KOLUMNE
Vom sonnigen Fussballplatz in den dunklen Keller

Wie Siria Berli, Captain der FC Aarau Frauen, den Lockdown für eine Firmengründung nutzte.

Siria Berli*
Siria Berli*
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Siria Berli beim Fussballspielen

Siria Berli beim Fussballspielen

Zvg / Aargauer Zeitung

5.50 Uhr aufstehen, 7.00 Uhr im Gym, danach zur Schule. Nach dem Unterricht mit dem Zug nach Hause. Zwei Trainings am Tag, fünf Tage die Woche. Die wenigen freien Stunden verbringe ich mit meiner Familie und meinem Freund Marvin. Vor Corona war mein Alltag immer klar durchstrukturiert. Am Freitagabend nach dem Training sehe ich Gleichaltrige, aufgestylt, auf dem Weg zur Disco. Ich stehe in meinen Jogginghosen und Sneakers da, auf dem Weg nach Hause, denn samstags ist Spieltag. Am Wochenende trage ich mehr das Fussballtrikot als meine Ausgangskleider.

Zur Person

*Siria Berli

*Siria Berli

Siria Berli (19) geht in die Sport-Kanti, ist Captain des FC Aarau Frauen und Kleinunternehmerin. Sie wohnt in Birrwil.

Für andere hört sich das nach einem grossen Verzicht an, für mich ist das jedoch nicht so. Ich gehe zwar viel weniger feiern als andere, dafür geniesse ich solche Momente mit meinen Freundinnen und Freunden umso mehr. Durch Corona und die- uns allen bekannten Massnahmen hat sich mein durchstrukturierter Tagesablauf sehr verändert. Momentan können unsere Fussballtrainings nur ein- bis zweimal die Woche am Morgen stattfinden. Seit ein paar Wochen haben wir gar keinen Präsenzunterricht mehr. Klar hört sich Online-Schooling auf den ersten Moment angenehm und locker an. Ein paar Minuten extra Schlaf, keine vollen Züge am Morgen und die zehn Franken für das Schülermenu bleiben auf meinem Konto. Ich vermisse es jedoch, meine Freunde tagtäglich zu sehen. Ich bin auf dem Fussballplatz wie auch im Alltag eine Teamplayerin, die sich gerne mit allen unterhält und austauscht.

Da das Heben von Gewichten in meinem Gym in Aarau nicht mehr möglich ist, wird meine Mutter durch das Aufprallen von Hanteln aus ihrem Schlaf gerissen. Denn ich habe in unserem Keller ein kleines Homegym eingerichtet, in welchem ich vor dem Online-Unterricht Kraft, Ausdauer oder Koordination trainiere. Noch konnte ich meine Mutter nicht dazu motivieren, mit mir morgens Sport zu machen – wer weiss, ob wir dies jemals erleben dürfen. In meinem Alltag gab es plötzlich mehr Zeit für die Familie, meinen Freund, mich und andere Brainstorm-Projekte. Daraus gründete ich mit Marvin unsere erste Firma Fitfoods.

Siria Berli ist Captain der FC Aarau Frauen.

Siria Berli ist Captain der FC Aarau Frauen.

Britta Gut

Ich will zwölf Monate zurückdenken, damit nachzuvollziehen ist, warum zwei junge Erwachsene Superfoods und vegane Proteinshakes im Internet verkaufen: Im Sommer 2019 stellte ich meine Ernährung aus ethischen Gründen von Vegetarisch auf Vegan um. Ein Vegi war ich schon gefühlt mein ganzes Leben lang, aber eine Veganerin? Neuland für mich. Ich dachte immer, dass Veganerinnen und Veganer auf extrem viel verzichten müssen, starken Nährstoffmangel haben und nur Gemüse essen können. Hört sich für jemanden, der täglich Sport macht und genügend Kalorien, Kohlenhydrate und vor allem Proteine zu sich nehmen muss, unpassend an.

Wo es jedoch einen Willen gibt, gibt es auch einen Weg. Also fing ich an, mehrere Stunden im Internet zu recherchieren, E-Books zu lesen, Podcasts zu hören und mich mit veganen Topsportlerinnen und Topsportlern auszutauschen. Da schien es mir gar nicht mehr so schwer, das Joghurt am Morgen einfach durch ein Sojajoghurt zu ersetzen sowie beim Abendessen anstatt Halbrahm Haferrahm zu verwenden. Bei meiner «Vegan-Recherche» stiess ich auf Superfoods: Pulver aus Wurzeln, Beeren oder Algen, welche extrem nährstoffreich sind. Sie sollen dabei helfen, die Regenerationszeit zu beschleunigen, mehr Energie zu haben, sich ausgewogener zu ernähren und dabei eine Menge Zeit zu sparen. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. In der Schweiz war es jedoch sehr schwer, an hochwertige Superfoods zu gelangen, welche für mich als Kantonsschülerin bezahlbar waren. So entstand die Idee für Fitfoods. Aus der anfänglichen Brainstorm-Idee wurde acht Monate später meine erste Firma.