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Innert zehn Jahren hat die Mobimo das verlebte Industriequartier komplett umgekrempelt – jetzt wird das Aeschbachquartier offiziell eröffnet.
«Im ersten Moment habe ich leer geschluckt», sagte Mobimo-Verwaltungsrat und ehemaliger CEO Christoph Caviezel am gestrigen Medienrundgang. Leer geschluckt ob der Halle, die da mitten im Areal stand, die einstige Werkstatthalle der «F. Aeschbach AG», riesig und rostig und versprayt – und denkmalgeschützt. Was macht man mit einer solchen Halle?
Das war vor über 17 Jahren. Ab 2001 kaufte die Mobimo auf der Industriebrache ein Grundstück nach dem andern, Hallen und Büroräume, wo einst die Arbeiter der Firmen Oehler und Aeschbach geschuftet hatten, dazu das Hochhaus von Sprecher + Schuh (heute Rockwell) mitsamt den Produktionshallen, die Villa Oehler, die Häuser an der Torfeldstrasse, eine Tankstelle. Insgesamt 55'000 Quadratmeter Stadt, verlebt, heruntergekommen, zwischengenutzt. 55'000 Quadratmeter für etwas Neues, Grosses, für etwas Zusammenhängendes. Für einen neuen Aarauer Stadtteil aus einem Guss. «Ein solches Areal zu überbauen, und das mitten in einer Stadt – diese Gelegenheit bekommt man nicht oft», sagt Caviezel. Der einzige Nachteil: Es dauere lange. «Wir haben 17 Jahre lang Geld ausgegeben. Das braucht enorm viel Schnauf.»
Entstanden ist in diesen 17 Jahren das Aeschbachquartier. Ein Quartier zum Wohnen und Arbeiten, ein Quartier zum Bummeln und Ausgehen. Auf die Frage, was man mit einer denkmalgeschützten Halle aus dem Jahr 1901 anstellen soll, hat die Mobimo die Antwort gefunden: Die Aeschbachhalle ist das Herzstück des Quartiers geworden. Restaurant, Eventlokal, Hotel, Coworking-Büro, Designmöbel-Geschäft, alles in einem. Betreiberin ist die Berner Oberländer Firma «daskonzept AG» von Ueli und Marc Biesenkamp, die in Aarau das Konzept ihres erfolgreichen Thuner Event-Komplexes «Halle 6» klonen.
Die Vielfalt gibt es nicht nur in der Halle und den Geschäftsbetreibern in den umliegenden Häusern, sondern auch in der Architektur. Um diese zu bekommen, wurden die Gebäude im Quartier von drei verschiedenen Architekturbüros entworfen. So war das holländische Büro KCAP Architects & Planners von Kees Christiaanse unter anderem für den städtebaulichen Entwurf, die Townhouses und die Aeschbachhalle verantwortlich, das Zürcher Büro Gmür & Geschwentner Architekten (federführendes Architekten-Team bei den Stadion-Hochhäusern) für die zwei Wohn- und Geschäftshäuser auf Baufeld 2 und die Aarauer Schneider & Schneider für die Stadtvillen sowie die Gebäude von GastroSocial.
Die Wohnungen sind gefragt; 89 der 92 Eigentumswohnungen sind inzwischen verkauft. Und nur ein gutes halbes Jahr nach Start der Vermietung sind 135 der 167 Objekte vermietet – und das trotz vergleichsweise saftigen Mietzinsen. So kostet eine Wohnung mit 4,5 Zimmern inklusive Nebenkosten zwischen 2475 und 2995 Franken, eine mit 2,5 Zimmern zwischen 1530 und 1890 Franken. Vermietet werden konnten auch die drei 8,5-Zimmer-Wohnungen (für 5000 Franken). Doch im urbanen Quartier bezahlt man das Lebensgefühl mit: Wer hier wohnt, lebt nicht in einer anonymen Siedlung, sondern in einem autofreien Quartier mit kleinen Geschäften, Restaurants, Park, Kita – und Arealmanager Reto Müller, der mit seinem Team das gesamte Areal bewirtschaftet.
«Ich gehe nicht davon aus, dass die Aeschbachhalle das konkurrenziert, was wir in Aarau schon haben.» Sie sei ein «ergänzendes Angebot für die Stadt», erklärte Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker gestern Abend. Betreiber Ueli Biesenkamp hat im ehemaligen Industriekomplex Grosses vor. Er sprach gestern von gegen 100 000 Besuchern jährlich.
«Mr Mobimo» Christoph Caviezel betonte, es sei der Investorin ganz wichtige, dass sich die Leute, die Bewohner, im Quartier wohlfühlten. «Denn wir wollen seinen Kern behalten.» Caviezel erklärte, die Mobimo habe sich in Aarau stets sehr willkommen gefühlt. Und er nannten die Namen der Alt-Stadtpräsidenten Marcel Guignard und Jolanda Urech, die an der Eröffnung dabei waren.
Architekt Beat Schneider wies darauf hin, dass insgesamt etwa 15 Häuser gebaut worden seien. Er verglich die Grösse des Quartiers mit der Altstadt. (uhg)
Ausserdem steht den Bewohnern ein Online-Tool, eine Art Quartier-Intranet, zur Verfügung, über das sie nicht nur über quartierinterne Neuigkeiten, Veranstaltungen oder die nächste Grünabfuhr informiert werden, sondern auch gleich den Hauswart bestellen können, um ein Bild aufzuhängen oder während der Ferien die Blumen zu giessen. Weiter ist im Mietpreis das Mobility-Jahresabo inbegriffen. Ein Angebot, das laut Caviezel bislang schweizweit einzigartig sein dürfte.
Noch ist die Arbeit für Mobimo nicht erledigt. Offen ist, was auf Baufeld 3 passiert, wo die Rockwell bis 2023 eingemietet ist. Klar ist laut Caviezel, dass der Ist-Zustand nicht beibehalten werden soll – unabhängig von der Zukunft Rockwell-Arbeitsplätze in Aarau.
Das Aeschbachquartier bietet auf vier Baufeldern Raum für 600 Bewohner und 1000 Arbeitsplätze. Auf Baufeld 1 steht der GastroSocial-Tower (65 Mio. Investitionsvolumen). Die Sozialversicherung beschäftigt hier 260 Mitarbeiter. Baufeld 2 ist ein Mix mit Wohnen, Gewerbe und Aeschbachhalle. Von den 167 Wohnungen sind 135 vermietet. Von den 5300 m2 Gewerbefläche (inkl. Aeschbachhalle) sind 70 Prozent vermietet (107 Mio. Investitionsvolumen). Auf Baufeld 3 steht der Geschäftssitz der Rockwell Automation (23 Mio. Investitionsvolumen). Baufeld 4 umfasst 92 Wohnungen im Stockwerkeigentum (73 Mio. Investitionsvolumen, 80 Mio. Verkaufsvolumen, mit Parkplätzen 84 Mio.). 89 Wohnungen sind verkauft.