Küttigen
Der Gemeinderat will künftig selber einbürgern – und fragt die Einwohner, was sie davon halten

Immer mehr Gemeinden, vor allem ab einer bestimmten Grösse, lassen nicht mehr durch die Stimmberechtigten einbürgern, sondern durch den Gemeinderat. Das ist aber nicht immer unumstritten. Der Küttiger Gemeinderat schickt einen entsprechenden Entwurf der revidierten Gemeindeordnung in die Vernehmlassung.

Nadja Rohner
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Einbürgerungswillige können Kurse besuchen, die ihre Integration verbessern. Eine Garantie, dass die Stimmbürger an der Gmeind Ja sagen, haben sie nicht.

Einbürgerungswillige können Kurse besuchen, die ihre Integration verbessern. Eine Garantie, dass die Stimmbürger an der Gmeind Ja sagen, haben sie nicht.

Chris Iseli

Der Küttiger Gemeinderat will künftig selber einbürgern und dies nicht mehr der Gemeindeversammlung überlassen. Jedenfalls ist dies Teil einer Revision der Gemeindeordnung. Sie ist noch nicht für die kommende Sommergemeindeversammlung traktandiert – zunächst schickt der Gemeinderat den Entwurf in eine Vernehmlassung an alle interessierten Einwohnerinnen und Einwohner. Sie sollen bis Ende Juni Stellung nehmen können.

Die Gemeindeordnungsänderung betrifft verschiedene Punkte. Eine davon ist die Abschaffung der Schulpflege. Diese ist, da auf Kantonsebene beschlossen, nur noch eine Formsache. Eine kleinere Anpassung betrifft die Frage, wann die Finanzkommission eine Stellungnahme zuhanden der Gemeindeversammlung abgibt. «Hier werden die Bestimmungen in der Gemeindeordnung der gelebten Praxis in Küttigen angepasst», erklärt Gemeindeammann Tobias Leuthard.

Eine weitere Modifikation schlägt der Gemeinderat bei den Kompetenzsummen für den Verkauf und den Kauf von Grundstücken vor. Konkret soll der Gemeinderat Grundstücke bis zu einem Höchstbetrag von 1,2 Mio. Franken in Eigenregie kaufen dürfen (bisher: 800'000 Franken). Beim Verkauf soll er künftig bis zu einem Betrag von 750'000 Franken selber entscheiden dürfen (bisher: 500'000 Franken). «Wir haben nicht vor, aktive Landpolitik zu betreiben», sagt Leuthard. «Unser Vorschlag ist vielmehr eine Reaktion auf die gestiegenen Marktpreise in Küttigen. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, zur Arrondierung öffentlicher Anlagen – etwa der Schulen – einen Landkauf zu tätigen, will der Gemeinderat flexibel und rasch reagieren können, ohne zuerst einen Gemeindeversammlungsbeschluss abwarten zu müssen.» Als Beispiel nennt er den Kauf eines Grundstücks neben der Schulanlage Dorf (am Kreuzweg): Der Kauf war für eine Gemeindeversammlung traktandiert, die dann wegen Corona abgesagt werden musste. Nur, weil die Grundeigentümer dem Gemeinderat entgegenkamen und den Preis in den Bereich der Kompetenzsumme senkten, konnte der Gemeinderat Ende 2020 das Land kaufen.

Der Passus, der am meisten zu reden geben dürfte, ist die erwähnte Kompetenz für die Zustimmung des Gemeindebürgerrechts. Küttigen hatte Ende 2020 6459 Einwohnende, davon 16 Prozent Ausländerinnen und Ausländer. An praktisch jeder Gemeindeversammlung sind einige Einbürgerungen traktandiert. Nicht immer geht das gut aus für die Antragsteller: 2003 haben die Küttiger zwei Einbürgerungsgesuche von Vätern mit ihren Kindern, aber ohne die jeweiligen Mütter, abgelehnt. 2017 taten sie dies erneut, als sich ein Iraker, der seit 2001 in der Schweiz und seit 2007 in Rombach lebte, mit seinen vier kleinen Kindern einbürgern lassen wollte. Die Ehefrau hatte es ebenfalls versucht, ihr Gesuch aber zurückgezogen, als ihr schon im Vorfeld beschieden worden war, dass unter anderem ihre Deutschkenntnisse zu schlecht seien. Mit 51 Ja zu 88 Nein lehnten die Stimmbürger das Gesuch von Vater und Kindern ab – das Fehlen der Mutter sei «inakzeptabel», hiess es unter anderem von der FDP.

In all diesen erwähnten Fällen hätte ein Rekurs beim Regierungsrat gute Chancen gehabt. Die Familien verzichteten jedoch darauf. Für die irakische Familie – wohlverstanden immer noch nur den Vater und die Kinder – ging die Geschichte am Ende gut aus: Sie wurden im Dezember 2019 beim zweiten Versuch eingebürgert.

Ist der gemeinderätliche Vorschlag eines Paradigmenwechsels nun eine Reaktion auf diese umstrittenen Entscheide? «Nein», sagt Tobias Leuthard. «Das war im Gemeinderat schon länger Thema, man hat es aber auf die nächste Gemeindeordnungsrevision vertagt.» Aus Sicht des Gemeinderats sei es nicht mehr zeitgemäss, an der Gemeindeversammlung über Einbürgerungen zu entscheiden. Dass der Gemeinderat – der sich im Vorfeld ohnehin mit den Dossiers befasst – darüber entscheidet, sei «kompetenzorientiert und effizient».

Wann die revidierte Gemeindeordnung zur Abstimmung kommt, ist noch nicht entschieden – entweder an der Wintergmeind 2021 oder der Sommergmeind 2022.