Das Paket zum Henz-Areal in Suhr steht vor seinem ersten grossen Schritt – aber auch grossen Vorurteilen.
Die Besucher des Infoforums liessen sich nicht zweimal bitten. Gemeinderat Thomas Baumann hatte sie gebeten, ihre Meinung zum Henz-Areal kundzutun – und das taten sie.
Wieder waren es die Sorgen um neue Sozialwohnungen und einen Hochhausboom, um noch mehr Verkehr und lange Wartezeiten am Fussgängerstreifen; die Sorgen also, die seit Bekanntwerden des Projekts vor knapp zwei Jahren immer wieder diskutiert werden.
Was auch deutlich zu spüren war: Viele Suhrer sind des Bauens müde. Zu viel ist ihnen in den letzten Monaten im Zentrum gebaut worden, zu viel hat sich verändert. Und jetzt soll wieder ein neues Quartier entstehen, noch dazu eines mit einem Hochhaus.
Doch der Reihe nach. Im Juni 2016 stellte die Arealentwicklerin Halter AG ihren Plan vor: Auf dem heutigen Industrieareal mitten im Dorf soll künftig gelebt werden, und zwar nicht nur in zwei Mehrfamilienhäusern, sondern auch in einem Hochhaus (39 Meter).
Zusätzlich sind Gewerberäume in den Erdgeschossen angedacht, Platz für Restaurants und Cafés, direkt am öffentlichen Platz mitten im Areal. Damals sprachen die Planer von 160 Wohneinheiten für 320 Bewohner und einem Investitionsvolumen von 120 Millionen Franken.
Um dieses Quartier so bauen zu können, braucht es viel Vorarbeit. Das Areal muss in eine neu geschaffene Zone umgezont werden (Arbeitszone in Kernzone K5). Ausserdem braucht es einen Gestaltungsplan und ein Hochhauskonzept, das für die gesamte Gemeinde klar definiert, wo solche Bauten überhaupt möglich wären.
Hochhauskonzept und Gestaltungsplan waren denn auch die Dossiers, die das Henz-Projekt die letzten Monate ausgebremst haben. Denn eigentlich hätte das ganze Paket bereits im Februar 2017 öffentlich aufliegen und im Sommer 2017 vor die Gmeind kommen sollen.
Doch beim Gestaltungsplan waren erneut Anpassungen nötig; Gemeinderat Baumann nannte sie am Infoforum diese Woche «Qualitätsverbesserungen».
Und beim Hochhauskonzept hatte Suhr einen Stein ins Rollen gebracht: «Das Thema Hochhäuser muss über Gemeindegrenzen hinweg betrachtet werden, es brauchte eine regionale Abstimmung innerhalb des gesamten Regionalplanungsverbandes Aarau Regio», sagte Bauverwalter Lukas Sigrist am Infoforum.
Noch werden die Konzepte laut Sigrist aufeinander abgestimmt, das Resultat werde das Gleiche sein. Mit einer Ausnahme: «Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit wurde ergänzt.» «Hochhäuser dürfen also nicht auf Vorrat gebaut werden, sondern nur, wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist.»
Dazu komme natürlich die Auflage für jeden Investor, nicht nur einen Wettbewerb oder Studienauftrag mit mehreren Architekturbüros zur Qualitätssicherung durchzuführen, sondern auch die Gestaltungsplan-Pflicht sowie ein Umzonungsverfahren. «Es wird kein Investor einfach ein Baugesuch für ein Hochhaus stellen und losbauen können», verdeutlichte Baumann.
Klar stellte Baumann auch, dass die Angst vor einer Verslumung unbegründet sei. Zum einen würden die Wohnungen im Hochhaus nicht vermietet, sondern verkauft. Das ziehe also keine Sozialhilfebezüger an, sondern Gutverdiener. «Ausserdem entsteht Verslumung nur, wenn Quartiere nicht richtig betreut werden», so Baumann.
Dieses Projekt aber biete ein hochstehendes Quartier mit hoher Verdichtung, in dem sich die Menschen wohlfühlen und eine Gemeinschaft bilden sollen. «Das hier ist eine Chance, für die wir den Mut haben sollten, zuzusagen.»
Eine Begeisterung, die nicht alle im Saal teilten: Es sei zu früh für ein neues Quartier, hiess es aus dem Publikum. Man müsse abwarten, wie sich die Nachfrage nach dem bereits bestehenden neuen Wohnraum rund um den Bahnhof entwickle.
Der grösste Kritikpunkt: der Verkehr, beziehungsweise die Fussgänger, die vom Henz-Areal über die Gränicherstrasse zum Bahnhof gelangen müssen. Denn das Konzept für das Quartier sieht vor, die öV-Nutzung der Bewohner zu fördern und möglichst wenige Parkplätze zu bauen, um das Verkehrsproblem im Zentrum nicht zusätzlich zu verschärfen.
Selbst das ein Ansinnen, das vereinzelt heftig kritisiert wurde; nicht zuletzt deshalb, weil die Fussgänger den Verkehr aufhalten würden. Es brauche eine Unterführung, wurde mehrfach verlangt. Thomas Baumann versprach, dieses Anliegen nochmals zu prüfen.
Das Hochhauskonzept liegt ab dem 5. März öffentlich auf. Am 20. März findet eine Infoveranstaltung über die Teilrevision von Bauordnung und Zonenplan statt. Ebenfalls dieses Jahr soll der Gestaltungsplan aufliegen. An der Winter-Gmeind soll über die Teilrevision abgestimmt werden.
Am Infoforum ging es nicht nur ums Henz-Areal, sondern auch um den Zukunftsraum Aarau. Der nächste Schritt wäre die Fusionsanalyse; an der Sommer-Gemeindeversammlung soll dafür ein Kredit von 160 000 Franken traktandiert werden.
Laut Gemeindepräsident Marco Genoni würde diese Phase rund zwei Jahre dauern und hätte folgende Schwerpunktthemen: Ausarbeitung von Wahlkreisen, die Organisation von Verwaltung und Schulwesen, Grundsätze der räumlichen Entwicklung, Positionierung im Wettbewerb mit anderen Regionen, Finanzen und Ortsbürgergemeinde. Genoni nahm Bezug auf eine Aussage von letztem Sommer, wonach er in Bezug auf den Zukunftsraum gespalten sei. «Das bin ich noch immer», sagte er am Montagabend.
Gespalten war auch das Publikum. Einige taten ihre Bedenken kund, votierten aber trotzdem fürs Weitermachen, um zu erfahren, welches die Vor- und Nachteile einer Fusion wären. Man könne später noch immer aus dem Prozess aussteigen. Andere pochten bereits auf die Vorteile einer Fusion, auf die bessere Wahrnehmung im nationalen Kontext, auf eine stärkere Stimme gegenüber dem Kanton. Ein grosses Thema: das Fehlen von Buchs. «Ohne Buchs macht das Ganze keinen Sinn», sagte einer. Zukunftsraum-Projektleiter Marco Salvini verwies auf die hängige Motion der SP Buchs, die einen Wiedereintritt verlangt.