Am Aarauer Herbstmarkt ist traditionellerweise immer auch etwas neu. Das beweist ein Bummel über den seit 1937 veranstalteten Markt Aarauer Gewerbetreibender MAG. Die einzige Konstante sind die Nörgler, die immer behaupten, es ändere sich nichts.
Die einzige Konstante am Markt Aarauer Gewerbetreibender MAG sind jene Nörgler, die steif und fest behaupten, dass der MAG sich nicht verändert und deshalb «immer gleich ist». Ein Blick in die wechselvolle MAG-Geschichte zeigt ein anderes Bild. Allerdings haben die MAG-Macher seit je auf abrupte Brüche verzichtet, sie entwickelten den Herbstanlass sanft, aber stetig.
So ist es der Equipe um Präsident Rainer Zulauf und Geschäftsführerin Ruth Schenker gelungen, die Präsenz des «Aarauer Gewerbes», das ja den MAG 1937 gegründet hat, erneut zu verstärken. Und die beiden Start- und Zielorte am Holzmarkt und am Schlossplatz wirken heuer lockerer und einladender.
«Wir sind immer wieder für eine Überraschung gut», betont Rainer Zulauf, der überzeugt ist, dass sich der Markt «nicht nur optisch, sondern auch vom Inhalt her entwickeln muss.» Gut in diese Chemie passt die diesjährige Gastregion, nämlich Wasserfallen im Baselbieter Jura. Die reise- und wanderfreudigen Aarauer ahnen wohl kaum, welche Perle man nach kurzer Anfahrzeit erreichen kann, um sich mit Wander- oder Schneeschuhen auszutoben.
Natürlich enthält der MAG auch Traditionen, die selbst die Nörgeler nicht missen möchten. So dient seit 1947 das MAG-Bähnli als temporäres Nahverkehrsmittel, gelang es doch damals zum Entzücken der Besucher, das legendäre Landi-Bähnli der Landesausstellung 1939 von Zürich nach Aarau zu bringen. Selbstredend zuckelt heute nicht mehr das Original durch die Stadt, bemerkenswert ist aber, dass das Kontrollschild am hintersten Wagen eine ZH-Nummer trägt. Trotzdem soll sich der Chauffeur in der Aargauer Kantonshauptstadt mindestens bis heute noch nicht verfahren haben.
Keine Schatten auf den MAG werfen offenbar die eidgenössischen Wahlen vom 18. Oktober, von einzelnen Plakaten am Graben abgesehen. Oder etwa doch? «Grün ist eine Farbe, und unsere Einstellung» steht deutlich sichtbar am Stand der Firma Maurer AG am Schlossplatz. Und Tobias Maurer präsentiert sich der Kundschaft im grünen Anzug, auch wenn er vor Jahren als Freisinniger im Aarauer Einwohnerrat sass, also wohl kaum grüne Parteiwerbung betreibt.
MAG-Hit gefällig? Am gemeinsamen Stand von «Zauberhaft» und «Küchenpunkt by arte del benessere» am Graben findet man eine geheimnisvolle Wundertüte für Erwachsene, je nach Wunsch für Velofahrer, Backfeen, Jäger und Sammler oder für Verliebte. Und die Abteilung Handarbeit des Gemeinnützigen Frauenvereins zeigt sich mit einer speziellen Abteilung «Outlet» erstaunlich modern. Ebenso wie die Schreinerei Hauri AG aus Staffelbach, die als Novität «organoide Dekorbeschichtungen» für Holzplatten präsentiert, die nach Wunsch in den eigenen vier Wänden erst noch nach Heu, Lavendel oder Pfefferminz riechen.
Der MAG erhielt bereits in den 1950er-Jahren auch die Affiche «Oktoberfest» und «Sorgenbrecher». Ob das für die Aussteller oder die Kundschaft oder gar für beide zutrifft, dürfte ein Geheimnis bleiben. Monica Leutwyler von der Bäckerei zur Kettenbrücke jedenfalls wirbt mit dem Slogan «Backtoberfest» für die unschlagbaren Berliner und Schenkeli. Die Lebkuchenherzen mit den nicht immer originellen Sprüchen (zum Beispiel «Ich liebe Dich» oder schlicht «Schnüggel») hingegen, die weiter oben am Graben locken, passen doch eher an die Isar als an die Aare. Da zieht man noch immer eine Bratwurst, Marroni oder spanische Nüssli, frisch geröstet am Stand der Keramikfaktur Gürber aus Küttigen, vor.
Noch 1941 beklagte sich ein MAG-Besucher im Beschwerdebriefkasten über ein «fehlendes Glas Bier». Anno 2015 fliesst dies reichlich, wobei es sich empfiehlt, kulinarisch ein «Bödeli» zu schaffen. Zum Beispiel in der MAG-Beiz des Mulia (Geheimtipp ist ein indisches Vandalo Masala mit Linsen) oder bei den Aarauer Wyberg-Schränzern mit einem währschaften, aber saftigen Schweinshalssteak. Dort bezeichnete die charmante Schränzerdame im Service die Aufnahme fester Nahrung stilvoll als «Ufsuugerli». Bon appetit!