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Matthias Gehrigs abstrakte Kunstwerke ergänzen den neuen Themenweg. Wer schon lange nicht mehr auf dem Klinikgelände war, wird staunen.
Endlich – ab Mittwoch dürfen die Patientinnen und Patienten der Klinik Barmelweid wieder Besuche empfangen. Eine Person pro Tag (symptomfrei und wenn möglich mit negativem Selbsttest), eine Stunde lang, unter strengen Hygienemassnahmen. Damit rückt die Klinik ein kleines bisschen in Richtung Normalität, nachdem coronabedingt Besuche seit 20. November 2020 verboten waren.
Wer schon länger nicht mehr auf der Barmelweid war, wird staunen. Die seit mehreren Jahren laufenden Bauarbeiten, vor allem im Zuge des Bettenhaus-Neubaus, sind in der Abschlussphase. Seit letzter Woche hat der Empfangsbereich neue, elegante Sitzmöbel. Mit Pflanzen wird die von der Bauerei stark beeinträchtigte direkte Umgebung wieder so gestaltet, wie es auf der Jurahöhe (rund 800 Meter über Meer) natürlicherweise der Fall wäre. Erst gerade wurden grosse Bäume angeliefert, aus Deutschland, weil es sie in dieser Grösse in der Schweiz nicht zu kaufen gebe, so Klinik-Kommunikationsleiterin Martha Brem.
Quasi als Gegenstück dazu stehen einheimische Pro-Specie-Rara-Hochstämmer neben der künftigen Restaurantterrasse. Diese ist gerade im Bau, verspricht aber jetzt schon ein lohnendes Ausflugsziel zu werden. Neben der Terrasse wird dereinst ein Pflanzblätz entstehen, nicht mit Zierpflanzen, sondern mit Essbarem.
In den letzten Tagen hörten die Patienten öfter mal eine Kettensäge. Damit erstellt der Bibersteiner Matthias Gehrig seine Werke. Holzkunst, die künftig den neuen Artenvielfalt-Themenweg «Kraut und Rüben» ergänzen wird. Ergänzen deshalb, weil die Kunstwerke nicht im Mittelpunkt stehen sollen. Es sind vielmehr Akzente, «wahrnehmbar, aber dezent», so Gehrig.
Die abstrakten Skulpturen werden QR-Codes tragen, auf denen die Spaziergänger an jeder der elf Stationen des neuen Themenwegs Tondokumente abrufen können. Eine Stimme erzählt ihnen dann Wissenswertes zur Tier- und Pflanzenwelt auf der Barmelweid, oder aber einfach nur gute Geschichten.
Etwa im Juni soll der Themenweg in Betrieb sein. Matthias Gehrig hat noch Zeit, seine elf Werke fertigzustellen. 150 Stunden Arbeit und sechs Kubikmeter Holz sind nötig, auch von einem Baum, der beim grossen Schnee im Januar umstürzte.
Oben auf der Barmelweid erhalten die Werke nur noch den Feinschliff. Den Grobschnitt hat Gehrig in seinem «Outdoor-Atelier» im Buechwald gemacht. Es liegt im Wald oberhalb der Gehren zwischen Erlinsbach und Küttigen, in einem Eichenreservat – just das nachhaltige und regionale Material, das Gehrig ausschliesslich verwendet. «Es ist sehr hart und dauerhaft, ausserdem witterungsbeständig», sagt er. Aber anspruchsvoll in der Bearbeitung, wegen der Härte und der Eigenspannung.
Gehrig muss genau wissen, wo er Schnitte setzen kann; muss mit dem Holz arbeiten und nicht dagegen. Eine natürliche Farbigkeit und Tiefe erreicht der Künstler, indem er beispielsweise Salmiak aufträgt, das mit der Gerbsäure im Holz reagiert und einen goldenen Farbton ergibt. Naturöl mit Kalk gemischt, lässt das Holz hingegen heller erscheinen. Manche Stücke bearbeitet Gehrig mit einem Brenner – die schwarze Kohle ergibt einen starken Kontrast und konserviert das Holz ausgezeichnet.
Der 38-jährige Gehrig ist gelernter Schreiner mit Meisterprüfung, hat danach eine Ausbildung zum Bauökonomen gemacht und leitet hauptberuflich grosse Bauprojekte. Sein Holzkunstunternehmen «Skulptor», 2015 gegründet, ist ein Nebenjob. «Ich war schon als Kind kreativ. Meine Gotte, die Aarauer Künstlerin Brigitte Vogt, hat dieses Kunstpflänzchen in mir immer ein bisschen mit Wasser versorgt.» Seine Passion entdeckte Gehrig aber erst, als er auf den 30. Geburtstag eine Motorsäge erhielt. Nach dem ersten Schnittkurs für Holzskulpturen merkte er rasch, in welche Richtung sich seine Kunsthandschrift entwickelt: Gehrigs Werke sind abstrakt und fern von jeglichem Kitsch. Auch jene auf der Barmelweid. «Die Barmelweid ist immer einen Besuch wert, mit dem neuen Themenweg und der Sonnenterrasse erst recht», so Sprecherin Martha Brem:
«So hoffen wir, dass dies bald einmal wieder möglich sein wird.»
Neben dem neuen Themenweg gibt es auf der Barmelweid bereits einige Wanderwege – sie sind hier aufgelistet.
Für die Kunst am Bau des neuen Bettenhauses zeichnet sich hauptsächlich Renate Buser verantwortlich. Ein Porträt der ehemaligen Chefarzttochter finden Sie hier. Ihr Werk wird hier mit jenem von Matthias Gehrig ergänzt: