Die hauchdünne Mitte-Links-Mehrheit im Aarauer Einwohnerrat bleibt unverändert bestehen. Sitzverschiebungen gibt es jedoch innerhalb der Blöcke.
Die Einwohnerratswahlen vom Wochenende haben am Kräfteverhältnis der Blöcke untereinander nichts geändert: Insgesamt kommt das Mitte-Links-Lager (SP, Grüne, Pro Aarau, GLP, EVP/EW) – wie schon in der zu Ende gehenden Legislatur – auf 26 der insgesamt 50 Sitze. Damit verfügt Mitte-Links im Aarauer Stadtparlament nach wie vor über eine dünne Mehrheit. Das bürgerliche Lager (SVP, FDP, CVP) kommt weiterhin auf 24 Sitze. Den Bürgerlichen ist es also nicht gelungen, die vor vier Jahren verlorene Mehrheit zurückzugewinnen.
Zu Verschiebungen kam es dagegen innerhalb der beiden Blöcke: Die SP gewann 2 Sitze hinzu und verfügt nun über 14 Mandate. Pro Aarau (3, bisher 4) und die Grünliberalen (2, bisher 3) verloren je einen Sitz. Sprich: Was die Sozialdemokraten hinzugewannen, ging bei den ziemlich regelmässig als Mehrheitsbeschaffer in Erscheinung tretenden Partnern wieder verloren.
Die SP ist künftig aber ein bisschen weniger auf diese angewiesen. Die geringfügigen personellen Wechsel bei den Grünen und den Mitte-Parteien lassen zudem erwarten, dass sich an der bisherigen Linie dieser Fraktionen in der kommenden Legislatur kaum viel ändern wird.
Ausgeglichen ist die Gesamtbilanz auch innerhalb des bürgerlichen Lagers. Hier konnten die Freisinnigen (11, bisher 10), die möglicherweise von der stärkeren Präsenz profitierten, die ihnen der Kampf ums Stadtpräsidium verschaffte, einen Sitz hinzugewinnen, während die SVP einen verlor (10, bisher 11). Schon vor vier Jahren hat die SVP den Sitz, den sie 2009 im einmalig zusätzlichen Wahlkreis Rohr hinzugewonnen hatte, wieder verloren.
Die andern Parteien, auf bürgerlicher Seite die CVP (3), im Mitte-Links-Lager die Grünen (5) sowie die EVP/EW (2), konnten den Besitzstand wahren. Die erstmals – mit einer Mini-Liste – zu den Einwohnerratswahlen angetretene BDP ging leer aus. Die Stimmbeteiligung lag mit 42,7 Prozent um 3,7 Prozent tiefer als bei der Stadtpräsidentenwahl.
Im neuen Einwohnerrat hat es insgesamt 12 neue Gesichter. 5 Neulinge werden allein auf den Sitzen der SP-Fraktion Platz nehmen: Laura Peter (49), Salome Ruckstuhl (25), Thomas Grüter (43), Silas Müller (33) und Ursula Funk (64). Da die SP drei (gewichtige) Abgänge (Gabriela Suter, Silvia Dell’Aquila und Daniel Siegenthaler) zu verzeichnen hatte und gleichzeitig zwei Mandate hinzugewann, gab es Platz für Neue, ohne dass eines der wieder kandidierenden Fraktionsmitglieder über die Klinge springen musste. Lelia Hunziker, deren Amtszeit als Einwohnerratspräsidentin Ende Jahr ausläuft, erzielte mit 2658 Stimmen das beste Resultat aller Kandidierenden.
Das ist der neue Einwohnerrat von Aarau:
Die SVP, in deren Fraktion neu zwei Polizisten Einsitz nehmen, hat wegen des gleichzeitigen Sitzverlustes drei Abwahlen zu beklagen, jene von Michaela Eichenberger, Libero Andreas Taddei und von Zentrum-Aarau-Präsident Stefan Jost. Neu stossen zur Fraktion Max Suter (62) und Urs Winzenried (67), wobei der ehemalige Kriminalpolizeichef Winzenried auf Anhieb das beste Resultat auf der SVP-Liste erzielte. Mit 1868 Stimmen liess er sogar Simon Burger, der im September für den Stadtrat kandidiert hatte, (um 77 Stimmen) hinter sich.
Bei der FDP, wo Fraktionspräsidentin und AZ-Kolumnistin Martina Suter das beste Resultat verzeichnete (2064 Stimmen), schafften vier Neulinge den Sprung in den Einwohnerrat: Brigitte Vogt (61), Patrick Deucher (40) sowie die beiden jungen Yannick Berner (25) und Matthias Zinniker (19), Sohn des früheren FDP-Stadtrats Rudolf Zinniker.
Den Sitz des zurücktretenden Fraktionspräsidenten der Grünen, Markus Hutmacher, erbt Daniel Ballmer (26). Der Mandatsverlust von Pro Aarau geht zulasten von Ulrich Fischer (67). Der Krebsgang der Grünliberalen kostet die im Verlauf der Legislatur nachgerückte Nadine Gross (31) den Sitz.
Aus bürgerlicher Sicht, sagte SVP-Fraktionspräsidentin Susanne Heuberger gestern Abend, dürfe man mit den Ergebnissen des Abstimmungssonntags insgesamt zufrieden sein. Die bürgerliche Allianz habe weitgehend gespielt. Der Sitzverlust der SVP im Einwohnerrat und die drei Abwahlen schmerzten zwar, aber wenn man mit so guten neuen Kandidaten antrete, bestehe nun einmal ein Risiko für Bisherige. Mit Blick auf die neu gewählten Urs Winzenried und Max Suter konstatierte Einwohnerrat Simon Burger an der SVP-Wahlfeier: «Wir hatten zwei sehr potente Newcomer.» Max Suter und er, warnte Urs Winzenried, seien keine Hinterbänkler. «Das wird der Rat bald merken.»
«Das Ergebnis», so Simon Burger, «hätte besser, aber auch schlechter sein können.» Jedenfalls sei der totale Linksrutsch ausgeblieben. Aber: «Im Rat haben wir in den letzten vier Jahren meistens an eine Wand hinaufgeredet und ich fürchte, das wird so weitergehen.» Die Linke werde wohl weiterhin versuchen, ein Powerplay aufzuziehen. (uw)