Der Maienzug ist der schönste Tag im Jahr - auch bei der Hitze beim Start am Morgen. Manche hatten so einen schweisstreibenden Job – für sie wäre es da etwas schöner gewesen, wäre es auch etwas kühler gewesen.
«Mir gefällt das einfach, die Stimmung ist anders als sonst, freundlich.» Es ist Viertel nach acht. Polizeichef Roland Ringier richtet beim Schlossplatz die Abschrankungen, während Mütter ihre Kinder im Veloanhänger zum Sammelplatz fahren: Kleine Prinzessinnen, weisse Rüschenröckchen, im Haar hübsche Kränzchen mit feinen Blümchen. Die Buben haben es mit der Garderobe einfacher: Das mit der Granate geschmückte Hemd muss einfach weiss sein, schneeblütenweiss.
Zu bedauern die Männer, wie etwa Schulleiter Remi Bürgi, der sich nicht nur als Altherr einer Studentenverbindung, sondern auch als Amtsperson in Schale werfen musste, den Kittel nach der Tropennacht noch lässig über die Schulter geworfen. Später, im Umzug, verbietet das der Komment. Peter Roschi lotst seine Kadettenmusik durch die Menschenmenge, auch er im Kittel. Eine Dreiviertelstunde später fliesst ihm der Schweiss über Gesicht und Nacken, der Kittel bleibt an.
Die Stadtmusik in ihrer historischen Uniform kreuzt durch die Laurenzenvorstadt auf und beharrt auf ihrem Vortrittsrecht gegenüber der Musikgemeinschaft Küttigen-Biberstein, die von der Kasinostrasse her anmarschiert. Einen schweisstreibenden Job machen die Pontoniere – im Gegensatz zu ihren Passagieren vom Zentrum für körperbehinderte Kinder (Zeka), die sich in den mit Rädern ausgerüsteten Pontons in den Graben kutschieren lassen.
Der Polizeichef wirft einen Blick auf die digitale Zeitangabe seines Handy. «Keine Minute zu früh, gell», ruft ihm jemand aus der dichten Zuschauerkulisse zu. Das dichte Gewusel im Graben gruppiert sich.
Klasse um Klasse, vom Kindergarten bis zu den Berufsschulen. Und mittendrin die städtischen Honoratioren. Stadtpräsidentin Jolanda Urech mit einem kecken blumendekorierten Hütchen und voraus die strahlende Sara mit der Standarte. Es ist punkt neun. Roschi hebt die Hand, gibt den Tambouren das Zeichen. Trommelwirbel, Festumzug.