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Flüchtlingskinder die noch nicht zur Schule gehen können, müssen ihre viele Freizeit mangels Alternativen in den Unterkünften verbringen. Um die Kinder aus der Isolation zu holen, hat Milena Wenger das Projekt «KiZ – Kinderzeit» initiiert.
Seit letztem Sommer hat Milena Wenger Zeit. Zeit, die sie verschenken will. Und zwar an Menschen, die ebenfalls Zeit haben, fast zu viel Zeit: Flüchtlingskinder. Am kommenden Freitag zeigt sie gemeinsam mit ihren Schützlingen im Aarauer Kultur- und Kongresszentrum (KuK) eine Benefizshow.
Eine Rückblende: Im Herbst hat die frühere Praxismanagerin verschiedene Flüchtlingsheime in der Region besucht, um herauszufinden, was die Menschen dort am dringendsten brauchen. Sie hat mit der Caritas, dem Jugendrotkreuz und dem Verein Netzwerk Asyl Kontakt aufgenommen und kam zum Schluss: «Oberste Priorität haben jene Kinder, die noch nicht zur Schule gehen können. Der Einschulungsvorbereitungskurs lässt vier bis fünf Halbtage unter der Woche frei, das ist zu viel Freizeit für Kinder», sagt Milena Wenger.
Um die Kinder aus den Unterkünften und der sozialen Isolation herauszuholen, hat sie das Projekt «KiZ – Kinderzeit» ins Leben gerufen. Die Idee: Mehrmals monatlich organisiert sie mit ihren gut 25 freiwilligen Helferinnen Bastelnachmittage, Sportveranstaltungen, Minigolf-Trips und Hallenbadausflüge. «Das Angebot ist gratis, unsere Arbeit ehrenamtlich und wir versuchen, Brücken zur einheimischen Bevölkerung zu schlagen», erzählt Wenger. Sie besucht die Eltern der KiZ-Kinder jeden Monat persönlich, stellt ihnen das Monatsprogramm vor und schickt Erinnerungs-SMS zu Veranstaltungen an alle Beteiligten. Sie holt die Kinder jeweils ab und bringt sie nach jedem Anlass wieder in die Unterkunft zurück. Ein enormer Aufwand, um das Angebot so niederschwellig wie möglich zu gestalten.
Doch Milena Wenger will noch mehr. Anfang Mai startet die integrative Waldspielgruppe «mini-KiZ», mit der sie die allerjüngsten Flüchtlingskinder abholen will. «Es reicht eben nicht, nur von sozialem Engagement zu sprechen, es braucht auch jene, die einen zusätzlichen Schritt machen», sagt Wenger. Einen Vorwurf macht sie aber niemandem, auch nicht den kantonalen Behör-den, die für die Betreuung der Flüchtlingskinder verantwortlich sind. «Ich schenke diesen Kindern meine Zeit wahnsinnig gerne und freue mich, dass die positive Energie des Pro-
jekts so viele Helferinnen und private Spender auf den Plan gerufen hat», betont Wenger.
Doch die zahlreichen Sach- und Geldspenden, die sie vorwiegend über Facebook-Aufrufe erhalten hat, und die Zustüpfe, die ihr die Fachstelle Familie und Kind der Stadt Aarau gibt, reichen nicht, damit das Projekt langfristig überleben kann. «Seit Anfang Monat sind wir ein Verein, schreiben bald Stiftungsgesuche und möchten spätestens 2017 auch einen eigenen Raum haben, in dem wir Flüchtlingskindern einen begleiteten Treffpunkt ausserhalb der Asylzentren bieten können», erzählt Wenger über ihre KiZ-Zukunftspläne. Um diesen Zukunftsträumen einen Schritt näher zu kommen, lädt der Verein KiZ Kinderzeit am Freitagabend zu einer Benefiz-Show ins Aarauer Kultur- und Kongresszentrum.
Auf der Bühne stehen 20 KiZ-Kinder und 7 Aarauer Schulkinder zwischen 6 und 14 Jahren. Die Nachwuchsakrobaten üben die ganze Ferienwoche lang für den grossen Auftritt. «Wir mit Profis und freiwilligen Helfern, die mit den Kindern Kunststücke, Lieder und Choreografien einstudieren», erzählt die KiZ-Initiatorin. Das Ziel: eine einstündige Show, kreativ, lustig, kunterbunt und mit einem kleinen Buffet.
Sind denn die KiZ-Kids schon nervös? «Natürlich», sagt Milena Wenger und schaut auf den herumturnenden Haufen KiZ-Kids im Garten ihres Übungscamps an der Westallee. «Für viele ist es der erste Auftritt als Künstler, Sänger oder Turner – und das gleich im KuK! Die Vorfreude überwiegt aber eindeutig.»
Ob die 200 Tickets alle weggehen und ob der Anlass die erhofften Einnahmen bringen wird, ist noch offen. Das eigentliche Ziel der KiZ-Show aber hat Milena Wenger schon jetzt erreicht: «Ich möchte den Kindern mit der Ferienprojektwoche eine bleibende Erinnerung mit auf den Weg geben, wo immer sie auf ihrer Reise letztlich landen werden.» Denn was man mitnimmt im Leben und was einen wirklich prägt, das sind Momente wie diese, auf die man lange stolz sein und an denen man sich noch Jahre später erfreuen kann. Davon ist Milena Wenger überzeugt. Und dafür verschenkt sie gerne ihre Zeit.
Benefizveranstaltung «KiZ-Show» im KUK mit Buffet am Freitag, 22. April, um 19 Uhr. Tickets gegen Spende ab 20 Franken. Abendkasse ab 18 Uhr, Vorverkauf im Kaufhaus zum Glück, Metzgergasse 5.