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Dank eines weitgehend börsenbedingten Gewinnsprungs steigt die Dividende im Umfang von vier Steuerprozenten. Die Stadt Aarau als Hauptaktionärin bekommt so deutlich mehr.
Gewinn ist Gewinn – selbst dann, wenn er etwas glückhaft zustande gekommen ist. Die Eniwa, die im Grossraum Aarau rund 100'000 Personen mit Energie versorgt, hat im Geschäftsjahr den Reingewinn mehr als verdoppelt: von 3,9 auf 10 Millionen Franken. Allerdings entspricht die Gewinnsteigerung ziemlich genau der gegenüber dem Vorjahr besseren Performance des Wertschriftenbestandes der Eniwa (traumhafte Rendite von 16,4 Prozent). Die Hauptaktionärin Stadt Aarau (95,4 Prozent) bekommt mit 4,86 Millionen Franken wieder deutlich mehr Dividende. Die zusätzlichen 2,81 Millionen Franken entsprechen gut vier Steuerprozenten. Die Eniwa-Generalversammlung findet am 14. Mai statt – Corona-bedingt ohne physische Präsenz der Aktionäre.
Verwaltungsratspräsident Beat Huber betont, dass die Eniwa nicht nur Börsen-Glück hatte, sondern über weite Strecken auch gut arbeitete: «Wir konnten praktisch in allen Bereichen bessere Resultate erzielen als letztes Jahr.» Die Ebit-Marge stieg um 0,4 auf 6 Prozent. Das genügt dem Verwaltungsrat aber noch nicht: Das Unternehmen will die operative Ertragskraft weiter steigern.
Als «nicht zufriedenstellend» bezeichnet Präsident Huber die Resultate in den Dienstleistungsbereichen, die etwa 20 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmachen. Besonders wichtig ist dabei das Elektroinstallationsgeschäft (mehr als die Hälfte). Es ist politisch immer wieder umstritten. Der generelle Vorwurf lautet, die weitgehend staatliche Eniwa konkurrenziere die Privaten. Im Installationsgeschäft schrieb die Eniwa zum zweiten Mal in Serie rote Zahlen. «Wir erzielen in einigen Bereichen gute Resultate, haben jedoch insbesondere im Bereich der Grossprojekte schlecht abgeschnitten», erklärt Huber. Bei einem Grossprojekt im Segment Gewerbebau mussten schon zum zweiten Mal Rückstellungen getätigt werden. «Wir werden uns in Zukunft noch mehr auf wachstums- und ertragsstarke Geschäftsfälle konzentrieren», erklärt Huber.
Die Eniwa will sich insgesamt stärker fokussieren. Dieser Prozess hat bereits im Jahr 2019 eingesetzt. Die Zahl der Vollzeitstellen sank um 20 auf 307 – über natürliche Abgänge.
Ausserordentlich vorsichtig ist das Management, was die Coronakrise anbetrifft («Auswirkungen noch nicht abschätzbar»). Aktuell haben Teile der Belegschaft Kurzarbeit. CEO Hans-Kaspar Scherrer sagt im Jahresbericht: «Die Ressourcen sind vorübergehend nur noch eingeschränkt verfügbar, die Auftragslage hat sich rasch verschlechtert und im Bereich Dienstleistungen muss mit einem Einbruch gerechnet werden.»
Eine Erfolgsgeschichte ist laut Präsident Huber die Entwicklung beim Fernwärme/-kälte-Netz. «Wir haben bei der Akquisition der Wärme- und Kältekunden gute Fortschritte gemacht.» Der Absatz sei gegenüber dem Vorjahr um rund 15 Prozent gestiegen. Allerdings ist dieser Bereich erwartungsgemäss noch nicht profitabel: «Solche Infrastrukturprojekte brauchen erfahrungsgemäss einige Jahre, bis sie Gewinn abwerfen», sagt Huber. Er betont, die Eniwa stehe beim Aufbau der CO2-freundlichen Energien im Vergleich mit anderen Städten gut da.
Erfolge zu vermelden gibt es auch bei der Vermietung der leerstehenden Eniwa-Immobilien: Huber spricht von «sehr guten Fortschritten». Die vierte Etage im neuen Hauptgebäude ist mittlerweile voll belegt. Was den ehemaligen Hauptsitz in der Oberen Vorstadt anbetrifft, ist man mit dem Kanton in Verhandlungen betreffend Nutzung als Justizzentrum. Der Ball für den Kredit zum Umbau liegt jetzt beim Grossen Rat.
Für die Eniwa wirken sich die Erträge aus dem regulierten Bereich stabilisierend aus. Sie haben letztlich auch dazu beigetragen, dass der Umsatz leicht auf 158,8 Millionen Franken gestiegen ist. Was den Stromabsatz betrifft, ist im Jahresbericht die Rede vom Verlust einiger marktberechtigter Grosskunden – was für das Unternehmen insofern verkraftbar ist, als in diesem Bereich die Margen sehr tief sind.
Die Stromproduktion des Aarekraftwerks stieg dank der hohen Wasserführung im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 4,2 Prozent. Der Start in dieses Jahr war wegen der anhaltenden Trockenheit schwierig: Überhaupt war das Wetter für die Eniwa zu gut: Die warmen Wintermonate werden sich 2020 auf das Wärmegeschäft auswirken. Aktuell ist der Strompreis Corona-bedingt tief. Was hat das für Auswirkungen auf die geplante Grossinvestition für ein neues Aarekraftwerk? Präsident Huber lässt sich nicht beunruhigen: «Wir treiben das Projekt unabhängig von der Coronakrise und den damit einhergehenden Verwerfungen bei den Strompreisen voran. Bei einem Wasserkraftwerk rechne man mit einer Betriebsdauer von über 60 Jahren.
In der allerletzten Fussnote der Jahresrechnung thematisiert die Eniwa einen Streit mit der Alpiq, der vor einem Jahr bekannt geworden ist. Es geht um einen Energieliefervertrag. Die Alpiq hat im September beim Richteramt Olten-Gösgen eine Klage eingereicht, mit der sie von der Eniwa eine Zahlung von 18,3 Millionen Franken verlangt. Die Eniwa hält die Forderung für unbegründet. «Wir befinden uns in einem Gerichtsverfahren, welches uns wohl noch länger beschäftigen wird», erklärt Präsident Huber, «mehr kann ich dazu nicht sagen.»
Das Eniwa-Management verzichtet wegen der Coronakrise auf 56'900 Franken Bonus (148'100 statt 205'000 Franken – bei nahezu unveränderten Gesamtkosten von 1,7 Mio. Franken). Es wird im Jahresbericht nicht kommuniziert, wie stark sich der Coronaeffekt auf einzelne Gehälter auswirkt. Aber es ist davon auszugehen, dass CEO Hans-Kaspar Scherrer 2019 nahezu gleich viel verdiente wie im Vorjahr: Alles in allem (inklusive Entschädigungen für Mandate beispielsweise in Verwaltungsräten) bekam Scherrer 318'100 Franken (Vorjahr ohne Coronaverzicht 334'500 Franken).
Um etwas mehr als zehn Prozent gestiegen sind die Gesamtvergütungen des Verwaltungsrates: Sie beliefen sich auf 241'800 Franken. (uhg)