähe zu unseren Produkten zu schaffen», sagt Morskoi.

Für die Nutzung als Gewürz- und Getreidemühle samt Fa­brikladen und Degustationskeller waren aber diverse bauliche Anpassungen nötig. Mitten in den Raum wurde eine gläserne Kabine gebaut, in der die Gewürz- und Senfproduktion, eine kleine Küche sowie der Fabrikladen untergebracht sind. Die verschiedenen historischen Mühlen – die Getreidemühle, die Gewürz- und Senfmühlen – sind frei sichtbar, hinter Glas sieht man die Zahnräder und Riemen zwischen Wasserrad und Mühlstein drehen.

Auf dem durch den Einbau der Kabine entstandenen Zwischenboden befinden sich die Abfüllerei und der Versandbereich; im neu gegrabenen Keller sollen die Senfe reifen und Degustationen stattfinden. Ebenfalls ausgebaut wurde der Dachstock, er soll als Event- und Lagerbereich genutzt werden. Die Kosten für diesen Innenausbau – in der Grössenordnung von rund 250000 Franken – hat die Gesellschaft zur Schlossmühle mit Spendengeldern gestemmt; die Arbeiten an der Gebäudehülle zahlt die Stadt.

«Diese Mühle ist ein Geschenk, das wir gern bespielen. Und für das wir den Aarauern gern etwas zurückgeben wollen», so Urs Wälchli. Die Schlossmühle wird deshalb mit musealen und ­kulturellen Aktivitäten bespielt; soll für Schulklassen, Stadtführungen und für Privatevents ­offenstehen. Ganz so, wie es Urs Wälch­li schon vor dem Um- bau versprochen hatte: «Das Projekt trägt zur kulturellen und ­städtebaulichen Wiederbelebung dieses wunderschönen ­Ortes bei.»

Tag des offenen Tors

Samstag, 5. September, von 10 bis 16 Uhr, mit Führungen in Kleingruppen. Um 11 und 14 Uhr Vorführung Gewürzmühle, um 14 und 16 Uhr Getreidemühle.