Kolumne
Leben in Aarau mit Martina Suter: Gelebte Demokratie

Martina Suter
Martina Suter
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Die Altstadt Aaraus aus der Vogelperspektive. (Archivbild)

Die Altstadt Aaraus aus der Vogelperspektive. (Archivbild)

Keystone/ALESSANDRO DELLA BELLA

Aarau ist eine Stadt, die (noch) funktioniert. Im Städteranking liegt der Aargauer Kantonshauptort auf Platz Fünf. Die hohe Lebensqualität ist die Folge des grossen Engagements der Behörden, der Gewerbetreibenden und Unternehmern, aber auch der aktiven Bürgerinnen und Bürger während der letzten Jahrzehnte.

Am Sonntag wird nicht nur ein neuer Stadtpräsident gewählt, sondern auch 50 Volksvertreter fürs städtische Parlament. Sie sind es, die in den nächsten vier Jahren massgeblich die Geschicke von Aarau lenken werden. Sage und schreibe 205 Namen von Kandidierenden stehen auf den verschiedenen Parteilisten für den Einwohnerrat. Sie alle erklären sich bereit, aktiv mitzutun – grossartig! Das Milizsystem stosse an seine Grenzen, liest man immer wieder. Aarau beweist das Gegenteil.

Geld kann zum Glück nicht die Motivation sein. Die mehrstündigen Einwohnerratssitzungen werden mit 80 Franken pro Abend entschädigt, die Vor- und Nachbereitungszeit und die Besprechungen in der Partei werden nicht abgegolten – und der zeitweilige Ärger auch nicht. Warum ich mir das antue, werde ich immer mal wieder gefragt. Mir liegt Aarau am Herzen! Diese Antwort würden alle meine Ratskolleginnen und -kollegen wohl auch geben. Sprechen kann ich aber nur für mich.

Ich empfinde dieses Mandat als Freude und Last zugleich. Auf der einen Seite entwickle ich regelmässig Leidenschaft und Feuer für einzelne Anliegen, die aus meiner Sicht die Lebensqualität verbessern helfen oder aber kreative Lösungen für städtische Herausforderungen darstellen. Auf der anderen Seite gilt es auch Frust auszuhalten. Wenn es ans Eingemachte geht, wird es in der Hitze des Gefechts auch mal persönlich. Dann hilft mein sonniges Gemüt, diese Momente schnell hinter mir zu lassen. Die bürgerliche Ratsminderheit, die ich vertrete, wurde oft auch überstimmt. Trotzdem habe ich weder Freude noch Energie verloren, um weiterhin für liberale Werte einzustehen, die mir wichtig sind.

Aber nicht nur in der Politik, sondern auch im Sozialbereich, in der Kultur und im Sport sind es immer wieder Privatpersonen, die durch ehrenamtliches Engagement einer Idee zum Erfolg verhelfen. Jüngstes Beispiel ist die Initiative meinstadion.ch zur Rettung des Fussballstadions. Dieser Freiwilligkeit, die wie das Wort schon sagt aus freiem Willen und Handeln entsteht, muss Raum gegeben werden. Wir müssen sie unterstützen und fördern, weil sie für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft so wichtig ist.