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Eine tamilische Hochzeit mit 200 Gästen im Aarau Rohr artet aus und es kommt zu einer Massenschlägerei. Wer ist der Schuldige? Am Bezirksgericht in Aarau versuchte die Grossmutter das Geschehen zu rekonstruieren.
Eine Hochzeit, die mit einer Schlägerei endet, ist ungewöhnlich. Ein Gerichtsfall, bei dem alle Angeklagten und sämtliche Zeugen Tamilen sind, ist ebenfalls ungewöhnlich.
Da küsst doch die Grossmutter im Sari dem Übersetzer nach ihren recht anschaulichen Aussagen die Hand und verneigt sich vor der Richterin. Zupft dann ihren Sari zurecht und geht weinend aus dem Gerichtssaal, während der Enkel – einer der Angeklagten – lacht.
Zugleich will der Angeklagte mit Schnauz partout nicht still sein, weil er das Gefühl hat, alles besser zu wissen.
Und sein Bruder – Angeklagter Nummer drei – mit Anzug und nach hinten gegelten Haaren, führt mit seinem Anwalt ein kurzes Theater auf, um für alle verständlich darzulegen, warum er denn nun seinem Cousin den Schlagstock über den Schädel gezogen hatte. Böse ist der ebenfalls anwesende Cousin nicht auf ihn, obwohl er nun ständig Kopfschmerzen hat.
Richterin Bettina Keller behielt einen kühlen Kopf und bewies starke Nerven.
Es war im März 2010, als ein Brautpaar sein Hochzeitsfest in der Turnhalle in Rohr feierte. 200 Gäste waren eingeladen. Um 16 Uhr kam es zum Eklat.
Vor Gericht erzählte die Grossmutter, was dann geschah: Das Brautpaar war auf der Bühne, sie selber habe gerade die Schuhe ausgezogen, um die Treppe zur Bühne hinaufzugehen.
Dort sollte das finale Hochzeitsfoto geschossen und das obligate Geldgeschenk übergeben werden. Die Grossmutter gestikuliert wild und spricht viel. Der Dolmetscher übersetzt: «Zwei gaben das Geld, gingen in Richtung Küche und begannen eine Schlägerei.
Zeuge Nummer zwei erzählt, es sei alles gut gelaufen, er habe gerade sein Geschenk übergeben wollen, als plötzlich die Schlägerei begann. Sein Anzug und seine Goldkette seien dabei zerrissen worden.
Der jüngste der drei Angeklagten war am Schlimmsten zugerichtet worden. Er hatte eine Rissquetschwunde am Kopf, innere Blutungen sowie Prellungen. Er sagte vor Gericht, er sei ohne Vorwarnung angegriffen, zu Boden gestossen, getreten und mit einer Whiskey-Flasche ins Gesicht geschlagen worden.
Die zwei anderen Angeklagten sagten: Der Jüngste habe angefangen, mit dem Schlagstock zu prügeln. Der Jüngste sagt: «Warum sollte ich einen Schlagstock an eine Hochzeit mitnehmen?»
Klar ist: Damals schlugen sich Cousins die Stühle um die Ohren und verhauten Onkel ihre Neffen mit den herumstehenden Kerzenständern. Auch Frauen wurden an ihren Saris gerissen. Blut spritzte. Mindestens neun Personen waren beteiligt.
Nebulös bleibt der Grund für die Massenschlägerei. Ein Zeuge sagt, dass der jüngste Angeklagte bei einem Prozess, der kurz vor der Hochzeit stattfand, unliebsame Aussagen gemacht habe.
Vor Gericht sagten die Tamilen, dass sie Frieden machen wollten. Doch für einen Frieden ohne Strafe war es zu spät. Die drei Männer waren wegen Raufhandels angeklagt – ein Tatbestand, der von Amtes wegen verfolgt wird. Der jüngste Angeklagte und der mit Schnauz wurden dann auch wegen Raufhandels zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Der Angeklagte im Anzug zu einer bedingten Geldstrafe wegen einfacher Köperverletzung.
Dem Eheglück des Brautpaars schadete die Schlägerei übrigens nicht. Sie sind bereits dreifache Eltern. «Drei auf einmal», sagt ein Angeklagter und grinst.